Seit mehreren Jahren erscheinen immer wieder auf diversen Seiten Artikel, die von mit Glyphosat kontaminierten Tampons berichten.
Obwohl die verbreitetesten Artikel, welche von RTL, „Unser Planet“ und den „Netzfrauen“ stammen, bereits älter sind, scheinen sie sich derzeit erneut zu verbreiten, weswegen wir einige Anfragen dazu bekamen.
Die Behauptung
Wie die Kollegen von „Correctiv“ herausfanden, berufen sich diese und ähnliche Artikel immer auf die Aussagen des argentinischen Forschers Damian Marino von der Universität La Plata.
In einem mittlerweilen gelöschten Youtube-Video sagte er in einer Präsentation auf einem Medienkongress in Argentinien, dass 85% aller Tampons Glyphosatrückstände erhielten.
Laut einem Artikel der spanischsprachigen Seite „télam“ vom Oktober 2015 seien es sogar noch mehr: So wurden Baumwolle, Gaze, Tupfer, Wischtücher und Tampons getestet, 85% jener gesamten Proben enthielten Glyphosat. Im Falle von Baumwolle und Gaze waren es sogar 100%!
Die fehlende Studie
Problematisch ist nun allerdings, dass sich keine Studie über diese Ergebnisse findet. Allerdings gab es im Jahre 2015 eine Studie über Glyphosat, an der Damian Marino mitwirkte, in der es um Vorkommen von Glyphosat und AMPA im Grund- und Abwasser in der Landwirtschaft einer südöstlichen Region Argentiniens geht.
In jener Region wird auch Baumwolle angebaut, wobei Tampons und andere Hygieneprodukte ja aus Baumwolle bestehen. Allerdings findet sich in der Studie kein Bezug zu Tampons. „Correctiv“ sah sich auch die anderen Studien Marinos von 2013 – 2018 an, fand aber auch dort keine Untersuchung des Glyphosatgehaltes in Tampons.
„Correctiv“ nahm nun über die Universität direkt Kontakt mit Damian Marino auf, um sich über eine eventuell übersehene Studie zu erkundigen. Jener antwortete, dass er viel zu tun habe, auf zwei weitere Anfragen reagierte er nicht mehr.
Somit ist bisher unklar, woher Marino die Zahl nahm, die besagt, dass nahezu sämtliche Tampons mit Glyphosat kontaminiert seien.
Tampons wurden untersucht
Auch das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) sah sich mit der Frage konfrontiert, ob Tampons in Deutschland Glyphosat enthalten.
In einer Mitteilung vom 27. Mai 2019 erklärt das BfR, dass Pestizidrückstände in Baumwollprodukten grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden können, da diese mit Pflanzenschutzmitteln, und eben auch Glyphosat, behandelt werden. Aktuelle Werte darüber lägen dem BfR nicht vor, wie hoch der Glyphosatanteil in Tampons sei.
Jedoch wurden in 2016 minimale Rückstände in verschiedenen Hygieneprodukten aus Baumwolle gemessen, die auch dem BfR zur Risikobeurteilung vorgelegt wurden. Die Werte lagen aber unter dem gesundheitsgefährdenden Wert, wobei von einem „Worst Case“-Szenario ausgegangen wurde, also dass das enthaltene Glyphosat zu 100% vom menschlichen Körper aufgenommen werden würde.
Weitere Untersuchungen
So legte das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) Testergebnisse zu Gehalten von Glyphosat und dessen Abbauprodukt Amino-methylphosphonsäure (AMPA) in Hygieneartikeln aus Baumwolle vor.
Auch das ZDF ließ im Februar 2016 31 Hygieneartikel, darunter acht Tampon-Proben vom Labor für Rückstandsanalytik in Bremen untersuchen.
Das Schweizer Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen untersuchte im Dezember 2016 16 Proben von Frauenhygieneprodukten, darunter acht Tampon-Proben.
Die französische Behörde für Ernährung, Umweltschutz und Arbeitsschutz (ANSES) unter-suchte von 2016 bis 2018 verschiedene Frauenhygieneprodukte, einschließlich Tampons.
Fazit
Die Behauptung, dass 85% aller Tampons mit Glyphosat kontaminiert seien, konnte weder von der behauptenden Person, dem Forscher Damian Marino, noch von mehreren internationalen Forschungseinrichtungen verifiziert werden.
Hinweise: 1) Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.
2) Einzelne Beiträge entstanden durch den Einsatz von maschineller Hilfe und wurde vor der Publikation gewissenhaft von der Mimikama-Redaktion kontrolliert. (Begründung)
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