China und illegale Organentnahme bei Gefangenen. Was ist dran?

Autor: Claudia Spiess

China und illegale Organentnahme bei Gefangenen. Was ist dran?
China und illegale Organentnahme bei Gefangenen. Was ist dran?

Werden in China nach wie vor Organe von Todeskandidaten entnommen, um Transplantationen zu ermöglichen?

China und illegale Organentnahme bei Gefangenen. Was ist dran? – Das Wichtigste zu Beginn:

Laut dem sogenannten China-Tribunal, einer internationalen Vereinigung von Menschenrechtsanwälten, werden in China politische Häftlinge getötet, um deren Organe zu entnehmen und für Organspenden zu verwenden.

Hintergründe

Die Transplantationsmedizin in China begann mit der Organbeschaffung hingerichteter Gefangener, da die kostenlose Spendenquote in China extrem niedrig war. Hauptverantwortlich dafür kann man ein fehlendes Organspendesystem machen. Menschen hatten keine Möglichkeit, freiwillig zu spenden.

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Verordnung von 1984

1984 wurde die erste „vorläufige Verordnung über die Verwendung von Leichen oder Organen von verurteilten Kriminellen“ erlassen. Durch diese Verordnung war der Organraub an Gefangenen, die ausdrücklich durch Erschießen hingerichtet wurden, erlaubt, wenn die Leiche nicht beansprucht wird, der Gefangene sich freiwillig zur Organspende meldete, oder wenn seine Familie zustimmte.

Die Verordnung beinhält ungewöhnliche Formulierungen, wie z.B. „die Verwendung der Leichen oder Organe verurteilter Krimineller muss streng vertraulich behandelt werden.“

Huang Jiefu, Direktor des China Organ Donation Committee und ehemaliger Vize-Gesundheitsminister, sagte dazu in einem Interview mit dem China Youth Net im März 2015, dass dies eine geheime Regelung sei und kein Gesetz darstelle. Auf Regierungsebene hätte China laut ihm nie anerkannt, dass der Einsatz von Gefangenenorganen legal sei. Es wäre nicht nötig, über die Abschaffung der Verordnung zu sprechen, da diese niemals anerkannt wurde.

Keine Gesetze, keine Transparenz

Laut dem Leitprinzig der WHO soll sich eine Zuweisung von Organen „an klinischen Kriterien und ethischen Normen orientieren, nicht an finanziellen oder anderen Erwägungen“.

Im Mai 2007 trat ein neues Gesetz zur Organtransplantation in Kraft, das den Organhandel und die Entnahme von Organen einer Person ohne deren vorherige schriftliche Zustimmung verbietet. Dadurch ist eine Organbeschaffung nur dann erlaubt, wenn eine schriftliche Zustimmung eingeholt wurde. Dies gilt auch für Todeskandidaten, denn in China gibt es kein Gesetz, das Gefangene von regulären Bürgern für Organspenden unterscheidet.

Im Dezember 2014 gab die Volksrepublik China bekannt, dass nach dem 1. Januar 2015 nur noch freiwillig gespendete Organe von Bürgern für Transplantationen verwendet werden. Weltweit gingen viele Mediziner davon aus, dass China die Verwendung von Organen von Todeskandidaten eingestellt hätte.

Tatsächlich blieb der Einsatz von Gefangenenorganen in China weiterhin Usus. Auch nach Januar 2015 erklärten chinesische Beamte, dass Todeskandidaten das gleiche Recht wie normale Bürger hätten, „freiwillig“ Organe zu spenden.
Was hier als „freiwillig“ bezeichnet wird, beschreibt die Vorgehensweise, dass sich Gefangene aus freien Stücken dazu entscheiden könnten, ihre Organe nach ihrem Tod zu spenden. Dies widerspricht allerdings den internationalen ethischen Standards. Einer Organspende muss eine autonome, fundierte Entscheidungsfindung vorangehen. Selbst mit einer „Einwilligung“ ist der Gebrauch von Organen von Gefangenen nicht akzeptabel. Sie sind weder frei von Zwang, noch immer vollständig informiert. So können weder sie noch ihre Familienangehörigen frei zustimmen.

Auch die World Medical Association (WMA) stellte unmissverständlich fest, dass „in Gerichtsbarkeiten, in denen die Todesstrafe praktiziert wird, hingerichtete Gefangene nicht als Organ- und / oder Gewebespender betrachtet werden dürfen. Zwar kann es Einzelfälle geben, in denen Gefangene freiwillig und druckfrei handeln. Es ist jedoch unmöglich, in allen Fällen angemessene Maßnahmen zum Schutz vor Zwang zu treffen.“

Widersprüchliche Zahlen

2006 wurde China von der WMA aufgefordert, die Verwendung von Gefangenen als Organquellen unverzüglich einzustellen. China folgte dieser Forderung jedoch nicht und gab als Begründung an, dass jährlich rund 300.000 Transplantationen notwendig wären.

Ein Reporter ging dem nach und stellte im März 2014 fest, dass in China nur 10.000 registrierte Patienten auf Organtransplantationen warteten. Er fragte Huang Jiefu, wie es zu dieser Diskrepanz kommen könne. Die Antwort lautete, dass Organtransplantationen in China eine Menge Geld kosten würden. Daher gäbe es eine große Lücke zwischen denen, die sie wirklich brauchen würden und denen, die sich tatsächlich dafür anmeldeten.

Nötige Änderungen

Um Organe von Gefangenen tatsächlich für eine Transplantation verwenden zu können, muss die Verordnung von 1984 abgeschafft werden. Zusätzlich braucht es ein neues Gesetz, das den Gebrauch von Organen jeglicher Art von Gefangenen ausdrücklich verbietet.

Um den Leitprinzipien der WHO zu entsprechen, sollten auch keine Entschädigungen finanzieller Art weder in direkter noch in getarnter Form erfolgen. Kosten für Transplantationen sowie die anschließende medizinische Versorgung sollten von einer Krankenversicherung übernommen werden, die unabhängig vom wirtschaftlichen Status der Patienten agiert.

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Fazit

Man kann davon ausgehen, dass in China immer noch Organe von hingerichteten Gefangenen zur Transplantation verwendet werden. Es werden nun zwar schriftlich Einwilligungen eingeholt, allerdings ungeachtet eines zwingenden Kontexts.

China wird in dieser Hinsicht nur dann an Glaubwürdigkeit gewinnen, wenn Gesetze erlassen werden, die den Einsatz von Gefangenenorganen verbieten, und indem es sein Organbeschaffungssystem für unabhängige Überprüfungen transparent und für internationale Inspektionen offenlegt.

Quelle: BMC Medical Ethics
Artikelbild: Shutterstock / Von Ronnachai Palas
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