Affenpocken – Ja, es gibt mehrere Fälle, doch Panik ist nicht angebracht

Der größte Vorteil für uns (und ein Nachteil für das Virus): Eine Erkrankung mit Affenpocken ist sichtbar, oftmals milder als normale Pocken und nur schwer übertragbar.

Autor: Ralf Nowotny

Recht plötzlich scheinen in Großbritannien, Lissabon und Madrid mehrere Fälle von Infektionen mit Affenpocken aufgetaucht zu sein. Das wirkt auf den ersten Blick beunruhigend, und viele Medien heizen dies zudem noch an, indem von „Virus-Alarm“ und „Alarmbereitschaft der Ärzte“ geschrieben wird und somit suggeriert wird, dass eine neue, gefährliche Pandemie auf uns zurollt.
Doch im Prinzip sollen MedizinerInnen nur darauf achten, ob diese Symptome bei Patienten auftauchen, damit sie nicht leichtfertig mit einem normalen Hautausschlag verwechselt und korrekt behandelt werden.

Mediale Panik

Den meisten Medien ist zugute zu halten, dass in den Artikeln selbst zumeist sachlich über das Affenpocken-Virus geschrieben wird, jedoch leider viele Nutzer einen Artikel gar nicht erst lesen oder nur überfliegen, stattdessen nach dem Teaser in sozialen Medien urteilen – und diese sind dann oft so gestaltet, dass es nach Panikmache klingt.

Die mediale Aufbereitung des Affenpocken-Virus
Die mediale Aufbereitung des Affenpocken-Virus

Von einem „Virus-Alarm“ oder einer „Alarmbereitschaft“ kann jedoch keine Rede sein, allerdings wird zur Umsicht geraten, da es wahrscheinlich mehr Fälle gibt, als bisher bekannt geworden ist, dies aber aus einem einfachen Grund: Gerade in den westlichen Ländern, mit unseren derzeitigen Schutzmaßnahmen gegen COVID-19, unseren Hygienestandards und dem Fokus auf die Bekämpfung der Corona-Pandemie fällt eine milde verlaufende Pockenerkrankung eher selten auf.

Woher stammt das Affenpocken-Virus?

Der Name ist irreführend. Er entstand durch die Entdeckung des Virus im Jahr 1958, als die Affenpocken erstmals bei zu Forschungszwecken gehaltenen Affen entdeckt wurden, bei denen eine pockenähnliche Krankheit ausbrach.

Es handelt sich in erster Linie um eine (meist subklinische) Erkrankung kleiner afrikanischer Tiere, einschließlich Nagetieren (es gibt zwei verschiedene Stämme, im Kongobecken und in Westafrika). Wie die Menschen infizieren sich auch die Affen manchmal über Kleintiere.

Bei dem Virus handelt sich um ein Pockenvirus, das zur gleichen Familie gehört wie das Variolavirus, das die Pocken verursachte, bevor es 1980 weltweit ausgerottet wurde. Das Vacciniavirus, das als Impfstoff zur Ausrottung der Pocken verwendet wurde, gehört ebenfalls zu dieser Familie, und eine Impfung gegen Pocken schützt auch gegen Affenpocken.

Leider dürfte bei den meisten Menschen eine Pockenimpfung schon zu lange her sein (immerhin sind die Pocken, wie oben erwähnt, seit 1980 ausgerottet), sodass es auch hierzulande zu Infektionen mit dem Virus kommen kann.

Wie kann man sich mit Affenpocken infizieren?

Menschen können sich vor allem durch Kontakt mit den Hauteffloreszenzen, Blut, Gewebe oder Ausscheidungen infizierter Tiere und dem Umgang mit dem Fleisch erkrankter Tiere infizieren. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist selten und nur bei engem Kontakt möglich, kann aber durch Kontakt mit Körperflüssigkeiten oder Schorf der Affenpocken-Infizierten auftreten (Quelle: RKI).

Manche Medien betonen, dass vier der Infizierten in Großbritannien homo- oder bisexuelle Männer sind und sich das Virus durch homosexuellen Geschlechtsverkehr übertragen habe. Zwar wurde eine Übertragung des Virus durch sexuellen Kontakt noch nicht beobachtet, ist aber nicht ungewöhnlich, da auch das Pockenvirus, das für die in der Regel gutartige Krankheit Molluscum contagiosum verantwortlich ist, durch Geschlechtsverkehr übertragen werden kann.

Der wahrscheinlichste Verbreitungsweg ist der enge Kontakt: Berührung von Haut oder Bettzeug oder gemeinsam benutzte Utensilien.

Was sind die Symptome einer Erkrankung?

In der Regel handelt es sich um eine milde Krankheit, die durch sehr engen Kontakt mit einer infizierten Person übertragen wird und von der sich die meisten Menschen innerhalb weniger Wochen erholen. Neben einem Ausschlag, der den Windpocken ähnelt, an den Schleimhäuten anfängt und sich von dort aus ausbreitet, haben Erkrankte folgende Symptome:

  • Fieber
  • Kopfschmerzen
  • Muskelschmerzen
  • Rückenschmerzen
  • Geschwollene Lymphknoten
  • Schüttelfrost
  • Erschöpfung

Ein Ausschlag ist zumeist auch bereits 1 bis 3 Tage nach Beginn des Fiebers sichtbar, spätestens dann sollte ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Eine typische Erkrankung dauert 2 bis 4 Wochen. In Westafrika beträgt die Sterberate bei der Variante, mit der sich die Erkrankten infiziert haben, bei 1 zu 100, doch hierzulande dürfte sie durch unsere medizinischen Versorgungsmöglichkeiten sehr viel niedriger liegen.

Gibt es Medikamente gegen eine Erkrankung?

Gegen Affenpocken gibt es keine spezifischen Behandlungen oder Impfstoffe. Da das Affenpockenvirus jedoch eng mit dem Virus verwandt ist, das die Pocken verursacht, kann eine Pockenimpfung auch vor einer Ansteckung mit den Affenpocken schützen. Zur Behandlung schwerer Fälle können Virostatika und Blutkonserven von gegen Pocken geimpften Personen eingesetzt werden.

Kein Grund zur Beunruhigung!

Die meisten Wissenschaftler gehen davon aus, dass es sich um kleine Ausbrüche handelt und die Übertragung nicht so stark sein wird wie bei COVID-19, alleine schon, weil die Übertragungswege schwieriger sind. Es werden sicherlich nun noch mehr Fälle auftauchen, da spezifisch auf das Affenpocken-Virus geachtet wird, doch ein endemischer oder gar pandemischer Ausbruch ist sehr unwahrscheinlich.

Das liegt daran, dass sich die Affenpocken nur schlecht von Mensch zu Mensch ausbreiten können und auf einen sehr engen und lang anhaltenden Kontakt zwischen Menschen angewiesen sind. Eine Tröpfcheninfektion durch die Luft ist zwar ebenfalls möglich, doch dafür müsste man sich über mindestens mehrere Minuten quasi eng gegenüberstehen und sich direkt anatmen – eine COVID-19 Infektion ist leichter zu bekommen.

Sich also demnächst mit dem Affenpocken-Vius zu infizieren und zu erkranken, ist für die allermeisten Menschen mehr als unwahrscheinlich. Die Fälle sind für Ärzte und Mediziner auf jeden Fall wichtig, um auf Symptome bei Patienten zu achten, da es noch unentdeckte Fälle gibt, doch eine mediale Panikmache ist deshalb mehr als unnötig.

Weitere, verwendete Quellen: Public News Time, CDC, Science Media Centre, euronews, UN News, Stat News, CDC

Artikelbild: Andrea Männel 2001/RKI

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