Faktencheck: Tötet 5G-Strahlung weltweit Vögel?

Autor: Ralf Nowotny

Der neue Mobilfunkstandard 5G soll schuld daran sein, dass in England, Australien und den Niederlanden Vögel tot vom Himmel fielen.

So wird zumindest in einem Facebook-Posting über 5G behauptet, welches einige Links und ein Bild mit einem Zitat enthält:

https://www.facebook.com/386662028533202/photos/a.386670588532346/624286504770752/?type=3&theater

Das Zitat auf dem Bild bezieht sich nicht ursprünglich auf 5G, sondern soll nur die Behauptungen in dem Posting unterstreichen. Es stammt von dem Autor Robert Duncan O’Finioan, der behauptet, als Kind von seinen Eltern zu einem geheimen Unterprojekt von MKUltra namens „Project Talent“ gebracht worden zu sein, wo er zu einem Supersoldaten namens „Omega Unit 197“ ausgebildet wurde. Nach einem Autounfall soll er seine Erinnerungen darüber wieder erlangt haben und schrieb darüber einen autobiographischen Roman.

Dies nur als kleiner Exkurs, um aufzuzeigen, dass die postende Facebookseite kein Problem mit abgefahrenen Verschwörungstheorien hat.

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Die Behauptungen

Mehrere Links in dem Posting verweisen auf Artikel und Videos, in denen von Vögeln berichtet wird, die tot vom Himmel fielen. Auch wenn in dem Posting zweimal auf dasselbe Video verwiesen wird, anstatt auf die korrekte Quelle, war diese einfach zu finden, weswegen wir im Folgenden ebenfalls darauf eingehen.

Die toten Vögel in Coventry (England)

Der Link führt zu einem Video, in dem man auf dem Boden liegende tote Vögel auf einer Terrasse sieht. Eine Stimme sagt dazu, dass die Vögel anscheinend an 5G-Strahlung gestorben sind, welche in Coventry am selben Tag aktiviert wurde.

https://www.facebook.com/AlwaysThinkForYourself/videos/vb.1489663494597673/2280653672246285/?type=2&theater

Auch auf Twitter und Youtube wird das Video verbreitet.

Die Ursache ist bisher unbekannt. Tatsächlich gibt es zwar 5G in Coventry, jedoch wird der genaue Ort des Videos nicht bekannt.
Allerdings fallen mehrere Dinge in dem Video auf:

  • Es ist Abenddämmerung, der Himmel ist aber dunkler, woraus man schließen kann, dass sie sich zum Zeitpunkt der Aufnahme quasi hinter dem Haus befand
  • Die Vögel können nicht direkt von einem Baum gefallen sein, wie in dem Video behauptet wird, die Bäume stehen weiter weg
  • Auf dem Video sind Zeltgarnituren zu sehen, unklar ist, wofür genau. Im Hintergrund sind jedoch mehrere Menschen zu hören, die sich unterhalten
  • Alle Vögel liegen vor einer großen Fensterscheibe, innen ist es hell erleuchtet

Wahrscheinlicher ist eher, dass die Vögel im nahe gelegenen Baum durch ein lautes Geräusch aufgeschreckt wurden, Richtung Helligkeit flogen (untergehende Sonne) und dabei gegen die Glasscheibe flogen.

Die toten Vögel in Somerset (England)

Der Link im Beitrag ist unvollständig (wahrscheinlich nicht korrekt kopiert), ursprünglich sollte er wohl aber auf diesen Artikel verweisen. Darin wird berichtet, dass im Sommer mehrere Dutzend Tauben tot vom Himmel fielen. Auch die Seite „Bristol Live“ berichtete darüber.

Zuerst gab es Befürchtungen, dass die Tauben vergiftet wurden, da sie nur rund um Bristol gefunden wurden, eine offizielle Untersuchung der Tauben fand jedoch keine Gifte in den Körpern. Auch die Vogelgrippe und das West-Nil-Virus konnten als Todesursache ausgeschlossen werden.

Weitere toxikologische Tests konnten ebenfalls keine endgültige Antwort bringen. Zwar werden Pestizide als Todesursache vermutet, die Ergebnisse sind aber nicht eindeutig genug, um sich darauf festzulegen.

Tatsächlich ist also die Todesursache der Tauben unbekannt. Einzig auffällig daran ist, dass es nur Tauben betraf und nur in der Nähe des kleinen Städtchens. Wie viele Orte hat aber auch Bristol 5G, doch stellt sich die Frage, warum die Tauben nur dort tot vom Himmel fielen, andere Vogelarten und andere Tauben in den Städten rundherum davon aber nicht betroffen waren.

5G in Bristol
Quelle: Vodafone UK, 5G-Netzwerkabdeckung in Bristol und Umgebung

Die toten Vögel in Australien

Hier wird auf einen Artikel des „Independent“ verwiesen, in dem berichtet wird, dass 58 tote und sterbende Vögel in der Nähe einer Schule in One Tree Hill gefunden wurden. Mehrheitlich handelte es sich Nasenkakadus und Nacktaugenkakadus, heimische Vogelarten. Viele der Vögel lebten noch, bluteten aber aus den Schnäbeln und schienen Schmerzen zu haben.

Die Tierärztin Trudy Seidel, welche die Vögel inspizierte, sagte im Juli in einer ersten Stellungnahme, dass eine gezielte Vergiftung der Vögel „mehr als wahrscheinlich“ sei. Gerade Nacktaugenkakadus gelten in Australien als Schädling in der Region, da sie sehr laut sind, ganze Bäume entlauben, sehr viel Kot auf Straßen, Häusern und Autos hinterlassen und Ernten schädigen.

Obduktionsergebnisse sind noch nicht bekannt, jedoch können sich solche Untersuchungen über mehrere Wochen hinziehen, insbesondere wenn auf mehrere mögliche Toxine getestet werden muss.

5G kann allerdings als Todesursache ausgeschlossen werden, da die Technologie in Australien erst 2020 aktiviert wird.

Die toten Vögel in den Niederlanden

Der Beitrag verweist auf einen Artikel der Seite „Principia Scientific„, in dem behauptet wird, dass in Den Haag hunderte Vögel während eines geheimen 5G-Experiments gestorben sind.

Diese Behauptungen tauchen im November 2018 auf, woraufhin wir uns intensiv damit befassten und mehrere Artikel dazu veröffentlichten.
Im Dezember 2018 wurden dann auch die Obduktionsergebnisse veröffentlicht.

Von den 350 toten Vögeln wurden 20 einer genaueren Untersuchung unterzogen. Von Anfang an wurde eine Vergiftung vermutet, da alle Vögel leere Mägen hatten, was darauf hindeutet, dass sie sich erbrochen hatten und keine weitere Nahrung zu sich nehmen konnten.

Nun wurde bei diesen 20 Vögeln festgestellt, dass in deren Mägen sich nicht nur Reste von den ungiftigen Eibenbeeren fanden, sondern auch Teile des Nadelbaumes, die hochgiftig sind. Wahrscheinlich wurde die Bäume zurechtgestutzt, wodurch die Vögel nicht nur die Beeren, sondern auch giftige Teile des Baumes zu sich nahmen.

Zwar gab es 2018 in den Niederlanden 5G-Tests an vier verschiedenen Orten, nicht jedoch in Den Haag. Die angebliche 5G-Antenne auf dem Dach eines Mobilfunkladens in der Nähe des Parks, wo die Vögel gefunden wurden, ist tatsächlich nur eine 4G-Antenne.

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Warum fallen Vögel tot vom Himmel?

Wenn man sich die derzeitige Panikmache rund um 5G anschaut, sollte man meinen, dass dies ein neues Phänomen sei, welches es vorher nie gegeben hätte. Aber im Jahr 2011, also lange vor 5G, gab es mehrere Fälle, in denen sogar tausende Vögel vom Himmel stürzten, womit sich „National Geographic“ befasste. So starben viele Vögel durch Zusammenstöße und laute Geräusche, wodurch sie in Panik gerieten und sowohl miteinander als auch mit Autos, Bäumen und Gebäuden kollidierten.

Die meisten Todesfälle werden auch durch hohe, beleuchtete Gebäude oder Strukturen verursacht. Wenn Vögel nachts fliegen, orientieren sie sich zumeist an den Sternen. In nebligen Nächten verlieren sie jedoch die Orientierung und kreisen wie Motten um lichter an Gebäuden und Strukturen, wie beispielsweise Windräder, bis sie entkräftet vom Himmel fallen oder kollidieren.

Auch Stromleitungen sind häufig für die Todesfälle verantwortlich, so starben 2011 in Louisiana 500 Amseln und Stare, die mit einer Stromleitung kollidierten. 2010 starben zwischen Oregon und Washington hunderte Pelikane, der Grund war eine Kaltfront, in die sie flogen. Das Wasser im Gefieder wurde dadurch sehr schnell zu Eis und ließ die Vögel bewegungsunfähig abstürzen.

Fazit

Es gibt also sehr viele, mögliche Ursachen dafür, dass Vögel zu Dutzenden, machmal sogar zu Tausenden abstürzen. Dies ist kein neues Phänomen, sondern geschieht immer wieder mal, ob durch Wetter, laute Geräusche, Desorientierung.

Doch eine Todesursache konnte bisher noch nie nachgewiesen werden, auch wenn es noch so oft und gerne von diversen Seiten behauptet wird:
Tod durch 5G. Dies ist auch weiterhin reine Panikmache von Seiten und Accounts, die mit teilweise haarsträubenden Erklärungen („5G ist tausendmal stärker als Mikrowellen und kann einen innerlich kochen!“) die Angst vor einer Technologie schürt, deren Strahlung sogar schwächer ist als das aktuelle 4G.

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