“Beim Rasenmähen gejodelt: 800 Euro Strafe für Rentner weil er Muslime beim Beten störte”. So lautet ein Statusbeitrag von Delgrado.tv auf Facebook!
Veröffentlicht wurde der Beitrag auf der Webseite am 1.5.2016!
Hier wird dem User vermittelst, dass ein Grazer (Österreich) wegen „Behinderung der Religionsausübung” und „Verächtlichmachung religiöser Symbole” zu einer Geldstrafe verurteilt wurde.
Bullshit!
Hätte man recherchiert, dann hätte man erfahren, dass es nie eine Verurteilung gab und das dies bereits knapp 6 Jahre zurück liegt!
Der Reihe nach!
Der Vorfall ereignete sich im Jahre 2010. Also vor mittlerweile 6 Jahren. Der Bericht stand damals in der Österreichischen “Kronen Zeitung”
Mit starker Vergrößerung konnten wir schließlich erkennen, dass die Zeitung vom 27. November 2010 ist.
Tatsächlich erschien jener Artikel im November 2010 auch auf dem Internet-Auftritt der österreichischen Seite „Krone.at“, welche diese Artikel (insgesamt waren es drei) im Dezember wieder offline nahm. Aus gutem Grund, aber dazu kommen wir gleich.
Knapp 6 Jahre alt, okay, aber ist der Artikel deswegen falsch?
Dem österreichischen Medienwatchblog Kobuk.at war diese Geschichte damals schon suspekt, also fragten sie ganz einfach am Gericht nach und kamen zu folgenden Erkenntnissen:
1. Jener Nachbar jodelte nicht etwa nur an einem einzigen Freitag, sondern jeden Freitag von 2009 bis 2010, während er den Rasen mähte. In den erhobenen Vorwürfen wird auch nicht nur von Jodeln gesprochen, sondern sinngemäß auch von „anderen kreativen Arten, die das Gebet der Muslime gestört und verhöhnt hätten.“
2. Die Muslime hatten einen Lautsprecher im Garten für ihre Gebetsstunden, montierten jenen aber nach einigen Monaten wieder ab. Die Verhöhnungen des Nachbarn gingen noch einige Monate weiter.
3. Die Anklage erfolgte nicht auf Betreiben der Muslime. Nachdem die Polizei mehrmals eingeschritten war, leitete sie den Fall an die Staatsanwaltschaft weiter, welche Anklage erhob, weil es sich dabei um ein sogenanntes Offizialdelikt handelt. Die Muslime selber drängten laut den Gerichtsakten auf eine einvernehmliche Lösung.
4. Es gab nie eine Verurteilung des Nachbarn. Das Verfahren wurde nach Diversion, in Österreich eine alternative Beendigung eines Strafverfahrens, in diesem Falle eine Geldstrafe gem. §200 StPO, eingestellt.
Fazit:
Krone.at waren die offensichtlichen Fehler in ihrer Berichterstattung wohl selbst zu peinlich. Anstatt, wie in solchen Fällen üblich, die Artikel zu korrigieren, wurden sie am 1. Dezember kommentarlos entfernt.
Irgendjemand hat beim Wegwerfen des Altpapieres wohl diese alte Zeitung gefunden, sie fotografiert und präsentiert sie nun als aktuelle Geschichte.
Wie üblich springen die üblichen Verdächtigen wie Mannheimer, PI-News & Co auf den Zug auf und verbreiten die Geschichte auf Facebook und in diversen Blogs unreflektiert weiter.
Die Geschichte selber wurde in der Presse ziemlich verdreht und sorgte auch in Deutschland für Spott über den „irren Jodel-Prozess in Österreich“ (Hamburger Morgenpost).
Ausländerfeindliche Facebook-Gruppen und Blogs sind allerdings nicht wirklich an der Wahrheit interessiert, sondern nur an Hetze. Also jodeln sie nun im Stechschritt die verdrehte Meldung über den armen jodelnden Rentner wieder nach. Auch wenn die Töne doch sehr schief klingen.
Recherche: Ralf N., mimikamat
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