Nein, muslimische Eltern fordern keinen Rückzug von Schweinefleisch
Seit einem Jahrzehnt treibt eine hartnäckige Falschmeldung in vielfältigen Varianten ihr Unwesen im digitalen Raum: Ein angeblicher Brief eines Bürgermeisters, der an muslimische Eltern gerichtet sein soll, behauptet, dass Schweinefleisch untrennbarer Bestandteil der Kultur sei und daher nicht aus dem Speiseplan der örtlichen Schulkantine gestrichen werde.
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Bürgermeister belehrte nie muslimische Eltern über Schweinefleisch in Schulkantinen und die überraschende Wahrheit hinter dem scheinbar wiederkehrenden Skandal
Wir leben in einem Zeitalter, in denen Informationen in Sekundenschnelle durch das Internet rasen und sich wie ein Lauffeuer verbreiten können. Doch was passiert, wenn sich eine Nachricht beharrlich über Jahre hinweg behauptet, obwohl sie längst als falsch enttarnt wurde? Willkommen in der Welt des Internet-Hoaxes, in der ein Kettenbrief seit einem Jahrzehnt die Runde macht und die Gemüter erhitzt. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, wie hartnäckig Falschmeldungen sein können und warum es wichtig ist, auch in Zeiten der viralen Verbreitung auf Faktenchecks zu setzen.
Der mysteriöse Anfang: Kanada, 2013
Es begann alles vor zehn Jahren im schönen Kanada, genauer gesagt in der Stadt Dorval, einem Vorort von Montreal. Die Geschichte klang schockierend: Muslimische Eltern sollen gefordert haben, Schweinefleisch aus den Schulkantinen zu verbannen. Doch wie konnte eine solche Geschichte überhaupt entstehen?
Vom Ahnenforschungs-Hoax zum globalen Phänomen
Der Ursprung des „Muslimische Eltern fordern den Rückzug von Schweinefleisch“- Hoaxes liegt in Kanada, wo er seinen Anfang als scheinbar harmloser Scherz nahm. Doch mit der Zeit entwickelte er sich zu einer regelrechten Falschmeldung, die ihre Reise um die Welt antrat. In den folgenden Jahren tauchte der Kettenbrief immer wieder auf, wanderte von Kanada in die Niederlande, nach Frankreich und landete nun schließlich auch in Österreich.
KANADA: Muslimische Eltern haben gefordert, Schweinefleisch aus den Schulkantinen zu verbannen.
FRANKREICH: Muslimische Eltern haben gefordert, Schweinefleisch aus allen Schulkantinen in einem Vorort von Metz Borny zu verbannen.
NIEDERLANDE: Muslimische Eltern „fordern“ den Rückzug von Schweinefleisch aus einer Schule in einer Stadt in den Niederlanden.
ÖSTERREICH: Muslimische Eltern „fordern“ den Rückzug von Schweinefleisch aus einer Schule in einer Stadt irgendwo in Österreich
Die Formel blieb gleich: Muslimische Eltern „forderten“ den Rückzug von Schweinefleisch aus den Schulkantinen, und der jeweilige Bürgermeister antwortete mit einem scheinbar strengen Statement zur Integration.
Die Macht der Wiederholung und Emotion
Aber warum hält sich der Hoax so hartnäckig? Die Antwort könnte in der menschlichen Psychologie liegen. Die Kombination aus Kontroversen, Identitätsfragen und Emotionen macht diese Geschichte zu einem perfekten Kandidaten für das Teilen und Weiterverbreiten. Die Empörung über vermeintliche Forderungen und die vermeintliche Standhaftigkeit der Bürgermeister verstärken das Bedürfnis, die Nachricht mit anderen zu teilen.
Die Wahrheit ans Licht gebracht: Faktenchecks und Aufklärung
Doch die Realität sieht anders aus. Bereits vor Jahren, im Jahr 2015, dementierte die Stadt Dorval die Falschmeldung und betonte, dass der Bürgermeister nie eine solche Stellungnahme abgegeben hatte.
Kurz der Inhalt dieses Dementis: Der Bericht bezieht sich auf die angebliche Aussage des Bürgermeisters und die Geschichten, die sich um diese Aussage gebildet haben. Die Stadt Dorval und auch der Bürgermeister, der die Aussage gemacht haben soll, stellen klar, dass diese Aussagen falsch sind und weder vom Bürgermeister noch von einem Mitarbeiter der Stadt gemacht wurden. Der Zeitungsbericht hält die Geschichte für einen Hoax, der nach eigener Überzeugung aus den USA stammt und dessen ähnliche Worte bereits 2013 von einem belgischen Bürgermeister geäußert worden sein sollen. Auch dies war ein Hoax, der sich weltweit verbreitete.
Dennoch ignorierten viele Internetnutzer diese Klarstellung und teilten den Kettenbrief weiterhin, als wäre er wahr. Hier zeigt sich die Gefahr von Falschmeldungen und die Bedeutung von Faktenchecks. Die Wahrheit kann unterdrückt werden, aber sie wird sich letztendlich ihren Weg bahnen.
Die einzelnen Kettenbriefe als Wortlaut
Fazit
Über fast zehn Jahre hinweg hat sich eine gefälschte Nachricht hartnäckig durch die Weiten des Internets bewegt, ihre Identität verändert und sogar Landesgrenzen überschritten. Dieser Vorfall ist ein Mahnmal für die verheerende Kraft von Falschmeldungen, die sich in den Köpfen der Menschen festsetzen können, auch wenn sie längst als unhaltbare Unwahrheit entlarvt wurden.
In einer Zeit, in der Nachrichten in Sekundenschnelle verbreitet werden, sind Faktenchecks und kritisches Denken unverzichtbare Werkzeuge. Es liegt an jedem von uns, sorgsam zu prüfen, bevor wir Informationen teilen oder akzeptieren. Der Fall des wiederkehrenden Hoaxes erinnert uns daran, dass die Wahrheit zwar Zeit brauchen kann, um ans Licht zu kommen, aber am Ende doch triumphiert.
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