Alltag einer Corona-Intensivstation

Autor: Tom Wannenmacher

Alltag einer Corona-Intensivstation
Alltag einer Corona-Intensivstation

Eine Informationen zur Arbeit des Sanitätsdienstes der Bundeswehr

Alltag einer Corona-Intensivstation: Das medizinische Personal der Intensivstationen erlebt derzeit den Kampf gegen das Coronavirus hautnah. Oberfeldarzt Dr. Kathrin Thinnes und Stabsfeldwebel Jörg Inslob behandeln Corona-Intensivpatienten und geben persönliche Einblicke. In verschiedenen Medien ist von dramatischen Zuständen auf den Intensivstationen Deutschlands zu lesen oder zu hören. Oft wird von überlastetem Personal, herausfordernden Arbeitsbedingungen oder fehlender Schutzkleidung berichtet. Bei meinem Besuch im BundeswehrZentralkrankenhaus (BwZKrhs) Koblenz hatte ich die Möglichkeit, mit Oberfeldarzt Dr. Kathrin Thinnes und Stabsfeldwebel Jörg Inslob zu sprechen. Die Fachärztin für Anästhesie- und Intensivmedizin und der Fachkrankenpfleger arbeiten auf einer Corona-Intensivstation.

Neue medizinische Herausforderung

Oberfeldarzt Dr. Kathrin Thinnes arbeitet seit 17 Jahren im Bereich der Anästhesie- und Intensivmedizin. Dies ist schon zu normalen Zeiten eine anspruchsvolle Aufgabe. Die Medizinerin hat in ihrer Laufbahn viele schwerstverletzte und lungengeschädigte Patientinnen und Patienten intensivmedizinisch betreut. Doch der Virus ist für sie eine neue medizinische Herausforderung. „Corona-Patienten folgen nicht der üblichen Behandlungsroutine vom „normalen“ zum beatmenden Patienten“, betont Thinnes. Eine Vorhersage über den Verlauf einer Beatmung ist üblicherweise relativ sicher. Aber bei einigen Corona-Patienten stabilisiert oder verbessert sich lediglich in der Anfangsphase der Beatmung der Gesundheitszustand. Doch dann verschlechtert sich abrupt die Verfassung des zu Behandelnden. Warum das so ist, weiß derzeit keiner. Dabei steht Thinnes weltweit mit Kolleginnen und Kollegen in Verbindung, die ähnliche Beobachtungen machen.

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Männer trifft das Virus schwerer

Das BwZKrhs Koblenz betreut derzeit mehrere intensivpflichtige Corona-Patienten. Der überwiegende Teil gehört zur klassischen Risikogruppe, und es sind ausnahmslos Männer. Auch das ist für Thinnes und für viele andere Intensivmediziner eine Beobachtung, die sie sich derzeit nicht erklären können. Fakt ist: Männer trifft das Virus oft schwerer als Frauen. Momentan ist die Situation auf der Station von Thinnes und Inslob entspannt. Von den Patienten sind fast alle in einem gesundheitlich stabilen Zustand. Zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten in einer Schicht. Aufgrund des deutlich höheren Pflege-und Therapieaufwandes wurde auch der Pflegeschlüssel angepasst.

Vollschutz auf der Station

Stabsfeldwebel Jörg Inslob arbeitet seit 20 Jahren im BwZKrhs Koblenz. In den vergangenen sieben Jahre in leitender Funktion für den Pflegebereich. Erst Mitte März ist er von einem Auslandseinsatz aus Mali wieder zurück. „Die Pflege hat sich verändert“, stellt Inslob nüchtern fest. Das hat mehrere Gründe. Da es keine Impfung gegen das Virus gibt, muss das Personal der Intensivstation mit Vollschutz arbeiten. „Anfänglich haben wir uns nur so umfangreich geschützt, wenn wir das Isolierzimmer betreten haben.“ Mittlerweile ist auf der gesamten Station Vollschutz zu tragen. Für Inslob hat das mehrere Vorteile: es spart Material und das Personal kann effektiver eingesetzt werden.

Schweißtreibende Arbeit

„Unser Personal erkennt man jetzt an dem Pflaster auf dem Nasenrücken“, so Inslob. Folge vom ständigen Tragen der FFP-3 Schutzmasken. Diese sitzen relativ straff auf dem Gesicht, dabei bleiben Druckstellen nicht aus. Insbesondere für die Brillenträger ist die Auswahl der richtigen Schutzbrille ein Geduldsspiel. Schließlich dürfen diese auch beim längeren Tragen nicht beschlagen. Bis zu vier Stunden arbeitet das Personal in der Schutzkleidung. Dann wird das Personal getauscht. Für das Personal ist das Arbeiten unter Vollschutz eine schwere körperliche Tätigkeit. Trotz der schweißtreibenden Arbeit ist es unter Vollschutz nicht einmal möglich, einen Schluck Wasser zu trinken. Trinkpausen und der Gang zur Toilette müssen geplant werden. Aber auch medizinische Tätigkeiten, wie das Legen von Zugängen oder das Umbetten eines beatmungspflichtigen Patienten von der Rücken- in die Bauchlage, dauert angesichts der Schutzausrüstung deutlich länger. „Je nach körperlicher Konstitution des Patienten dauert es bis zu einer halben Stunde“, erklärt Inslob.

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Angst vor dem Corona-Virus nehmen

Die Phase vor dem prognostizierten Ansturm hat das BwZKrhs bereits genutzt. Durch Umstrukturierungen erweitert die Klinik die Zahl ihrer Beatmungsplätze. Personal von Abteilungen, die mit intensivpflichtigen Patienten kaum Kontakt hatten, werden geschult. „Wir müssen dem Personal die Berührungsängste vor der infizierten Patientin oder dem infizierten Patienten nehmen und ihnen das Gefühl geben: Ihr schafft das.“ Die Bilder aus den überfüllten Krankenhäusern in Norditalien oder Spanien sind auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BwZKrhs Koblenz nicht spurlos vorbeigegangen. Insbesondere die jungen Assistenzärztinnen und -ärzte hatten anfänglich Angst, in eine Situation zu kommen, in der sie über Leben und Tod eines Menschen entscheiden müssen. Dabei orientiert sich das BwZKrhs Koblenz an den Leitlinien des Ethikrates. „Die Triage wird nie die Aufgabe des jüngsten Arztes sein und es wird auch nie die Entscheidung einer einzelnen Person sein“, betont Thinnes. Die erfahrene Fachärztin kennt aus einem ihrer 18 Auslandseinsätze die Situation, eine Triage vornehmen zu müssen. Diese wird erforderlich, wenn es zu viele Verletzte und zu wenig ärztliches Personal gibt. „Natürlich mache ich mir meine Gedanken und habe für den Worst-Case einen Weg für mich gefunden. Ob das am Ende funktioniert, wird sich dann zeigen.“ Bisher kann derzeit die gewohnte Individualmedizin im BwZKrhs Koblenz praktiziert werden. Thinnes und Inslob schätzen das Angebot der hauseigenen Psychologen, deren Expertise zu nutzen falls Gesprächsbedarf besteht.

Krise schweißt zusammen

Doch bei aller Anspannung dürfen auch die positiven Seiten in dieser Situation nicht vergessen werden. Sowohl Thinnes als auch Inslob loben die Welle der Hilfs- und Einsatzbereitschaft ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Wenn es sein muss, geht ganz viel. Dass habe ich bisher so nur in den Einsätzen erlebt“, sagt die Ärztin nicht ohne Stolz in der Stimme. Sie lobt die hohe Bereitschaft des Personals über alle Ebenen hinweg und stellt sich die Frage, warum viele Sachen vor der Krise immer so ein Kampf waren. Derzeit flutscht alles. Das sieht auch Inslob so: „Wenn ich Unterstützung benötige, bekomme ich diese, schnell und unbürokratisch.“ Der Fachkrankenpfleger für Anästhesie- und Intensivmedizin wünscht sich, dass der tolle Teamgeist auch für die Zeit nach der Corona-Krise erhalten bleibt. Doch daran will er jetzt noch nicht denken. Auf dem Rückweg zeigt sich das neue Gesicht des BwZKrhs Koblenz. Ich gehe über verlassene Flure, die sonst so belebt waren. Die Leere ist irgendwie beklemmend. Die Musik spielt nun woanders. Hinter verschlossenen Türen der Intensivstationen, bei ihrem Kampf gegen einen unsichtbaren Gegner.

Autor: Uwe Henning/Presse- Informationszentrum des Sanitätsdienstes der Bundeswehr
Artikelbild: Bundeswehr / Andreas Weidner
Weitere Informationen zur Arbeit des Sanitätsdienstes der Bundeswehr lesen Sie hier: https://www.bundeswehr.de/de/organisation/sanitaetsdienst

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