Faktencheck: „Die traurige Geschichte hinter dem Klassiker The Green Mile…“

Autor: Ralf Nowotny

Wir brauchen deine Hilfe – Unterstütze uns!
In einer Welt, die zunehmend von Fehlinformationen und Fake News überflutet wird, setzen wir bei Mimikama uns jeden Tag dafür ein, dir verlässliche und geprüfte Informationen zu bieten. Unser Engagement im Kampf gegen Desinformation bedeutet, dass wir ständig aufklären und informieren müssen, was natürlich auch Kosten verursacht.

Deine Unterstützung ist jetzt wichtiger denn je.
Wenn du den Wert unserer Arbeit erkennst und die Bedeutung einer gut informierten Gesellschaft für die Demokratie schätzt, bitten wir dich, über eine finanzielle Unterstützung nachzudenken.

Schon kleine Beiträge können einen großen Unterschied machen und helfen uns, unsere Unabhängigkeit zu bewahren und unsere Mission fortzusetzen.
So kannst du helfen!
PayPal: Für schnelle und einfache Online-Zahlungen.
Steady: für regelmäßige Unterstützung.

In mehreren Beiträgen auf Facebook und Twitter wird die Geschichte von George Stinney Jr. erzählt, der mit 14 Jahren die jüngste, auf dem elektrischen Stuhl hingerichtete Person war.

In den Beiträgen auf Facebook, die man auf Englisch und Deutsch findet, wird die Geschichte im Großen und Ganzen richtig erzählt, enthält allerdings auch einige Fehler und Unklarheiten, auf die wir eingehen möchten.

https://www.facebook.com/photo.php?fbid=2775465669148034&set=gm.399260384123711&type=3&eid=ARAqXtviOmJeKPNwr0PwFoXKgNTn5YJEIcWZL2XBwadqlQxGSvuzEJ9rDJDz8phDSlwOJV05ecXjFwEW&ifg=1

„Die traurige Geschichte hinter dem Klassiker TheGreenMile kannte ich nicht ?

George Stinney Jr. war die jüngste Person, die im 20. Jahrhundert in den USA zum Tode verurteilt wurde. Er war erst 14 Jahre alt, als er von einem elektrischen Stuhl hingerichtet wurde.

Während seiner Gerichtsverhandlung hatte er bis zum Tag seiner Hinrichtung immer eine Bibel in der Hand und behauptete, unschuldig zu sein. Er wurde beschuldigt, zwei weiße Mädchen getötet zu haben, Betty von 11 Jahren und Mary von 7 Jahren. Die Leichen wurden in der Nähe des Hauses gefunden, in dem der Teenager bei seinen Eltern wohnte. Zu dieser Zeit waren alle Geschworenen weiß.

Der Prozess dauerte nur 2 Stunden und das Urteil wurde 10 Minuten später ausgesprochen. Die Eltern des Kindes wurden bedroht und daran gehindert, ihm Geschenke im Gerichtssaal zu geben und sie dann aus dieser Stadt zu vertreiben. Vor der Hinrichtung verbrachte George 81 Tage, ohne seine Eltern sehen zu können. Er war in einer Einzelzelle gefangen, 80 km von seiner Stadt entfernt. Er wurde allein ohne die Anwesenheit seiner Eltern oder eines Anwalts gehört.

Er wurde mit 5.380 Volt am Kopf durch einen Stromschlag getötet. 70 Jahre später wurde seine Unschuld schließlich von einem Richter in South Carolina bewiesen. Der Strahl, mit dem die beiden Mädchen getötet wurden, wog mehr als 19,07 Kilogramm. Daher war es für Stinney unmöglich, ihn zu heben, geschweige denn hart genug zu schlagen, um die beiden Mädchen zu töten. Das Kind war unschuldig, jemand fügte alles zusammen, um ihm die Schuld zu geben, nur weil es schwarz war.

Stephen King ließ sich von diesem Fall inspirieren, sein Buch #TheGreenMile zu schreiben, das 1999 in die Kinos kam.“

Die Bilder

Das Schwarz-Weiß Foto in dem Tweet zeigt den echten George Stinney Jr., der am 16. Juni 1944 im Alter von 14 Jahren auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet wurde. Die anderen Bilder auf Twitter und Facebook stammen aus dem Film „Carolina Skeletons“ (deutscher Titel: „Das Ende des Schweigens“) von 1991, dem der Fall als Grundlage dient. Der Film wiederum basiert auf der Novelle „Carolina Skeletons“ von 1988. Die Bildern sind Screenshots der Hinrichtungsszene des Jungen, der im Roman und im Film „Linus Bragg“ heißt.

[mk_ad]

Die Fakten

George Sinney Jr. wurde nicht nach 70 Jahren freigesprochen

Die Geschwister Georges, Charles Stinney, Catherine Stinney Robinson und Amy Ruffner, beantragten 2014 eine Wiederaufnahme des Falles nach dem sogenannten „Coram nobis“ (lateinisch für „in unserer Gegenwart“). Bei dieser Art von Anträgen geht es darum, dass das Gericht einen vorher getätigten Irrtum zugibt und möglichst korrigiert.

Richterin Carmen Tevis Mullen stimmte dem Antrag am 17. Dezember 2014 zu. Sie hat George Stinney Jr. allerdings nicht freigesprochen, sondern streng genommen nur die Verurteilung aufgehoben. Ein Freispruch kann nur in einem neuen Prozess erfolgen, der jedoch nicht stattfinden kann, da sowohl der Junge als auch potentielle Zeugen tot sind. Es gibt kaum noch Dokumente über den Fall, physische Beweismittel existieren nicht mehr.

Zu einer Aufhebung des Urteils konnte es aber kommen, da das Gericht damals, wie Richterin Mullen feststellte, nicht ordnungsgemäß arbeitete. Beispielsweise wurden keine Zeugen gehört (seine Geschwister beteuern, dass der Junge zum Tatzeitpunkt zu Hause war), die verfassungsmäßigen Rechte des Jungen wurden nicht beachtet, das Tatwerkzeug war unklar, der Pflichtanwalt des Jungen legte keine Berufung gegen das Urteil ein, obwohl dies möglich gewesen wäre.

Die Mädchen wurden nicht in der Nähe seines Hauses gefunden

Die Anwälte der Familie Stinney vermuten, dass es sich bei dem Tatwerkzeug um ein 30 Zentimeter langes und breites Stück Metall oder Eisen handelte, welches beim Schienenbau, aber auch auf Holzverarbeitungsplätzen Verwendung fand.
So wird vermutet, dass der wahre Täter der mittlerweile verstorbene Sohn eines Sägewerkbesitzers war, auf dessen Grundstück die Leichen der Mädchen gefunden wurden.

Es ist unklar, ob der Junge immer eine Bibel in der Hand hatte

Einzig belegt durch verschiedene Zeitungsartikel, die die Kollegen von „Snopes“ gefunden haben, ist dass George während seiner Hinrichtung eine Bibel unter dem Arm hatte.

George hatte einen Anwalt

Dies macht den Fall eigentlich noch erschreckender, denn mit Charles H. Plowden hatte George zwar einen Anwalt, der jedoch eher gegen den Jungen arbeitete: er erhob keinen Einspruch gegen die rein weiße Jury, er rief keine Zeugen auf (wie oben erwähnt hatten die Geschwister ein Alibi für George), er verlangte keine Beweisstücke während des sehr kurzen Prozesses und legte auch keine Berufung gegen das Todesurteil ein.

Die Spannungsstärke betrug 2.400 Volt

Zugegeben, dies ist jetzt nicht unbedingt ausschlaggebend, da sowohl 2.400 Volt, wie Charles Kelly in seinem Buch „Next Stop, Eternity“ beschreibt, als auch die im Posting geschriebenen 5.380 Volt tödlich sind.
Nach dem ersten Stromstoß von 2.400 Volt rutschte George die Maske vom Gesicht, seine Augen waren offen. Danach bekam er noch zwei weitere Stromstöße von 1.400 Volt und 500 Volt, bis er für tot erklärt wurde.

Es ist unklar, ob Stephen King davon inspiriert wurde

Die Geschichte erinnert an die Stephen King-Novelle „The Green Mile“, da dort ebenfalls ein Schwarzer zum Tode verurteilt wurde, da er zwei kleine Mädchen umgebracht haben sollte. Allerdings findet sich keine Aussage Kings, dass der Fall von George Stinney Jr. ihm als Grundlage zu dieser Geschichte diente.
Jene Tat spielt auch in dem Buch eher eine Nebenrolle als Begründung, warum Coffey im Todestrakt saß, und spielte sich ganz anders ab, da in dem Roman ja John Coffey tatsächlich bei den toten Mädchen aufgegriffen wurde, er also subjektiv für Zeugen als schuldig galt, auch wenn sie die Tat selbst nicht sahen.

[mk_ad]

Fazit

Die auf Facebook und Twitter geschilderte Geschichte ist in großen Teilen korrekt. Jedoch wurde er nicht nach 70 Jahren freigesprochen, sondern die Veurteilung wurde aufgrund von Verfahrensfehlern aufgehoben. Zudem stimmen einige Details der Geschichte nicht, welche jedoch die Geschichte selbst nicht weniger erschreckend machen.

Unterstützen 🤍

FAKE NEWS BEKÄMPFEN

Unterstützen Sie Mimikama, um gemeinsam gegen Fake News vorzugehen und die Demokratie zu stärken. Helfen Sie mit, Fake News zu stoppen!

Mit Deiner Unterstützung via PayPal, Banküberweisung, Steady oder Patreon ermöglichst Du es uns, Falschmeldungen zu entlarven und klare Fakten zu präsentieren. Jeder Beitrag, groß oder klein, macht einen Unterschied. Vielen Dank für Deine Hilfe! ❤️

Mimikama-Webshop

Unser Ziel bei Mimikama ist einfach: Wir kämpfen mit Humor und Scharfsinn gegen Desinformation und Verschwörungstheorien.

Abonniere unseren WhatsApp-Kanal per Link- oder QR-Scan! Aktiviere die kleine 🔔 und erhalte eine aktuelle News-Übersicht sowie spannende Faktenchecks.

Link: Mimikamas WhatsApp-Kanal

Mimikama WhatsApp-Kanal

Hinweise: 1) Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell
war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur
Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.


2) Einzelne Beiträge (keine Faktenchecks) entstanden durch den Einsatz von maschineller Hilfe und
wurde vor der Publikation gewissenhaft von der Mimikama-Redaktion kontrolliert. (Begründung)


Mit deiner Hilfe unterstützt du eine der wichtigsten unabhängigen Informationsquellen zum Thema Fake News und Verbraucherschutz im deutschsprachigen Raum

INSERT_STEADY_CHECKOUT_HERE

Kämpfe mit uns für ein echtes, faktenbasiertes Internet! Besorgt über Falschmeldungen? Unterstütze Mimikama und hilf uns, Qualität und Vertrauen im digitalen Raum zu fördern. Dein Beitrag, egal in welcher Höhe, hilft uns, weiterhin für eine wahrheitsgetreue Online-Welt zu arbeiten. Unterstütze jetzt und mach einen echten Unterschied! Werde auch Du ein jetzt ein Botschafter von Mimikama

Mehr von Mimikama

Mimikama Workshops & Vorträge: Stark gegen Fake News!

Mit unseren Workshops erleben Sie ein Feuerwerk an Impulsen mit echtem Mehrwert in Medienkompetenz, lernen Fake News und deren Manipulation zu erkennen, schützen sich vor Falschmeldungen und deren Auswirkungen und fördern dabei einen informierten, kritischen und transparenten Umgang mit Informationen.