Weichtiere: Insekten in Lebensmitteln?

In sozialen Medien wird ein Bericht eines Nutzers verbreitet, der nach „Untersuchungen zu Insekten-Mehl-Produkten“ auf Weichtiere gestoßen ist und nun davor warnt.

Autor: Claudia Spiess

Die Behauptung

Ein Konsument hat diverse Lebensmittel auf den Inhalt von Insekten-Mehl geprüft und warnt nun vor seiner Entdeckung: „Kann Spuren von Weichtieren enthalten“.

Unser Fazit

  1. Insekten sind keine Weichtiere.
  2. Die Angabe „Kann Spuren von … enthalten“ wird von Herstellern freiwillig als Information für Allergiker angeführt. Dies ist jedoch nicht gleichbedeutend damit, dass in dem Produkt tatsächlich Spuren des angeführten Allergens enthalten sein müssen.

Zeitgleich mit der regen Diskussion zu Insekten in Lebensmitteln mischen sich nun wohl auch Weichtiere hinzu. – Angeregt durch eine „Eigenrecherche“ eines Internetnutzers in Sachen Lebensmittelkontrolle.

Zitiert wird hier sein Erfahrungsbericht, der in sozialen Medien kursiert:

Screenshot Facebook / Mitteilung eines besorgten Bürgers
Screenshot Facebook / Mitteilung eines besorgten Bürgers

„Ich habe mir die letzten Tage die Mühe gemacht und div. Geschäfte in Wien auf Insekten-Mehl-Produkte untersucht. Das Ergebnis: der reine HORROR. Billa („Eierteigware aus Hartweizengriess mit ….zB. Sommertrüffeln, Mandeln,…Tagliatelle al Tartuffo), alles mit Zutaten: „Kann Spuren von Weichtieren enthalten“ versetzt. Zum SPEIBEN! Habe daraufhin mit den Filialleitern gesprochen. KEIN EINZIGER wusste was von der EU Verordnung und den Insekten-Produkten. Die haben NULL Ahnung. Bei Billa: Alle „Gourmet-Produkte“, besonders Teigwaren meiden. beim HOFER: dito. „Gourmet-Teigwaren mit Weichtieren als Zutaten“. LIDL: das Gleiche. UNBEDINGT bei ALLEN GOURMET-MEHLPRODUKTEN die ZUTATEN lesen! Ich habe div Fotos von den Produkten gemacht, recherchiere weiter und archiviere alles, was ich rausfinde.“

Facebook Beitrag im Klartext (sic!) / „speiben“ = „kotzen“ (Anm. der Red.)

Jener kritische Konsument war also unterwegs, um Lebensmittel in verschiedenen Wiener Supermärkten auf „Insekt-Mehl“ zu untersuchen. Nun fühlt er sich offenbar dadurch bestätigt, da manche davon „Spuren von Weichtieren enthalten“ können.

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Ein Weichtier ist kein Insekt

Unter dem Begriff „Weichtier“ oder auch „Mollusken“ werden Schnecken, Muscheln, Seeigel und Tintenfische eingeordnet. Keine Fliegen, Käfer, Mücken, Grillen, …
Daher handelt es sich bei „Spuren von Weichtieren“ nicht um Fußabdrücke von Käfern, die übers Brot gelatscht sind oder im Nudelteig rumgetanzt sind. Das bedeutet auch nicht, dass irgendwelche Reste, Teile oder gar zermalmte Mücken, Heimchen oder ähnliches enthalten sind. – Denn ein Weichtier ist kein Insekt!

„Kann Spuren von … enthalten“

Findet man auf einer Verpackung bei der Angabe der jeweiligen Inhaltsstoffe die Information „Kann Spuren von …. enthalten“, handelt es sich hier um Bestandteile, die nicht regulär laut Rezeptur enthalten sind, sondern unbeabsichtigt – z.B. durch Verunreinigung – in das jeweilige Produkt gelangen können.

Diese Angabe ist freiwillig und nicht verpflichtend. Anders als bei der Allergenkennzeichnung, die angeführt werden muss. – Nichtsdestotrotz ist es eine wichtige Information für Allergiker.

Möglich ist dies, wenn in einer Produktionsstätte verschiedene Lebensmittel in denselben Räumen oder mit denselben Maschinen produziert werden. Nicht immer ist es gänzlich vermeidbar, dass Kleinstmengen eines Produkts in ein anderes Produkt gelangen. Dies ist über die Luft, über das Personal oder eben über die Anlagen selbst möglich – trotz Hygienevorschriften und -maßnahmen.

Wird beispielsweise in einem Betrieb Pasta mit Sepia eingefärbt, wäre es möglich, dass dadurch Spuren von Weichtieren (Sepia = dunkler Farbstoff, der aus dem Tintenbeutel von Tintenfischen gewonnen wird) in andere Produkte desselben Herstellers gelangen.

Kennzeichnung von Allergenen

Im Gegensatz dazu: Enthalten Produkte einen Bestandteil, der Allergien oder auch Unverträglichkeiten auslösen kann, muss dies in der Angabe der Zutaten angeführt sein. Der Unterschied ist hier, dass diese Zutaten zur Rezeptur gehören.

Das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) erklärt, dass folgende 14 Lebensmittel in Europa für ca. 90 % aller Lebensmittelallergien und -unverträglichkeiten verantwortlich sind:

  • Glutenhaltige Getreide, namentlich Weizen (wie Dinkel und Khorasan-Weizen), Roggen, Gerste, Hafer oder deren Hybridstämme
  • Krebstiere wie Krebse, Garnelen, Krabben, Hummer etc.
  • Eier
  • Fisch
  • Erdnüsse
  • Soja
  • Milch (einschließlich Laktose)
  • Schalenfrüchte, namentlich Mandeln, Haselnüsse, Walnüsse, Cashewnüsse, Pecannüsse, Paranüsse, Pistazien, Macadamianüsse, Queenslandnüsse
  • Sellerie
  • Senf
  • Sesamsamen
  • Schwefeldioxid und Sulfite (ab 10 mg pro kg oder Liter)
  • Süßlupinen
  • Weichtiere (zum Beispiel Schnecken, Muscheln, Tintenfisch etc.)

Diese Angaben müssen auf den Verpackungen auch gut sichtbar bzw. hervorgehoben (z.B. Fettschrift) angeführt werden.

Haftungsansprüche

Mit dem Hinweis „Kann Spuren von … enthalten“ agieren Hersteller vorsorglich. Wie bereits erklärt, können auch nach sorgfältiger Reinigung Spuren solcher Allergene in Produktionsstätten oder -anlagen zurückbleiben und in andere Lebensmittel gelangen. Die Hersteller sichern sich mit einem solchen – freiwilligen – Vermerk in der Angabe der Zutatenliste vor eventuellen Haftungsansprüchen ab und geben außerdem Allergikern einen wichtigen Hinweis.

Fazit

Mimikama-Bewertung: IRREFÜHREND
Weichtiere: Insekten in Lebensmitteln?

Ist auf einer Packung der Hinweis „Kann Spuren von Weichtieren enthalten“, ist dies ein freiwilliger Hinweis des Herstellers, um Allergiker auf eine mögliche Unverträglichkeit bzw. enthaltene Allergene hinzuweisen.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass im entsprechenden Produkt tatsächlich Bestandteile eines solchen Allergens enthalten sind. „Kann Spuren von … enthalten“ bedeutet eben nicht „Enthält Spuren von …“.

Und nochmal: Ein Weichtier ist kein Insekt!

Quelle:

Ökotest, Bundeszentrum für Ernährung, Naturata

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