Die Stiftung Warentest warnt vor einem Abzockernetz, das schutzgeldartige Zahlungen fordert
Der Finanzvermittler Rainer von Holst baut seit Jahren ein Abzockernetz mit immer neuen Firmen auf, schädigt in Deutschland zehntausende Anleger und nötigt Unternehmen zu schutzgeldartigen Zahlungen.
Für die Strafverfolger ist der Mann, der Anleger mit seiner Bielefelder Firmenwelten-Gruppe um zig-Millionen Euro gebracht hat und mehrfach wegen Betrugs verurteilt wurde, nicht mehr zu fassen. Seit 2015 lebt er in den USA und zieht von dort aus die Strippen.
Die Zeitschrift Finanztest deckt in ihrer März-Ausgabe erstmals auf, wie umfangreich sein kriminelles System ist.
Anlegern garantieren die Firmen, die in Deutschland oft von Tochter Anne von Holst geführt werden, für Beiträge von z.B. 25.000 Euro für 90 Tage 7 Prozent Zinsen oder für 180 Tage 15 Prozent Zinsen. Das entspricht 30 Prozent Zinsen pro Jahr.
Ob das Anlegergeld überhaupt investiert wird, ist unklar. Einige Firmen geben vor, das Geld in Halbstromaggregate zu investieren, mit denen der Stromverbrauch um mehr als 50 Prozent gesenkt werden könne. Die Geräte, die viel Geld einbrächten, seien in vielen deutschen Städten erfolgreich verbaut worden. Zum Beweis wurde Anlegern etwa ein Firmenschreiben vorgelegt, in dem die neue Technologie gelobt wird. Nachfragen bei den genannten Städten ergaben jedoch, dass die Geräte dort völlig unbekannt sind. 2017 gingen die ersten Firmen Pleite. Derweil gründet von Holst von den USA aus ständig neue Firmen, um weitere Anleger zu schädigen.
Rainer von Holst schädigt nicht nur Privatanleger, sondern auch Firmen. Seit Oktober 2016 gehört eine Art Schutzgelderpressung von Unternehmen zu seinen Einnahmequellen. Dazu benutzt er ein Onlineportal namens „Gerlachreport“, das angeblich Verbraucher, Investoren und Anleger vor unseriösen Geldanlagen warnt. Der Gerlachreport wirft Firmen Betrug und andere Straftaten vor. Juristische Gegenwehr gegen die rufschädigenden Artikel verhindert von Holst, indem er kein richtiges Impressum angibt, sondern eine amerikanische Briefkastenfirma. Als Ausweg aus dem Dilemma bietet er den Firmen dann an, die negativen Artikel über sie zu entfernen, wenn sie dafür Geld bezahlen.
Bislang sind Anzeigen gegen Rainer von Holst häufiger „wegen Abwesenheit des Beschuldigten“ eingestellt worden. Inzwischen ermittelt aber die Augsburger Staatsanwaltschaft gegen sieben Verantwortliche der Firmenwelten-Gruppe wegen Betrugs. Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Gerlachreport sind bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg, Abteilung Cyberkriminalität, zusammengezogen worden.
„Es ist ein Lehrstück über abgebrühte Abzocker und die Gesetzeslücken, durch die sie schlüpfen“,
sagt Ariane Lauenburg, Finanzexpertin der Stiftung Warentest.
Finanztest rät Anlegern, die Finger von Anbietern zu lassen, die hohe Zinsen für eine Geldanlage garantieren. Sichere Zinsen für mehr als 2 Prozent sind derzeit am Markt nicht erzielbar. Versprechen Finanzvermittler Zinsen von 30 Prozent im Jahr, handelt es sich fast immer um Betrug.
Bislang bekannt gewordene Firmen des sogenannten grauen Kapitalmarktes finden sich online unter test.de/warnliste.
Der Report Finanzvermittlung findet sich in der März-Ausgabe der Zeitschrift Finanztest und ist online unter www.test.de/vonholst abrufbar.
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