Generalstreik in Deutschland? So einfach geht das nicht …

Autor: Andre Wolf

Viele Facebooknutzer sind verunsichert: Ein Meme informiert darüber, dass Anfang April 2018 in Deutschland angeblich ein Generalstreik ausbricht.

Zu diesem Meme gibt es einen recht langen Statustext, der es in sich hat. Nicht allein, dass er zu einer illegalen Handlung aufruft, sondern er suggeriert auch, dass dieser „General-Streik” (sic) auch eintreten würde. Hier liest man in den ersten Absätzen:

Wichtige Mitteilung für Deutschland ENDLICH!!!

Generalstreik  3. April – 7. April 2018

Wichtig! Es handelt sich bei dieser Nachricht nicht um einen sinnlosen Kettenbrief, sondern um einen wichtigen Aufruf an alle deutschen Bürger, welche wir über alle möglichen Medien zu erreichen versuchen.

Wir rufen hiermit jeden Deutschen zum gewaltlosen Aufstand auf!!!! …

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Was ist überhaupt ein Generalstreik?

Beim Generalstreik streiken keine Generäle, sondern es handelt sich um eine Art des Streiks, bei der wirklich Jeder (nicht allein einzelne Branchen) jegliche Art der Tätigkeit niederlegt. Die wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages informieren dazu in ihrer Veröffentlichung „Generalstreik – Rechtliche Bedingungen und Streikkultur im Vergleich [1, S. 3]”:

Unter Generalstreik wird eine besondere Form des Streiks verstanden, bei der die Arbeitnehmer eines Gebiets unabhängig von der Art ihrer Tätigkeit über alle Wirtschaftszweige hinweg die Arbeit nieder legen.[1] Häufig enthalten Definitionen des Generalstreiks den Begriff des „politischen Protests“, dem sich große Teile der Bevölkerung anschließen und der Handel, Verkehr, Post sowie Ver- und Endsorgung [sic!]  zum Erliegen bringt.

Kann man so leicht in einen Generalstreik treten?

Nein. Nur weil ein Meme 20.000 oder 30.000 Verteilungen auf Facebook hat, ist es noch lange nicht möglich, einen Generalstreik auszurufen. In Deutschland ist das so nicht möglich, zuvor muss es einen entsprechenden Anlass für einen solchen Arbeitskampf geben und gegebenenfalls mildere Mittel nach dem ultima-ratio-Prinzip ausgeschöpft sein, um überhaupt in einen Generalstreik treten zu können. Ebenso muss ein Generalstreik im Hinblick auf seinen Zweck ein verhältnismäßiges Mittel sein. Juristisch ist ein Generalstreik in Deutschland übrigens auch nicht vom Streikrecht gedeckt, was am Ende gar teuer für Aufrufende und Teilnehmende werden könnte!

Ein Generalstreik ist zwar in Deutschland nicht per se verboten, dieser wäre unter Umständen über den Artikel 20, Absatz 4 im Grundgesetz legitimiert. Dieser Artikel sieht jedoch wie folgt aus:

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Was bedeutet das?

Ein Generalstreik wäre in der Tat dann einsetzbar, wenn Demokratie und Freiheit ernsthaft bedroht sind. Hier geht es um wirklich ernsthafte Gefahren für die Demokratie, einfache „Merkel muss weg” Forderungen gelten da nicht. Auch ein Protest gegen die neu gebildete Regierung dürfte hier unter keinen Umständen durch Artikel 20 Absatz 4 gedeckt sein.

Solange zudem noch Wahlen möglich und eine demokratisch gewählte Regierung im Einsatz sind, sowie eine demokratische Ordnung noch vorhanden ist, dürfte ein Generalstreik nicht anwendbar sein.

Rechtsfolgen bei rechtswidrigem Arbeitskampf

An dieser Stelle geben wir nochmals einen Absatz aus der Veröffentlichung „Generalstreik – Rechtliche Bedingungen und Streikkultur im Vergleich [1, S. 7]” wieder:

Ist der Arbeitskampf oder seine Durchführung rechtswidrig, kann der bekämpfte Gegenspieler einschließlich seiner Mitglieder die kämpfende Organisation und deren Mitglieder auf Unterlassung in Anspruch nehmen.[27] Dieser Anspruch kann im Wege der Klage oder im einstweiligen Verfügungsverfahren durchgesetzt werden. Zuständig sind die Arbeitsgerichte. Außerdem kommen Schadensersatzansprüche gegenüber dem Verband sowie dessen Funktionäre in Betracht, wobei ein Verschulden vorausgesetzt wird. Dies wird dann verneint, wenn die Auseinandersetzung um tariflich regelbare Ziele geführt wird, deren Zulässigkeit in der Rechtswissenschaft umstritten ist.

Klartext

Zu einem Generalstreik unter Hilfenahme eines Memes aufrufen, ohne den Anlass, dass die demokratische Grundordnung in irgendeiner Weise gefährdet ist, ist am Ende natürlich nichts anderes als ein sinnloser Kettenbrief.

Und übrigens: wer sich grundlos krankschreiben lässt, muss mit arbeitsrechtlichen und strafrechtlichen  Folgen rechnen! Das kann rein rechtlich sogar in einer fristlosen Kündigung enden.

Update: An dieser Stelle dürfen wir auf den Bericht von Lars Wienand verweisen, welcher unter dem Titel: „Mysteriöser Massenaufruf. Rechtsextreme und Putin-Fans im Generalstreik-Fieber“ am 2.4.2018 veröffentlicht wurde!

Verweise:

  • „Generalstreik – Rechtliche Bedingungen und Streikkultur im Vergleich[1]”
  • In Deutschland illegal: der Generalstreik [2]
  • Blaumachen und die Folgen [3]
  • DeJure Strafgesetzbuch § 279 [4]
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