Sieht gut aus, ist es aber nicht unbedingt: Das Problem mit Obst & Gemüse

Autor: Andre Wolf

Optisch perfektes Obst und Gemüse belastet Umwelt und Klima. Daher fordern Umweltbundesamt und Verbraucherzentralen vom Handel mehr Natürlichkeit für Äpfel, Möhren & Co.

Strenge Vorgaben des Handels an das Aussehen und die Größe von Obst und Gemüse belasten die Umwelt, denn häufig müssen dafür zusätzlich Pflanzenschutz- und Düngemittel eingesetzt werden. Außerdem entstehen unnötige Lebensmittelverluste. Zwei aktuelle Veröffentlichungen beschäftigen sich mit diesem Thema. Die Verbraucherzentralen bemängeln in ihrem Marktcheck die zu strikte Handhabung des Handels; das Umweltbundesamt (UBA) schlägt Lösungen für umwelt- und klimafreundlichere Vorgaben vor. Verbraucherzentralen und UBA fordern den Handel auf, standardmäßig Obst und Gemüse in jeder Größe und Optik anzubieten.
Zahlreiche selbstgesetzte Vorgaben des Handels für Obst und Gemüse belasten die Umwelt und das Klima: Brokkoli wird beispielsweise nach Einheitsgewicht vermarktet, Äpfel nur mit makelloser Schale und bei Möhren oder Kohlrabi dienen die frisch-grünen Blätter nur der Optik, lassen das Gemüse selbst aber schneller welk werden. Damit Obst und Gemüse besonders frisch und makellos aussehen kann, müssen oft zusätzliche Pflanzenschutz- und Düngemittel eingesetzt werden. Obst und Gemüse, das den Handelsvorgaben nicht entspricht, wird den Erzeugerbetrieben in der Regel nicht abgenommen. Im besten Fall wird es zu Saft weiterverarbeitet oder verfüttert, häufig aber untergepflügt oder anderweitig entsorgt.

Obst & Gemüse: Handel soll reagieren!

Verzichtet der Handel auf diese Vorgaben, profitieren neben der Umwelt auch Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Erzeugerbetriebe. Ohne Blattschmuck von Kohlrabi und Co. bleibt das Gemüse länger frisch, weil über die Blätter kein Wasser mehr verdunsten kann. Wird unterschiedlich großes Obst und Gemüse angeboten, können Verbraucherinnen und Verbraucher besser nach Bedarf einkaufen und Lebensmittelabfällen im Haushalt vorbeugen. Erzeugerbetriebe können ihren Einsatz an Pflanzenschutz- und Düngemitteln reduzieren und einen größeren Anteil ihrer Produkte an den Handel verkaufen. Dies zeigt das UBA in seiner Veröffentlichung „Mehr Natürlichkeit im Obst- und Gemüseregal – gut für Umwelt und Klima“, in der es zusammen mit Expertinnen und Experten Lösungsvorschläge entwickelt hat. UBA-Präsident Dirk Messner: „Die gesetzlichen Vorgaben reichen aus für hochwertige Lebensmittel. Der Handel muss hier nicht noch unnötig nachlegen. Damit die Umwelt beim Obst- und Gemüseanbau weniger belastet wird, müssen alle aktiv werden – auch der Handel.“
Zu diesem Ergebnis kommt auch der Marktcheck der Verbraucherzentralen. Petra Kristandt, Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale Niedersachsen: „Es gibt noch große Spielräume, frisches Obst und Gemüse so anzubieten, dass Verbraucherinnen und Verbraucher einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten können. Der Handel sollte diese nutzen.“ Der bundesweite Marktcheck der Verbraucherzentralen hat das Angebot von ausgewähltem Obst und Gemüse in 25 Supermärkten, Biohandelsmärkten und Discountern untersucht.

Die Ergebnisse zeigen:

  • Nur rund ein Viertel der angebotenen Äpfel und 18 Prozent der Möhren wurden in Klasse II, also mit optischen Makeln und verschiedener Größe, angeboten. In Discountern war dieses Angebot – im Vergleich zu Supermärkten und Biomärkten – noch geringer.
  • Kohlrabi, Blumenkohl, Eisbergsalat und Brokkoli wurden fast ausschließlich zum Stückpreis statt nach Gewicht angeboten. Eine Verkaufspraxis, die wenig Anreiz bietet, auch zu kleinerem Gemüse zu greifen.
  • Kohlrabi und Radieschen wurden fast immer mit Blättern verkauft, obwohl diese nur als – vermeintliches – Frischemerkmal dienen und meist schon im Handel von den Verbraucherinnen und Verbrauchern entfernt werden.

Außerdem analysierte der Marktcheck, inwieweit Obst und Gemüse preisreduziert angeboten wurde, wenn es durch längere Lagerung im Markt an optischer Qualität verloren hatte. Es zeigte sich, dass es solche Angebote nur in rund einem Viertel (28 Prozent) der Geschäfte gab.
Um Umwelt und Klima nicht weiter durch unnötig strenge Vorgaben zu belasten, empfehlen UBA und Verbraucherzentralen:

  1. Der Handel sollte auf eigene Anforderungen an Größe, Einheitlichkeit und Aussehen verzichten und die Spielräume der gesetzlichen Vermarktungsnormen nutzen. Wo eine Klassen-Kennzeichnung vorgeschrieben ist, sollte Klasse II zum neuen Standard werden.
  2. Obst und Gemüse sollte grundsätzlich nach Gewicht und nicht nach Stück verkauft werden. Um enge Vorgaben für einheitliche Größen überflüssig zu machen, müssen Verkaufsverpackungen und Packstückgrößen an die natürlichen Größen und Gewichte von Obst und Gemüse angepasst werden.
  3. Gemüse wie Kohlrabi, Radieschen und Möhren sollte ohne Blätter angeboten werden.

Damit der Handel seine Vorgaben dauerhaft senken kann, müssen Verbraucherinnen und Verbraucher das Angebot auch annehmen. Dafür braucht es leicht zugängliche und verständliche Informationen, zum Beispiel in Kundenmagazinen oder direkt beim Einkauf.
Die Studie des Umweltbundesamtes finden Sie unter HIER.

Das könnte ebenso interessieren

Mythos Garten: bekannte Thesen und was an ihnen dran ist. Rund um den Garten gibt es viele Mythen, die sich bereits seit Generationen halten. Weiterlesen …

Unterstützen 🤍

FAKE NEWS BEKÄMPFEN

Unterstützen Sie Mimikama, um gemeinsam gegen Fake News vorzugehen und die Demokratie zu stärken. Helfen Sie mit, Fake News zu stoppen!

Mit Deiner Unterstützung via PayPal, Banküberweisung, Steady oder Patreon ermöglichst Du es uns, Falschmeldungen zu entlarven und klare Fakten zu präsentieren. Jeder Beitrag, groß oder klein, macht einen Unterschied. Vielen Dank für Deine Hilfe! ❤️

Mimikama-Webshop

Unser Ziel bei Mimikama ist einfach: Wir kämpfen mit Humor und Scharfsinn gegen Desinformation und Verschwörungstheorien.

Abonniere unseren WhatsApp-Kanal per Link- oder QR-Scan! Aktiviere die kleine 🔔 und erhalte eine aktuelle News-Übersicht sowie spannende Faktenchecks.

Link: Mimikamas WhatsApp-Kanal

Mimikama WhatsApp-Kanal

Hinweise: 1) Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell
war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur
Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.


2) Einzelne Beiträge (keine Faktenchecks) entstanden durch den Einsatz von maschineller Hilfe und
wurde vor der Publikation gewissenhaft von der Mimikama-Redaktion kontrolliert. (Begründung)


Mit deiner Hilfe unterstützt du eine der wichtigsten unabhängigen Informationsquellen zum Thema Fake News und Verbraucherschutz im deutschsprachigen Raum

INSERT_STEADY_CHECKOUT_HERE

Kämpfe mit uns für ein echtes, faktenbasiertes Internet! Besorgt über Falschmeldungen? Unterstütze Mimikama und hilf uns, Qualität und Vertrauen im digitalen Raum zu fördern. Dein Beitrag, egal in welcher Höhe, hilft uns, weiterhin für eine wahrheitsgetreue Online-Welt zu arbeiten. Unterstütze jetzt und mach einen echten Unterschied! Werde auch Du ein jetzt ein Botschafter von Mimikama

Mehr von Mimikama

Mimikama Workshops & Vorträge: Stark gegen Fake News!

Mit unseren Workshops erleben Sie ein Feuerwerk an Impulsen mit echtem Mehrwert in Medienkompetenz, lernen Fake News und deren Manipulation zu erkennen, schützen sich vor Falschmeldungen und deren Auswirkungen und fördern dabei einen informierten, kritischen und transparenten Umgang mit Informationen.