Polizei wird falsch zitiert – Wenn die Meinung überhand nimmt

Autor: Ralf Nowotny

Polizei wird falsch zitiert
Artikelbild: Shutterstock / Von ESB Professional

Eine Aussage der Polizei wird auf einem Blog mit Meinung verdreht und mit Hetze gewürzt.

So soll, laut einem aktuellen Artikel des Blogs „ddbnews“, die Polizei dazu raten, sich „von ihnen“ ausrauben, vergewaltigen und zusammenschlagen zu lassen. „Von ihnen“ ist nicht näher definiert, im Kontext des Artikels und des allgemeinen Tons der Seite und der zitierten Kommentare wird aber deutlich, dass von Migranten die Rede ist.

Der vermeintliche Ratschlag der Polizei
Der vermeintliche Ratschlag der Polizei

Die Überschrift lautet:

„Die Polizei rät, lasst euch von ihnen ausrauben, vergewaltigen und zusammenschlagen!“

Der Artikel ist vom 11. Dezember 2019, der Artikel beginnt mit „Aus aktuellem Anlass eines Überfalls„.

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Der Anlass ist nicht aktuell

Im Blog wird auf einen Facebook-Beitrag der Polizei vom 22. August 2017 über einen Überfall vom 19. August 2017 Bezug genommen.

https://www.facebook.com/Polizei.NRW.BI/photos/a.660470220696535/1512278028849079/?type=3&__xts__%5B0%5D=68.ARBKfkNzGwV1rkQcxQGcyuCqVr3068kRIhgTSgTThZc2NeuR0xntEpNFiQm9gAZgQlBexUkp34xSXz4-PoyyARsYIRpBStLcMtBQ4TDQM01yelL-bQLZssicR3qrRLN3Wk01wBF_amsqRY9T4LJDun-zcSD4bI8yJlnPm4Q1s6MhD4OkPU4mF2ZsaQZ9ueeAQueGwj6iKKbClXPPAmNGKhCIw6UTDSTWcE0WOH6NzLySh7tPHz99WOBGI3A38-ksB_uXYQ1QOWKGS8SiHEDYqhDJkUQRhSL4klon7Uqrxcb2dFoqnvmD0L-kJzuG93H-Ety-wMrMggRLhO47OVjJL1nOIQ&__tn__=-R

Das falsche Zitat

Dies stammte nicht etwa von der Polizei, sondern von einem Nutzer, der unter dem Artikel exakt den Satz verwendete, der nun, über zwei Jahre später, als Überschrift des Blogartikels verwendet wird:

Ein Nutzer interpretiert den Ratschlag der Polizei
Ein Nutzer interpretiert den Ratschlag der Polizei

Das echte Zitat

Ursache des Ratschlags der Polizei war ein Straßenraub, bei der sich das Opfer wehrte und es dadurch zu weiterer Gewalteinwirkung der unbekannten Täter kam.

„Die Polizei Bielefeld rät: Leisten Sie Widerstand nur dann, wenn Sie sich dem Täter gegenüber körperlich überlegen fühlen und eine reelle Erfolgsaussicht besteht.“

Da es unter dem Beitrag zu einigen Diskussionen bezüglich des kurzen Ratschlags kam, definierte die Polizei Bielefeld ihren Ratschlag noch etwas genauer:

Zur Verdeutlichung noch einmal: Die Polizei Bielefeld will hier lediglich auf die Risiken einer Gegenwehr bei Raubdelikten hinweisen und rät daher, eher den Verlust eines Wertgegenstandes in Kauf zu nehmen, als durch Gegenwehr auch noch gesundheitliche Schäden davon zu tragen. Niemand ist verpflichtet, dem Rat der Polizei zu folgen. Verteidigung im Sinne von Notwehr steht jedem Bürger zu.

Die Ratschäge der Polizei

Diese wurden noch ein wenig ausführlicher auf der Internetseite der Polizei Bielefeld beschrieben:

  • Leisten Sie Widerstand nur dann, wenn Sie sich dem Täter gegenüber körperlich überlegen fühlen und eine reelle Erfolgsaussicht besteht. Ihnen könnten bei aktiver Gegenwehr durch massive Gewaltanwendung oder durch einen Sturz erhebliche Gesundheitsschäden drohen
  • Sollten Sie Opfer einer Raubstraftat werden, versuchen Sie Ruhe zu bewahren.
  • Prägen Sie sich nach Möglichkeit den oder die Täter und den Handlungsablauf genau ein
  • Bitten Sie Passanten und andere Beobachter der Straftat, sich als Zeuge zur Verfügung zu stellen
  • Notieren Sie sich deren Personalien
  • Informieren Sie nach der Tat unverzüglich die Polizei

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Fakten gegen Meinung

Die Kommentare unter dem über zwei Jahre alten Beitrag sind ein gutes Beispiel dafür, wie allgemeine Ratschläge durch gezielte, ausländerfeindliche Kommentare von diversen Leuten in eine bestimmte Richtung gelenkt werden, die gewollt ist:
Aus einem Raubüberfall von unbekannten Tätern wurde in den Kommentaren plötzlich Taten von Migranten, die Ratschläge der Polizei wurden auf die eigene Art und Weise interpretiert.

Bereits im September 2017 wurde in einem anderen Blog die Ansicht vertreten, dass die Polizei dazu rate, sich misshandeln und notfalls sogar töten zu lassen, auch dort wieder die typischen Formulierungen wie „Merkels gewalttätige Fachkräfte“.

Betrachten wir die Ratschläge der Polizei also nochmal ganz nüchtern und vergleichen sie mit der Meinung bzw. der Interpretation:

Was die Polizei im Grunde sagt:
Schätze selbst ein, ob du dich wehren kannst, sonst könnte es zu größeren, körperlichen Schaden kommen

Was interpretiert wird:
Ich soll mich ausrauben, vergewaltigen und töten lassen

Ihr merkt, wie unterschiedlich diese Aussagen sind? Es geht rein um die Selbsteinschätzung! Als „Couch-Potato“ sollte man nicht glauben, man könne nun mal locker gegen bewaffnete Kriminelle einen Roundhouse-Kick ausführen. Als durchschnittliche Person kann man manche Täter schon alleine mit lauten Worten einschüchtern, wenn zudem noch potentielle Zeugen in Hör- und Sichtweite sind.

Wenn man aber unbedingt möchte, kann man diese Ratschläge auch so interpretieren, wie es der oben genannte Blog und diverse Kommentatoren tun. Bevor man diese Meinungen aber übernimmt, sollte man besser einen Blick darauf werfen, welche Intentionen diese Seiten haben.

Denn meistens geht es nur um eines: Angst und Hass schüren!

Artikelbild: Shutterstock / Von ESB Professional
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