Musliminnen verprügeln Frau, weil sie Bikini trug – Wirklich?
Autor: Ralf Nowotny
Ende Juli, Frankreich, Reims, Stadtpark. Eine Prügelei zwischen zwei Mädchen eskaliert, die Polizei wird schnell hinzugezogen.
Durch Zeugen wird schnell klar, dass die meisten Mädchen Musliminnen sind. Ein Mädchen wurde augenscheinlich angegriffen, weil sie einen Bikini trug, was eine Muslimin offensichtlich störte. Doch war das wirklich der Grund?
Wenn etwas geschieht, müssen Reporter sehr schnell sein. Die wichtigsten Fakten zusammentragen, evtl. noch Aussagen sammeln, schreiben, ab in den Druck oder online damit. Dass es dann noch Lücken in einer Geschichte gibt, ist normal. Leider füllen diese Lücken dann oftmals die Leser mit ihrer Fantasie.
Ein Trend entsteht
Am 26. Juli 2015 war es „The Independent“, die als eine der ersten News-Seiten von dem Vorfall berichtete. Deren Überschrift war „Öffentlicher Aufruhr, nachdem eine Französin von einer Gang verprügelt wurde, weil sie einen Bikini im Reims Park trug“.
Weiter heißt es dort, dass die Angreifer von der Polizei noch nicht identifiziert wurden, jedoch die meisten Bobachter aussagten, dass es sich um Muslime handelte, das Opfer jedoch sagte, dass sie nicht wüsste, ob der Angriff religiös motiviert war. Flugs gab es einen spontanen Protest im Park, an dem Frauen in Bikinis gegen diesen Angriff protestierten. Allerdings fanden sich nur etwa ein Dutzend Frauen ein, da es an diesem Tag sehr windig und leicht regnerisch war.
Social Media Aktivisten kann das Wetter jedoch egal sein, so schwappte nun eine Welle von Bikini-Fotos mit dem Slogan „Ich trage meinen Bikini im Park“ über Twitter.
Die fünf Angreiferinnen im Alter von 16-24 Jahren wurden schnell verhaftet, die drei Volljährigen müssen sich im September vor Gericht verantworten. Zu diesem Zeitpunkt nannte die Polizei noch nicht die Namen der Angreiferinnen, jedoch war bekannt, dass sie in einer Gegend mit hoher muslimischer Einwohnerzahl kommen.
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Die Welle schwappt nach rechts
Es gab also noch keine gesicherten Fakten, da sprangen auch schon die ersten Hetzseiten auf die Meldung an, zuerst in England, dann in Deutschland, als „Beweis“, dass radikale Islamisten so das Sharia-Gesetz (Frauen nur in Burkas) durchsetzen wollen.
48 Stunden später – Die Fakten
Zwei Tage später, am 28. Juli 2015, lagen den Presseorganen nun der offizielle Polizeibericht vor, worüber dann auch „The Independent“ und „Daily Mail“ berichteten. Das Problem: „The Indepedent“ schrieb einen komplett neuen Artikel, während „Daily Mail“ nur ihren alten Artikel weit unten ergänzte und die Überschrift nicht änderte. Und auf jenen Artikel der Daily Mail bezieht sich auch der Artikel des Blogs „Unzensuriert“.
Angelique Sloss, das Opfer, sonnte sich demnach in jenem Park im Bikini, während sich Nesrine Mook, die Hauptangreiferin, im selben Park im Badeanzug sonnte. Nesrine sagte nun zu Angelique „Zieh dir was an, es ist kein Sommer“, worauf Angelique mit „Wenn ich dich so ansehe, weiß ich, warum du keinen Bikini tragen kannst“ antwortete. Und dann ging der Streit schon los.
Nachdem nun also alle Beteiligten befragt worden sind, konnte die Polizei zweifelsfrei feststellen, dass der Streit und die folgende körperliche Auseinandersetzung nicht religiös motiviert, sondern ein fast typischer „Zickenkrieg“ zwischen jungen Mädchen war, der eskalierte.
Fazit:
Eine Auseinandersetzung zwischen Mädchen, teilweise Muslime. Eine missverständliche und noch lückenhafte Meldung. Ein Social Media Trend als Folge. Seiten, die die Meldung nach ihrem Gutdünken interpretieren. Mehr braucht es nicht, um eine „Welle der Empörung“ zu erzeugen.
Gewisse Seiten im Hetz, ich meine im Netz, machen so etwas gerne. Man erinnere sich an den Amokfahrer wenige Wochen zuvor, von dem, obwohl noch nichts von seiner Identität bekannt war, rechtsgeneigte Seiten bereits behaupteten, er sei kurz vorher zum Islam übergetreten und hätte während der Schüsse „Allahu akbar“ (Allah ist groß) gerufen. Nachdem es Bilder der Verhaftung gab, wurde auch noch dreist behauptet, die Polizei hätte ihm noch schnell den Bart und die Haare abrasiert. Macht Sinn. Nicht.
Gibt es religiös motivierte Streits und Auseinandersetzungen? Natürlich.
Gibt es radikale Muslime, die so etwas provozieren? Ja. Genauso wie es auch radikale Andersgläubige gibt.
Werden auch weiterhin Meldungen kommen, bei denen sofort der Religion die Schuld gegeben wird? Mit Sicherheit. Denn Religion war schon immer ein Pulverfass zwischen Menschen.
In diesem Fall jedoch hatte Religion nichts damit zu tun. Auch wenn mancher das gerne so hätte, um weiter die üblichen Stammtischparolen brüllen zu können.
Autor: Ralf, mimikama.org
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