Behörden scannen Facebook-Fotos!
Dubiose Gesichtserkennungs-App greift auf Fotos aus sozialen Netzwerken zu.
Behörden scannen Facebook-Fotos: Man stelle sich vor, man geht auf der Straße spazieren und trifft auf Menschen mit Augmented-Reality-Brillen, die einen sofort mit dem Namen begrüßen und auf das letzte Facebook-Posting eingehen. Klingt nach einer erschreckenden Hollywood-Produktion, ist jedoch nahezu real.
„Clearview AI – Technologie, die dabei hilft, die härtesten Verbrechen zu lösen“
So wirbt die Firma auf ihrer Website für die App. Was steckt dahinter? Eine Software, die fremde Menschen identifizieren kann. Ein Erfinder, der online unter falschem Namen auftritt. Verbindungen zu hochrangigen US-Politikern und Wirtschaftsmagnaten. Eine Kombination, die einen schaudern läßt.
Zugriff auf Datenbank mit Milliarden öffentlich zugänglicher Fotos
„Clearview AI“ wird bereits von hunderten US-Ermittlungsbehörden genutzt, so die „New York Times“. Die App greift auf eine Datenbank mit etwa drei Milliarden öffentlich zugänglicher Fotos aus sozialen Netzwerken zu und ist somit imstande, Menschen auf Fotos zu identifizieren. Man erhält dann alle Bilder, die zu einer Person gehören, inklusive sämtlicher Links. Es braucht nicht mehr viel, um auch noch Wohnsitz oder andere sensible Daten der jeweiligen Person herauszufinden.
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In Werbeunterlagen von „Clearview AI“ wird ein erschreckender Vergleich angeführt: Die Datenbank des LAPD umfasst nur etwa 3 Millionen, die Datenbank des FBI etwa 411 Millionen Bilder. „Clearview AI“ findet nach eigenen Angaben in 75 Prozent aller Fälle übereinstimmende Fotos.
Zusammenarbeit mit Behörden
Das Programm wird seit 2017 an US-Sicherheitsbehörden verkauft, schreibt die „New York Times“, insgesamt nutzen es mittlerweile rund 600 Behörden. Dies war bisher weitestgehend unbekannt, vermutlich auch, weil es dem Erfinder und Gründer der Firma Hoan Ton-That wohl ein Anliegen war, selbst „gut getarnt“ zu sein. Die „New York Times“ begann 2019 mit Nachforschungen zum Programm „Clearview AI“ und findet unter anderem heraus, dass die zugehörige Website eine Kontaktadresse in New York anführt, die es nicht gibt. Auch führt der gebürtige Australier Hoan Ton-That in seinem LinkedIn-Profil den Namen „John Good“ an und bezeichnet sich als Verkaufsmanager von „Clearview AI“.
Personell relevante Zusammenhänge
Ton-That entwickelte die App gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Richard Schwartz. Schwartz war Mitarbeiter von Donald Trumps Anwalt Rudy Giuliani, als dieser noch Bürgermeister New Yorks war. Später hatten die beiden die Idee, das Programm an US-Sicherheitsbehörden zu verkaufen. Auch Investitionen von Prominenten folgten. Einer davon: Peter Thiel, PayPal-Mitbegründer und Aufsichtsratsmitglied von Facebook.
Verstoß gegen Nutzungsbedingungen?
Mit der Verwendung von Bildern aus sozialen Netzwerken wie Facebook verstößt das Programm gegen die Nutzungsbedingungen. Ton-That spielt das in einem Gespräch mit der „New York Times“ herunter: „Viele Menschen tun das. Facebook weiß darüber Bescheid.“ Dieser Fall wird laut einem Facebook-Sprecher aktuell überprüft, und man „werde angemessene Maßnahmen treffen“, falls ein Verstoß gegen die Nutzungsrichtlinien vorliege. Nicht zu vergessen: Einer der Investoren – Peter Thiel – sitzt im Aufsichtsrat von Facebook.
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Missbrauchsrisiken von „Clearview AI“
Im Gespräch mit der „New York Times“ gibt Ton-That an, dass es bereits Prototypen für Augmented-Reality-Brillen und dem Programm gebe. Damit könnte man Menschen in Echtzeit in der Öffentlichkeit identifizieren. Die Brillen seien nicht zum Verkauf vorgesehen. Polizeibeamte, die diese App bereits nutzen, und auch Investoren haben jedoch die Vermutung, dass das Programm der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden könnte. Die Nutzung birgt extreme Missbrauchsrisiken – angefangen von Stalking bis hin zu Erpressung. Benutzen Bürger diese App, hätte dies bedenkliche Konsequenzen, was die Privatsphäre im öffentlichen Raum angeht.
In den USA ist die Nutzung der App scheinbar legal.
„Was sie da tun ist unheimlich, aber viele weitere solcher Firmen werden entstehen“, so Al Gidari, Professor für Privatsphäre an der juristischen Fakultät der Universität Stanford, im Gespräch mit der „New York Times“. „Ohne eine starke Gesetzeslage für Privatsphäre sind wir alle aufgeschmissen.“
In Deutschland beispielsweise steht man Themen wie Gesichtserkennung und Überwachung generell kritisch gegenüber. In China allerdings setzt die Regierung Erkennungssoftware ein, die technisch bereits sehr ausgereift ist. In den USA wird bereits seit Jahrzehnten Gesichtserkennung eingesetzt. Doch keines der bisherigen Programme griff dazu auf die Datenbanken sozialer Medien zu.
Passend zum Thema: Bar nutzt Gesichtserkennungs-Software gegen Drängler!
Quelle: n-tv.de
Artikelbild: Shutterstock / Von Andrey_Popov
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