Nein, COVID-19 wird nicht durch Schlangengift im Trinkwasser ausgelöst

Angeblich soll COVID-19 durch Schlangengift im Trinkwasser ausgelöst werden – behauptet zumindest der ehemalige Chiropraktiker und Akupunkteur Dr. Bryan Ardis.

Autor: Ralf Nowotny

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Die Behauptung

SARS-CoV-2 sei in Wirklichkeit Schlangengift im Trinkwasser, und möglicherweise sei dieses Schlangengift bereits in vorherigen Grippeimpfungen gewesen.

Unser Fazit

Die Behauptung, es befände sich Schlangengift im Trinkwasser und in den Impfungen, welches der eigentliche Auslöser für COVID-19 sei, entbehrt jeder wissenschaftlichen und logischen Grundlage.

Am 11. April erschien auf der Videoplattform „Rumble“ (archiviert HIER) ein einstündiges Interview mit Dr. Bryan Ardis, einem Chiropraktiker im Ruhestand. Neben diversen Verschwörungsmythen über COVID-19 brachte er auch eine Behauptung mit ein, die dann auch begeistert von den hiesigen Coronaleugnern und Impfgegnern aufgegriffen wurde: SARS-CoV-2 sei in Wirklichkeit Schlangengift im Trinkwasser, und möglicherweise sei dieses Schlangengift bereits in vorherigen Grippeimpfungen gewesen.
Dieser Verschwörungsmythos ist allerdings sehr löchrig und wissenschaftlich nicht haltbar.

Die Behauptung

In der ersten halben Stunde des Interviews, wiederholt Dr. Bryan Ardis, Chiropraktiker und Akupunkteur im Ruhestand, der online angebliche Akne-Heilmittel verkauft, diverse Verschwörungsmythen, beispielsweise das Remdesivir, ein Medikament, welches bedingt als Arzneimittel bei COVID-19 Patienten eingesetzt wird, eine Sterberate von 53 Prozent habe, verschweigt aber, dass seine Grafiken von einer Ebola-Studie aus dem Dezember 2019 stammen und die Patienten eben an Ebola starben, nicht an dem Medikament.

In der zweiten Hälfte des Videos behauptet Ardis dann, dass die Pandemie in Wirklichkeit ein Komplott der katholischen Kirche und der US-Zentren für Seuchenkontrolle und -prävention ist, um Menschen mit Schlangengift zu vergiften, welches sich im Trinkwasser befinden soll. Als „Beweis“ führt er unter anderem einen COVID-19-Schnelltest an Trinkwasser durch, der positiv anzeigt (was allerdings kein Beweis ist, wir berichteten bereits im April 2021 über diese Falschbehauptung).

Aber auch andere „Beweise“ werden von Ardis aufgeführt, beispielsweise eine Studie vom August 2021 (siehe HIER), in der untersucht wurde, ob ein Klapperschlangengift ähnliches Enzym, welches bei schwer erkrankten COVID-19 Patienten häufig beobachtet wurde, ein wichtiger Faktor bei der Vorhersage der COVID-19-Sterblichkeit sein könnte. Was es aber damit in Wirklichkeit auf sich hat, erklären wir gleich.

Die neue Verschwörungstheorie wurde aber begeistert von den einschlägigen Kreisen aufgenommen:

Auch ein einschlägiger Blog (archiviert HIER) unterstützt den Verschwörungsmythos und behauptet, dass es sich bei COVID-19 um einen „Angriff auf die Menschheit von satanischer Qualität“ handele. Das Virus und die Impfstoffe seien alle aus Schlangengiftmolekülen der Königskobra hergestellt worden, ihre Verbreitung sei ein geplanter Genozid.

Der Zusammenhang von SARS-CoV-2 und Schlangengift

Grundlage des Verschwörungsmythos ist, wie bereits oben erwähnt, eine Studie mit dem sperrigen Namen „Die sekretierte Phospholipase A2 der Gruppe IIA steht in Zusammenhang mit der Pathobiologie, die zur COVID-19-Mortalität führt“. In der Studie fanden Wissenschaftler der Universität von Arizona heraus, dass die Zirkulation des Enzyms Phospholipase A2 Typ IIa (sPLA2-IIa) ein wichtiger Faktor bei der Vorhersage ist, ob ein Patient an COVID-19 schwer erkrankt.

Dieses Enzym weist auch tatsächlich eine hohe Ähnlichkeit mit einem Enzym im Gift der Klapperschlange auf, was allerdings keine neue Erkenntnis ist: Bereits im Januar 2020 wurde diese Gensequenz im SARS-CoV-2 Virus entdeckt, weswegen auch vermutet wurde, dass das Originalvirus von Schlangen stamme, was sich jedoch als unwahrscheinlich herausstellte.

Allerdings kommt das Enzym auch in geringer Konzentration natürlich im menschlichen Körper vor, dort spielt es eine entscheidende Rolle bei der Abwehr bakterieller Infektionen. Bei COVID-19 allerdings scheint es besonders bei schweren Erkrankungen ungebremst vervielfacht zu werden, wodurch sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper wendet: Das Enzym zerstört Zellmembranen des Erkrankten, was schlussendlich zu multiplen Organversagen führt.

Und hier liegt nun aber auch die Chance: Das Enzym sPLA2-IIA wird bereits seit Jahrzehnten erforscht, da es auch bei schweren Entzündungen wie bakterieller Sepsis oder hämorrhagischem und kardialem Schock besonders häufig vorkommt, dessen gehäuftes Auftauchen bei COVID-19 ist also keine neue Herausforderung. Dementsprechend könnten Heilmethoden aufgrund dieser Erkenntnisse entwickelt werden, was auch eine Hoffnung für Long Covid-Patienten ist, falls sich herausstellt, dass das Enzym dabei auch eine Rolle spielt.

Die löchrige Verknüpfung

Fassen wir zusammen:
Ein bestimmtes Enzym, welches in geringer Menge auch natürlich im menschlichen Körper vorkommt, hat Ähnlichkeit mit einem Enzym in Schlangengift. Die Genomsequenz des Enzyms findet sich auch im SARS-CoV-2 Virus. Dieses Enzym vermehrt sich unkontrolliert bei schweren COVID-19-Erkrankungen.

Aus einem einzelnen Enzym, welches „nur“ Ähnlichkeit mit einem Schlangengift-Enzym hat, wird in dem Verschwörungsmythos also komplett Schlangengift, welches sich zudem auch noch im Trinkwasser und vielleicht auch noch in den Impfungen befinden soll. Da ist es doch mehr als verwunderlich, dass die Sterberate nicht sehr viel höher ist – wo ist denn nun das Massensterben der Geimpften?

Fazit

Die Behauptung, es befände sich Schlangengift im Trinkwasser und in den Impfungen, welches der eigentliche Auslöser für COVID-19 sei, entbehrt jeder wissenschaftlichen und logischen Grundlage. Die Behauptung fußt auf einer Studie, in der festgestellt wurde, dass ein dem Schlangengift ähnliches Enzym sehr gehäuft bei mit COVID-19 schwer Erkrankten auftritt. Daraus aber zu schließen, dass SARS-CoV-2 in Wirklichkeit Schlangengift sei, welches zudem dem Trinkwasser und Impfungen beigemischt wird, ist pure Fantasie.

Weitere Quellen: University of Arizona, News Medical, FactCheck, Reuters

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