Die Gewerkschaft Verdi bezeichnet Arbeitsbedingungen des deutschen Lösch-Teams von Facebook als „prekär“.

Befristete Verträge, Stundenlöhne unter 12 Euro, dichte Leistungskontrollen und hohe psychische Belastung sind die Hauptgründe für diese Einstufung. Rund 1.000 Angestellte prüfen im Berliner Löschzentrum des Dienstleisters Majorel rund um die Uhr Posts auf Facebook auf Verstöße gegen die Facebook-Standards.

„Irgendjemand muss diesen psychisch belastenden Job machen, aber dann müssen wenigstens die Arbeitsbedingungen vernünftig sein“, kritisierte der für den Betrieb zuständige Verdi-Sekretär Hauser.

Die Einstiegsgehälter bei Majorel belaufen sich auf 24.000 bis 25.000 Euro pro Jahr, die Arbeitsverträge sind meist auf nur ein Jahr befristet und werden danach zwei mal um ein halbes Jahr verlängert. Mit dieser Anstellung sei es für die Mitarbeiter sogar schwer, eine Wohnung zu finden,  da es durch die aktuelle Mietsituation schwierig ist, unter diesen Voraussetzungen den Vorgaben und Vorstellungen der Vermieter gerecht zu werden.

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Unter den Mitarbeitern finden sich viele Akademiker, deren Abschluss in Deutschland nicht anerkannt werde. „Facebook und Majorel nutzen das aus.“ Auch werden Mitarbeiter oft überraschend vor vollendete Tatsachen gestellt, so werden zum Beispiel Aufgaben eingestellt oder an andere Dienstleister übergeben. Ende November haben durch ein solches Vorgehen acht bis zehn italienischsprachige Mitarbeiter ihren Job verloren, da die Moderation italienischer Inhalte aus Berlin verlagert wurde.

Majorel äußerte sich dazu, dass für die betroffenen Mitarbeiter „in Abstimmung mit der Arbeitnehmervertretung sozialverträgliche Lösungen gefunden“ wurden.
Eine Sprecherin von Majorel sagt weiter: „Man biete im Bereich Content Moderation ein attraktives Gehaltspaket, das deutlich über dem Branchendurchschnitt und dem Mindestlohn liegt“. Bezüglich der Befristungen der Arbeitsverträge hat Majorel sich nicht geäußert.

Befristete Arbeitsverträge bei 11,20 Euro pro Stunde

Das zweite große Löschzentrum von Facebook befindet sich in Essen und wird vom Dienstleister CCC betrieben. Hier herrschen ähnliche Bedingungen wie bei Majorel. Als neuer Mitarbeiter darf man mit einem Verdienst von 11,20 Euro pro Stunde rechnen, gibt ein Ex-Mitarbeiter gegenüber heise online an. Angestellt wird man hier fast ausschließlich befristet. Man darf sich über satte 20 Tage Urlaub im Jahr „freuen“.

Auf Anfrage hin bestätigte CCC das genannte Einstiegsgehalt von 11,20 Euro pro Stunde. CCC betont, dass es „umfangreiche Zulagen wie z.B. Wochenend-, Feiertags- und Nachtschichtzulagen“ gebe. Damit überschreite man den Mindest- und branchenüblichen Lohn „deutlich“.

Monitoring über jede einzelne Sekunde?

Hohen Druck bei der Arbeit gibt es durch konstante Überwachung. Eine eigens entwickelte Software erlaubt es, den Teamleitern, immer über die Tätigkeiten ihrer Mitarbeiter informiert zu sein. So gibt es hier verschiedene Stati, in denen sich die Mitarbeiter befinden, wie z.B. „in production“, was bedeutet, dass sie bei der Arbeit sind. Auch Pausen oder Schulungszeiten werden gezeigt. Bewegt ein Mitarbeiter acht oder neun Minuten lang seine Maus nicht oder gibt nichts auf der Tastatur ein, wird er Status „unavailable“ gezeigt. Auch die Anzahl der Moderationsentscheidungen wird laufend getrackt, auch werden Stichproben zur Fehlerquote genommen. Diese Angaben werden von einem zweiten Ex-Mitarbeiter bestätigt.

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Arbeitgeber dürfen die Leistung ihrer Mitarbeiter in einem gewissen Umfang prüfen, doch darf es nicht zu einer Totalüberwachung kommen. Darauf deutet bei dem System allerdings „einiges hin“, sagte ein Sprecher der Berliner Beauftragten für den Datenschutz. CCC selbst äußerte sich zu diesen Kontrollabläufen nicht.

Facebook bestätigte auf Anfrage, dass die Entlohnung deutlich über dem Branchenschnitt und Mindestlohn liege. Es gebe keine Vorgaben der Anzahl zu prüfender Beiträge in einer bestimmten Zeitspanne.

„Das Wohlergehen aller Mitarbeiter und die Qualität ihrer Arbeit sind ein wichtiges Thema für uns, an dem wir kontinuierlich arbeiten“, sagte ein Sprecher.

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Quelle: heise.de
Artikelbild: Shutterstock / Von Aaron-Schwartz


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