In der Falle: Die Narrative des Krieges!

Autor: Andre Wolf

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Propaganda ist dann am wirksamsten, wenn sie nicht bemerkt wird. Propaganda ist schlecht, wenn sie direkt entlarvt wird. Die Narrative der Kriegspropaganda im Ukrainekrieg liegen teilweise auf der Hand, ohne bemerkt zu werden!

Krieg in der Ukraine. Das ist ein Krieg, der auf moderne Weise in Form von hybrider Kriegsführung begangen wird. Doch was bedeutet hybride Kriegsführung in diesem Kontext eigentlich? Mit diesem Begriff ist eine Kombination aus verschiedenen Angriffen gemeint, unter anderem auch die Verwendung von Angriffsstrategien auf Social Media.
Diese Form der Kriegsführung ist nicht neu. Das deutsche Bundesministerium für Verteidigung schrieb vor längerer Zeit dazu, dass Social Media diesen Angriffen schon seit Jahren eine Menge Raum bieten. Das sehe ich ebenso und habe es auch in meinem Buch „Angriff auf die Demokratie“ recht ausführlich beschrieben. Bei dieser Form der Kriegsführung liegt das Ziel darin, nicht nur Schaden anzurichten, sondern insbesondere Gesellschaften zu destabilisieren oder die öffentliche Meinung zu beeinflussen.
Propaganda via Social Media ist genauso eine hybride Kriegsführung. Und die Propaganda lebt von ihren Narrativen. Narrative, das sind sinnstiftende Erzählungen. Geschichten, die plausibel wirken und daher glaubwürdig erscheinen. Eine Geschichte muss nur gut genug und plausibel erzählt werden, dann wirkt sie als mehr oder weniger uneingeschränkt glaubwürdig.
Und wir müssen deutlich unterscheiden: Ich rede hier nicht von einfachen Bildern oder Videos, die in einen falschen Kontext gepackt werden (sogenannte „Hybrid-Fakes“). Diese gibt es sicherlich auch zur Genüge (Beispiel HIER und HIER), doch diese Falschmeldungen lassen sich mit klassischen Mitteln des Debunkings entlarven und auch erklären.

Propaganda und Narrative im Krieg

Im Ukrainekrieg erwarten wir natürlich Propaganda. Nutzerinnen und Nutzer auf Social Media sind sich vollkommen im Klaren, dass sie auf Propaganda treffen werden. Medien haben sich vielfach allein aufgrund des Bewusstseins vor aufkeimender Propaganda in eine defensiv-aufmerksame Lage begeben, um nicht auf Falschmeldungen innerhalb der Propaganda hereinzufallen. Beide Haltungen sind löblich und vollkommen richtig, denn natürlich existiert die erwartete Propaganda. Doch ist sie auch die Propaganda, die wir erwartet haben?
Die Erwartungshaltung ist sicherlich einfach erklärt. Die liberalen und demokratische Staaten des Westens erwarten natürlich eine Propaganda Russlands, in der Russland als Opfer dargestellt wird. Eine Propaganda, welche die Geschichte eines in die Enge getriebenen Staates erzählt, der aus reiner Notwehr einen militärisch komplett unterlegenen Staat überrennt. Wir erwarten eine Propaganda, die von einem Erstschlag der Ukraine berichtet und in 1939-Manier von einem „seit 5:45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen“-Narrativ berichtet.
Das hat es sicherlich auch gegeben, aber im Großen und Ganzen ist es zum aktuellen Zeitpunkt mehr als erstaunlich, dass die erwartete Propagandamaschine Russlands im deutschsprachigen Raum irgendwie nicht bemerkbar ist. Vielleicht sogar gar nicht existent ist. Die bisherige Geschichtserzählung im Ukrainekrieg ist eine völlig andere!
Das primäre Narrativ des Krieges lautet: Russland als überlegene und ungerecht agierende Macht, ist technologisch und quantitativ weit überlegen und führt einen unmoralischen Krieg, der jedoch auf wundersame Weise stockt. Die Ukraine, unschuldiger und unterlegener kleiner Staat, der nicht in Ansätzen eine militärische Chance hat, hält tapfer und aufrichtig jeglicher Ungerechtigkeit entgegen.
Diese Geschichtserzählung kennen wir natürlich zu gut aus der Hollywood-Kultur. Es ist gleichzeitig das uralte und biblische „David gegen Goliath“ Narrativ. Ein Sympathie-Narrativ, das wir aus Kindheitstagen kennen.
Dieses Narrativ funktioniert und erweckt Emotionen. Es ist die Geschichte um die Hoffnung, dass die ehrwürdigen Unterlegenen dem bösen überlegenen Widersacher nicht nur die Stirn bieten können, sondern am Ende aufgrund ihrer moralischen Überlegenheit und einer gewissen Klugheit auch gewinnen. Ich habe in der Tat auch schon die ersten Visualisierungen dieses Narratives auf Social Media gefunden. Und es ist ein wahres Sinnbild dieser Erzählung:


Ganz wichtig an dieser Stelle: Ich will Putin und seinen Kreisen die Rolle der Aggressoren nicht absprechen. Ich sehe seit Jahren eine Gefahr in den hybriden Strategien Putins. Derzeit gibt es auch eine Reihe von Vorfällen, die am Ende durchaus als Kriegsverbrechen gerwertet werden können. Allein, dass ich mich an dieser Stelle bereits von einer möglichen Kriegsrelativierung oder Putinfreundlichkeit distanzieren muss, zeigt die Macht des aktuell bestehenden Narratives, bzw. der sehr schweren Lage, die aktuelle Situation in bestimmten Aspekten analysieren zu wollen. An dieser Stelle will ich jedoch deutlich darauf aufmerksam machen, wie sinnstiftende Erzählungen funktionieren.
Und welche möglichen Gefahren in ihnen stecken. Denn die Gefahr bei sinnstiftenden Erzählungen liegt darin, dass den Erzählstrukturen aufgrund ihrer Plausibilität Glauben geschenkt wird, auch wenn sie falsch sind. Das kennen wir aus anderen Narrativen, wie beispielsweise dem auf Social Media immer wieder auftauchenden „weißen Lieferwagen“. Im Grunde reicht es, lediglich ein Foto oder den Begriff „weißer Lieferwagen“ zu zeigen oder zu nennen. Die Symbolik erzählt ihre eigene Geschichte. Es ist die Geschichte von Kindesentführung, Diebstahl, Menschen aus Südosteuropa und am Ende eine verkappte und durchaus rassistische Erzählung von kriminellen Sinti und Roma. So funktionieren Narrative. Sie bedürfen keiner Erklärung, sie wirken aufgrund ihrer scheinbaren Plausibilität.

Social Media als Träger von Narrativen und Erzählungen

Kommen wir zurück auf den Krieg in der Ukraine. Dieser Krieg erzählt also seine Geschichte, die nicht zwingend falsch ist. Es ist eine Geschichte, die in so manchen Bildern oder Videos jedoch schwer verifizierbar oder falsifizierbar ist. An dieser Stelle knüpfen dann Narrative an, die dazu verleiten, dass bestimmte Erzählungen glaubwürdiger klingen.
Und diese Erzählungen werden auch bewusst vorangetrieben. Ein sehr eindrucksvolles Beispiel ist hier die Darstellung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Er ist in der (social-)medialen Darstellung der absolute Gegenpol zu Putin. In einer Analyse müssen wir also beide Figuren genau anschauen.
Das Putin-Narrativ ist leicht erklärt: Putin gilt allgemein als Geheimdienstmann, der mit einer gewissen Arroganz eiskalt Pläne durchführt. Der typische Bösewicht mit Kalkül, der im Zweifel über Leichen geht. In unserem KommentarAlte Feinde“ von Severin Rosenberger haben wir diese Darstellung bereits angerissen.
Demgegenüber steht der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Ein Mann, der sich unterwürfig darstellen lässt und sich in jeglicher Berichterstattung als ebenbürtiger Kämpfer neben seinen Soldaten und der Bevölkerung darstellen lässt. Tapfer, sympathisch und charismatisch.
Aber nicht zu vergessen: Er ist ein Mann, der sich mit Medien auskennt. Das ist schon fast untertrieben, denn er ist ein Mann der Bühne. Aus seinem Lebenslauf wissen wir, dass er in vielen TV-Produktionen und Unterhaltungssendungen teilgenommen hat. Er hat mehrfach in der Vergangenheit den sogenannten „Teletriumf“ Medienpreis gewonnen und weiß die Klaviatur von Social Media als Sympath zu spielen. Das wirkt nicht nur international, sondern hat auch eine Wirkung auf die Moral der eigenen Bevölkerung.
Und die Moral ist nicht unwichtig, denn die Moral der russischen Soldaten könnten hier einen enormen Rückstand haben. Eine Moral, die wesentlich schwächer ausgeprägt ist. Sicherlich, verteidigende Einheiten haben auf eigenem Territorium häufig eine höhere Moral. Und im Zusammenspiel mit einer guten Darstellung der eigenen Regierung, des eigenen Präsidenten, spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Nochmals: Es liegt meinerseits an dieser Stelle keine Intention einer abwiegelnden Relation oder Verharmlosung vor. Der Angriff Russlands auf die Ukraine ist durch nichts zu rechtfertigen und der Krieg muss beendet werden. Und zwar so, dass Putin-Russland nicht wieder so einen Angriff startet und die Menschheit auch nicht wieder blind gewütet mit Atomwaffen konfrontiert.
Wichtig ist mir jedoch der Fingerzeig darauf, wie Propaganda funktioniert und dass sie am besten funktioniert, wenn sie eine plausible Geschichte erzählt. Und dass wir hier stets aufmerksam bleiben und auch die Berichterstattung jederzeit aufmerksam bleibt.

Doch warum sehen wir keine Russland-Propaganda?

Es ist durchaus interessant, dass wir auf Social Media recht wenig deutliche pro-russische, bzw. putinfreundliche Propaganda finden. Das ist auch wenig notwendig, denn die bereits bestehende pro-Putin Propaganda wirkt schon länger und ist nachhaltig. Wir sprechen dabei von Narrativen, die häufig ohne hinterfragt zu werden als Erklärung für Putins verhalten genutzt werden.
Dabei ist die Rede von einer Nato-Aggression, die mit einer Ost-Erweiterung Putin provozieren würde. Mit einer Lagerung von Atomwaffen an Russlands Grenzen (was nicht stimmt, alle NATO-Atomwaffen befinden sich auf dem NATO-Gebiet von 1955), aber auch mit dem Vorwurf, die Ukraine würde selber Atomwaffen besitzen/bauen (wozu sie technisch jedoch gar nicht in der lage sind). Nicht zuletzt wird immer in der Argumentation ins Spiel gebracht, dass in der Ukraine „auch“ Neonazis und Rechtsextreme am Werke seien (diese Gruppierung hat bei der letzten Wahl weniger als 3% der Stimmen erreicht). Diese Narrative waren bereits vor Kriegsbeginn da und unterscheiden sich somit ein wenig von den aktuell verbreiteten Bildern aus dem Krieg.
Doch derzeit finden sich im deutschsprachigen Social-Media-Bereich weniger neue pro-Putin Narrative. In meinen Aussagen ist das sogar plausibel: Für Putin ergibt es wenig Sinn, in den sogenannten westlichen Demokratien seine Propaganda zu verbreiten. Im Gegenteil, dass würde ihn nur noch unglaubwürdiger erscheinen lassen.
Dennoch gibt es diese Propaganda und die dazu gehörige Zensur. Putin betreibt diese im eigenen Land, um damit gezielt die eigene Unterstützung zu erhalten. Die Menschen vor Ort werden nicht über den Angriffskrieg informiert, es gibt verklärte Darstellungen. Das bedeutet, viele Menschen in Russland wissen gar nicht, dass ein Angriffskrieg gestartet wurde, oder sie haben eine falsche Perspektive vermittelt bekommen (hierzu gab es in den letzten Tagen Bemühungen, die Zensur zu umgehen. Siehe HIER). Putin hat also weiterhin die eigenen Medien unter Kontrolle und ist in Russland sehr wohl in der Lage, über die eigenen Medien Propaganda zu betreiben.

Die wichtige Rolle unserer Medien!

Der Krieg ist unbestritten eine wichtige Stunde in der Berichterstattung von Medien. Aus der jüngsten Erfahrung weiß ich und kann auch bestätigen, dass viele Medien sich ihrer Aufgabe sehr bewusst sind und auch Respekt vor dem Problem der Propaganda haben. Die Situation ist schlichtweg: Die meisten (vermeintlichen) Bilder und Videos aus dem Kriegsgebiet stammen aus Social-Media-Kanälen. Das bedeutet natürlich, dass diese ausgewertet werden müssen. Wer nicht selbst vor Ort ist und nicht selbst diese Aufnahmen gemacht hat, befindet sich entsprechend in einer nachteiligen Situation.
Anhand von Details, Querverweisen, Vergleichsmaterial und auch Augenzeugenaussagen muss unbekanntes Material bewertet werden. Gerade für uns Faktenprüfer bei jedem Bild- und Videomaterial eine neue Aufgabe. Und diese Aufgabe verlangt, dass jegliche Narrative zunächst ausgeblendet werden müssen, da diese zu einem Bestätigungsfehler führen können.
Und vor allem bedeutet diese Aufgabe: Das Ergebnis eines Faktenchecks kann durchaus ein persönlich unangenehmes Ergebnis hervorbringen. Ein Ergebnis, dass entgegen des bestehenden Narratives steht. Das ist dann leider der Charakter eines Faktenchecks per se. Dies dürfte in den nächsten Tagen durchaus (weiterhin) geschehen, denn die Erfahrung aus mehreren unserer Faktenchecks zeigt, dass mehrere pro-ukrainische Darstellungen auf Social Media sich als Falschmeldungen herausgestellt haben.
Für uns, aber auch für Medien muss das bedeuten: Wir müssen jederzeit aufpassen, auf welche Art von Informationen wir stoßen. Da wir nicht vor Ort sind, müssen wir genau aufpassen, was wir vorliegen haben. Wir müssen verifizieren, sowie auch falsifizieren. Und wenn wir beides nicht können, müssen wir ohne Scham und ohne Rücksicht auf bestehende Narrative genau das mitteilen. Ganz abgesehen davon, dass wir alle das Ende des Angriffskrieges wollen.

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