TikTok verbreitet Fake News über Verhütung

TikTok – die Plattform, die für virale Trends und unterhaltsame Kurzvideos bekannt ist, entwickelt sich zunehmend zu einer gefährlichen Quelle für Fehlinformationen über Verhütung. Eine aktuelle Studie der University of Nevada hat aufgedeckt, dass ein Großteil der TikTok-Videos zum Thema Empfängnisverhütung nicht nur von geringer Qualität ist, sondern auch voller falscher und irreführender Informationen steckt. Besonders alarmierend: Diese Videos stammen meist von Personen ohne jegliche medizinische Ausbildung.

TikTok als Fake News-Schleuder: Wie Jugendliche in die Irre geführt werden

Von Dezember 2022 bis März 2023 untersuchte ein Forscherteam der University of Nevada rund 1.000 TikTok-Videos, die unter verschiedenen Suchbegriffen im Zusammenhang mit oralen Verhütungsmitteln wie der Antibabypille aufgerufen wurden. Das Ergebnis ist erschreckend! Diese Videos hatten im Durchschnitt eine Länge von nur 27 Sekunden, wurden jedoch erstaunliche 35.000 Mal angesehen. Das klingt zunächst harmlos, wäre da nicht die Tatsache, dass die überwiegende Mehrheit dieser Inhalte von Laien erstellt wurde, die keine fundierten medizinischen Kenntnisse haben.

Die Studie zeigt auch, dass 83,3 Prozent der Ersteller der Videos Frauen und 58,7 Prozent weiße Personen waren. Am häufigsten wurden die Wirkungen der Verhütungsmittel thematisiert, doch die vermittelten Informationen hatten oft wenig mit der Realität zu tun. Die Qualität und Zuverlässigkeit dieser Informationen waren erschreckend niedrig, wie die Forscher in ihrer Analyse deutlich machten.

Warum offizielle Accounts keine Chance haben

Besonders besorgniserregend ist, dass die wenigen Videos, die von echten Gesundheitsprofis erstellt wurden und fundierte Informationen bieten, kaum Beachtung fanden. Stattdessen dominieren Videos, die von Laien erstellt wurden, die Plattform und erreichen weitaus mehr Menschen. Diese Vorliebe für sensationelle und oft fehlerhafte Inhalte führt dazu, dass Fehlinformationen sich unkontrolliert verbreiten. Die Studie zeigt, dass Gesundheitsprofis 86-mal häufiger dazu neigen, Bildungsvideos zu veröffentlichen, diese jedoch im Vergleich zu weniger informativen Inhalten kaum Aufrufe, Likes oder Kommentare erhalten.

Beispiele für TikTok-Videos, die Fehlinformationen über Verhütungsmittel verbreiten:

1. Candace Owens: In einem TikTok-Video aus dem Mai 2023 mit 144.000 Aufrufen behauptete die ehemalige Daily Wire-Moderatorin Candace Owens fälschlicherweise, dass die Antibabypille Unfruchtbarkeitsprobleme verursachen könne. Diese Aussage verbreitete sich schnell und trug zur Verwirrung über die Sicherheit der Pille bei.
2. Naftali Moses: Im Dezember 2023 eröffnete der Influencer Naftali Moses ein TikTok-Video mit der Behauptung: „Verhütung ist absolut giftig für Frauen. Es verändert die Art und Weise, wie ihr Gehirn denkt.“ Dieses Video verstärkte die negative Wahrnehmung von hormonellen Verhütungsmitteln und hatte eine erhebliche Reichweite.
3. Bad Therapy Podcast: Ein weiteres Video aus dem März 2024, das 1,9 Millionen Aufrufe erzielte, argumentierte, dass die Einnahme der Pille die Art der Partnerwahl beeinflussen könne. Solche Aussagen wurden von Experten als irreführend und wissenschaftlich nicht fundiert kritisiert.
4. Riley Mae Lewis: In einem Video aus dem Juli 2023, das fast 300.000 Aufrufe erreichte, behauptete die Influencerin Riley Mae Lewis, dass Frauen auf Verhütungsmitteln Partner wählen würden, die genetisch nicht optimal für sie wären. Das Video trug den Titel „Birth Control is EVIL!“ und schürte Ängste vor hormoneller Verhütung.
5. Sahara Rose: Im Mai 2023 veröffentlichte Sahara Rose ein Video, in dem sie behauptete, dass die Pille so stark sei, dass Menschen sie „die Scheidungspille“ nannten, weil sie angeblich die Partnerwahl und die Beziehungsdynamik negativ beeinflusse. Dieses Video erreichte über 550.000 Aufrufe.

Diese Videos zeigen, wie Fehlinformationen auf TikTok verbreitet werden und welche potenziellen Auswirkungen diese auf die Wahrnehmung von Verhütungsmitteln haben können ​(Quellen: Media Matters,Nursing Review).

Die Macht der Fehlinformationen: Gefahr für junge Menschen

Die Folgen dieser Verbreitung von Fehlinformationen sind gravierend. Vor allem junge Menschen, die TikTok als primäre Quelle für Gesundheitsinformationen nutzen, laufen Gefahr, ein verzerrtes Bild von Verhütungsmethoden zu bekommen. Dies kann dazu führen, dass sie wichtige medizinische Ratschläge ignorieren oder sogar die Pille absetzen, was das Risiko ungewollter Schwangerschaften und anderer gesundheitlicher Komplikationen erhöht.

Die Studienautoren warnen davor, dass diese Situation ein großes Problem für das Gesundheitswesen darstellt. „Es ist eine große Herausforderung für Ärzte, weil Patienten mit Fehlinformationen zu uns kommen, auf deren Bedenken wir eingehen müssen“, erklärt die Gynäkologin Nadia Gomez. Gesundheitsdienstleister müssen bei der Beratung und Aufklärung ihrer Patienten berücksichtigen, dass TikTok eine enorme Menge an qualitativ schlechten Informationen über orale Verhütungsmittel verbreitet.

Fazit: Was muss sich ändern?

Diese Untersuchung verdeutlicht, wie gefährlich es ist, sich auf TikTok als Quelle für Gesundheitsinformationen zu verlassen. Die Plattform, die von Millionen von Jugendlichen genutzt wird, muss dringend stärker reguliert werden, um die Verbreitung von Fehlinformationen zu stoppen. Gesundheitsprofis sollten überlegen, wie sie ihre Reichweite in sozialen Medien verbessern können, um zuverlässige Informationen an eine breitere Öffentlichkeit zu bringen. Es ist unerlässlich, dass wir handeln, um die Gesundheit junger Menschen zu schützen und sie vor den Folgen falscher Informationen zu bewahren.

Quelle: Original Research An analysis of oral contraceptive related videos on TikTok
> Zur Studie

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