Bauernproteste in den Niederlanden: Wahrheiten, Halbwahrheiten und Falschbehauptungen

Bezüglich der Bauernproteste in den Niederlanden kursieren teilweise beunruhigende Behauptungen, die aber übertrieben oder falsch sind. Wir erklären, was da genau los ist und welche Aussagen wahr, halbwahr oder falsch sind.

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Autor: Ralf Nowotny

Bauernproteste in den Niederlanden: Wahrheiten, Halbwahrheiten und Falschbehauptungen

Bereits seit mehreren Wochen protestieren Bauern in der Niederlanden gegen geplante Umweltauflagen, welche zum Aus für rund 30 Prozent der Viehbetriebe führen würde. Worum es genau geht, welche Behauptungen wahr, halbwahr oder falsch sind und wie eine umstrittene Organisation diese Proteste nutzen, wollen wir hier aufdröseln.

Warum protestieren die Bauen in den Niederlanden?

Die niederländische Regierung hat beschlossen, die Emissionen von Stickstoff, welche in dem Land seit Jahrzehnten zu hoch sind, bis 2030 radikal zu reduzieren: landesweit um rund 50 Prozent, in der Nähe von Naturschutzgebieten um mehr als 70 Prozent.

Das Problem: Laut Berechnungen der Behörden ist hauptsächlich die Viehzucht für das Stickstoffproblem verantwortlich. In den Niederlanden gibt es 53.000 landwirtschaftliche Betriebe, sie gehören zu den weltweit größten Exporteuren von Agrarprodukten. Bei einer Durchsetzung der geplanten Umweltauflagen müssten rund 30 Prozent der Betriebe schließen, also rund 15.900 Betriebe – die sehr oft seit Jahrzehnten in Familienbesitz sind.

Besonders Betriebe, die in der Nähe von stickstoffsensiblen Naturgebieten liegen, können dann sogar von der Regierung zur Aufgabe der Betriebe gezwungen werden, was verständlicherweise für Unmut bei den Bauern sorgt.

Herrscht in den Niederlanden jetzt Bürgerkrieg?

Nein.
Besonders auf Telegram und YouTube stapeln sich Beiträge und Videos, die brennende Heuballen und randalierende Menschen zeigen, gepaart mit der Behauptung, dass in den Niederlanden nun Bürgerkrieg wäre; uns erreichten auch Anfragen, ob es nun überhaupt sicher wäre, Urlaub in den Niederlanden zu machen.

Tatsächlich zündeten Bauern auch Heuballen an, tatsächlich gibt es auch randalierfreudige Menschen, die das aufgeheizte Klima für sich ausnutzen, doch einen Bürgerkrieg gibt es nicht. Unsere Mitarbeiterin Janine, eine in Deutschland lebende Niederländerin, hat sich selbst davon überzeugt: Die Proteste sind nur sehr ortsbezogen, doch man kann ohne Probleme in die Niederlande ein- und ausreisen, ohne brennenden Heuballen und protestierenden Bauern ausweichen zu müssen.

Sind ein Großteil der Autobahnen in den Niederlanden gesperrt?

Nein.
Je nachdem, wo die Bauern protestieren, haben diese auch Autobahnen blockiert, weswegen es klug ist, sich vor der Anreise genauer zu informieren, doch es ist nicht so, dass die Niederlande „abgeriegelt“ sei, wie behauptet wird und man weder rein noch raus könne.

Schoss die Polizei mit scharfer Munition auf einen 16-Jährigen?

Ja.
Sowohl in den Niederlanden, als auch in Deutschland wurde über den Vorfall berichtet. Am 5. Juli spitzte sich nach Angaben der niederländischen Polizei die Lage zu, als auf einer Autobahnauffahrt bei Heerenveen mehrere Trecker auf die Polizisten und deren Autos zusteuerten.

Die Polizisten sollen Warnschüsse und auch gezielte Schüsse abgefeuert waren, dabei wurde auch der Traktor getroffen, den der 16-Jährige fuhr. Laut Aussage der Mutter des Jungen war er auf dem Heimweg, stieß auf die Polizeisperre und wollte an der Auffahrt zur A32 über die Böschung die Sperre umfahren, als auf ihn geschossen wurde.

Weiter beschwerte sich die Mutter darüber, warum dann nicht auf die Reifen des Traktors geschossen wurde, sondern in die Nähe der Kabine, wodurch der 16-Jährige leicht hätte getötet werden können.

Der 16-Jährige wurde zwar wegen versuchtem Totschlags verhaftet, jedoch kurze Zeit später wieder freigelassen, das Verfahren gegen ihn wurde eingestellt.

Nehmen auch deutsche Bauern an den Protesten teil?

Ja.
Aus Solidarität haben sich deutsche Bauern den Protesten in den Niederlanden angeschlossen. Aufgrund dessen kursieren Videos von Traktoren mit deutschen Flaggen und der unterschwelligen Behauptung, dass nun auch in Deutschland die Bauern protestieren würden, was jedoch nicht wahr ist, so sieht man in einem der verbreiteten Videos recht deutlich niederländische Verkehrsschilder und Unternehmer-Fahrzeuge.

Auch werden häufig immer wieder die Videos verbreitet, in denen die Stimmung aufgeheizt ist und junge Leute beispielsweise gegen Polizeiwagen treten, jedoch laufen die meisten Proteste recht friedlich ab, wie beispielsweise hier zu sehen ist:

Umstrittene Unterstützung der „Farmers Defence Force“

In sämtlichen Artikeln zu den Protesten der Bauern wird auch immer wieder die „Farmers Defence Force“ genannt, die mehrere der Proteste organisieren und zu Protesten aufrufen, beispielsweise gegen die Inhaftierung des 16-Jährigen. Laut eigener Darstellung sei sie 2019 gegründet worden, um die Rechte aller Personen und Einrichtungen im Agrarsektor zu fördern und wahrzunehmen.

Doch bereits kurz nach der Gründung der „Farmers Defence Force“ fiel der Gründer Mark van den Oever unangenehm auf: Durch sein kompromissloses, rüpelhaftes und bisweilen umstrittenes Verhalten wurde Mark van den Oever zum Aushängeschild der Widerstandsbewegung der Bauern, so verglich er beispielsweise die Behandlung der Landwirte mit der Verfolgung der Juden im Dritten Reich.

Mark van den Oever sieht sich selbst als „auf der rechten Seite des politischen Spektrums“, würde aber selbst nicht in die Politik gehen. Auch bei den jetzigen Protesten hält sich van den Oever mit radikalen Äußerungen und indirekten Drohungen gegen die Landwirtschaftsministerin Christianne van der Wal-Zeggelink nicht zurück:

In einem Interview sagte er beispielsweise, dass es durchaus passieren könnte, dass „noch viel mehr Bauern zum Haus der Stickstoffministerin spazieren könnten“ und ihre Kinder „Weicheier“ seien, da sie laut Aussage ihrer Mutter Angst hatten, als eine Gruppe von Bauernaktivisten eine Woche zuvor vor dem Haus standen. Auch verglich er erneut die Situation der Bauern mit den Juden im Dritten Reich.

Die Anhänger der „Farmers Defence Force“ sind ebenfalls nicht gerade zimperlich mit ihren Aktionen: Sie „besuchten“ das Haus eines Politikers der sozial-liberalen Partei D66, die das Verhalten van de Oevers kritisierten, schmierten den Namen des GroenLinks-Politkers Jesse Klaver auf einen Sarg und drohten verschiedenen Ministern und Abgeordneten auf Facebook mit dem Tod.

Fazit

Die Bauernproteste haben sicherlich ihre Berechtigung, da die Existenz sehr vieler Landwirte durch die Maßnahmen auf dem Spiel steht, ohne dass ihnen vernünftige Alternativen geboten werden. Die Regierung sucht nun das Gespräch mit den Bauern, doch viel Bewegung gab es diesbezüglich noch nicht.

Währenddessen wird die Stimmung weiter aufgeheizt: Traktoren blockieren teilweise auch die Zufahrten der Lager von großen Supermarktketten, weshalb diese nicht beliefert werden können. Und mittendrin immer wieder Aktionisten der „Farmers Defence Force“, die durch Videos des Gründers Mark van den Oever sich aufgestachelt fühlen, wobei er selbst sagt, nichts mit den Aktionen zu tun zu haben.

Weitere Quellen: Vee & Gewas, taz, proplanta

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