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„Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!!11!1!!“ – Nein, lieber Heinz-Günther, das darf man nicht. Was lange Zeit nur als unangebracht und moralisch nicht zu vertreten galt, wird durch ein neues Gesetzespaket zur Straftat.

Das Anfang April in Kraft getretene Paket weitet einige Paragrafen des Strafgesetzbuches aus und geht damit gegen Hass und Hetze im Netz vor.

Kommentare in sozialen Netzwerken haben strafrechtliche Konsequenzen

Jeder, der sich die Kommentarspalten in sozialen Netzwerken durchliest, hat mit Sicherheit schon den ein oder anderen Beitrag gelesen, bei dem sich einem der Magen umdreht. Sogar unter Klarnamen machen hier manche ihrem Ärger in einer Form Luft, die im realen Leben kaum denkbar wäre. Von Gewaltandrohung über übelsten Rassismus bis hin zu Vergewaltigungswünschen ist alles dabei. Solche Äußerungen hatten bislang nur in wenigen Fällen Konsequenzen, aber das soll das „Gesetzespaket gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität“ nun ändern.

Bedrohung

Dafür wurde unter anderem der Bedrohungsparagraf (§241 StGB) ausgeweitet, wodurch nicht nur Morddrohungen, sondern auch Drohungen gegen „die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen Sachen von bedeutendem Wert, die sich gegen die Betroffenen oder ihnen nahestehende Personen richten“ unter Strafe gestellt. Bis zu zwei Jahren Gefängnis drohen also Menschen, die Beiträge, wie „Dir hau ich aufs Maul“ posten.

Belohnung und Billigung von Straftaten

Auch Paragraf 140 StGB, der die „Belohnung und Billigung von Straftaten“ beschreibt, wurde erweitert. Dadurch werden auch sogenannte Wunschäußerungen, die laut Josephine Ballon, Juristin bei der gemeinnützigen Organisation „HateAid“, gerne als Schlupfloch genutzt wurden, strafbar. Beispiele von Wunschäußerungen sind unter anderem solche, die einer Frau wünschen, sie vergewaltigt zu sehen.

HateAid hilft Betroffenen

HateAid unterstützt seit 2017 Betroffene von Hass und Hetze im Internet und bietet bei Bedarf sogar Prozesskostenfinanzierungen an. Zu den Betroffenen gehören laut Ballon beispielsweise „Extremismuswissenschaftlerinnen, Journalistinnen, Menschen aus der LGBTQ-Community oder Kommunalpolitikerinnen“. Bislang habe HateAid rund 700 Fälle bearbeitet.

Üble Nachrede gegen Personen des politischen Lebens

Insbesondere seit Beginn der Corona-Pandemie habe die Organisation vermehrten Zulauf, unter anderem von vielen Kommunalpolitikern, die sich Bedrohungen und Beleidigungen ausgesetzt sehen. Dies sei laut Ballon „ein bedrohliches Szenario für die Demokratie“ und spielt damit auch auf den Ex-Bürgermeister von Tröglitz, Markus Nierth, an, der 2015 nach Drohungen von Nazis von seinem Amt zurückgetreten war. Aus diesem Grunde wurde auch Paragraf 188 StGB, „Üble Nachrede gegen Personen des politischen Lebens“ angepasst, sodass dieser nun auch Kommunalpolitiker miteinbezieht.

Aufgrund des Anstiegs antisemitischer Straftaten sollen Tatmotive, die antisemitisch begründet sind, zudem insgesamt strafschärfend bewertet werden.

Hass melden statt Löschen

Die geplanten Änderungen würden laut Christoph Hebbecker, Staatsanwalt in Nordrhein-Westfahlen an der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime (ZAC NRW), „die Strafverfolgung im Bereich der digitalen Hasskriminalität grundlegend verändern“. Ab 2022 sollen potenziell strafbare Postings nicht mehr gelöscht, sondern durch die sozialen Netzwerke unter Weitergabe der IP-Adresse des Verfassenden an das BKA gemeldet werden. In der Vergangenheit hätte sich insbesondere das Weitergeben benötigter Daten als schwierig erwiesen, wodurch viele Taten nicht weiterverfolgt werden konnten.

Gesetzespaket bringt auch Herausforderungen

Hebbecker befürchtet allerdings, dass aufgrund der prognostizierten 250.000 Meldungen jährlich, nicht alle abgearbeitet werden könnten. Jede Meldung müsse auf strafrechtliche Relevanz geprüft werden. Zudem sei er gespannt, ob die sozialen Netzwerke ihrer Meldepflicht nachkommen werden.

Grundsätzlich erhoffen sich Hebbecker und Ballon von den Gesetzesänderungen einen „Abschreckungseffekt“, und dass dadurch gezeigt werde, dass beispielsweise Volksverhetzungen und Drohungen auch digital Konsequenzen haben. Beide sehen aber auch die Herausforderung dabei, die Strafverfolgung „möglichst grundrechtschonend“ unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit und dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung durchzuführen.

Auch sei durch die Meldepflicht der sozialen Netzwerke möglich, dass User beispielsweise wegen satirischer Karikaturen unbegründet an das BKA gemeldet werden könnten. Die Gesetzesänderungen sollten nicht dazu führen, dass Menschen generell befürchten sollen, sich in sozialen Netzwerken zu äußern.

Schritt in die richtige Richtung

Insgesamt sei das Gesetzespaket als Schritt in die richtige Richtung zu werten. Man dürfe laut Hebbecker allerdings nicht nur auf die Regeln verweisen, sondern müsse diese auch durchsetzen.

Ballon rät Betroffenen oder Zeugen von digitaler Gewalt abschließend, sich an Beratungsstellen zu wenden (beispielsweise über die App „MeldeHelden“ von HateAid, LINK: MeldeHelden – HateAid). Dies sei unter anderem wichtig, damit solche Fälle in Statistiken auftauchen und ein Handlungsbedarf abgeleitet werden könne.

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Quelle: t-online.de
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