Giftwarnung für Hunde im Prater? Nein, das ist eine Fehlinterpretation!

Autor: Andre Wolf

Giftwarnung für Hunde im Prater? Nein
Giftwarnung für Hunde im Prater? Nein

Falschmeldungen sind nicht immer boshafter Natur, sondern sind oft auch falsch interpretierte Beobachtungen. So wie die Giftwarnung im Prater.

Mit diesem Artikel werde ich mich wahrscheinlich sehr, sehr unbeliebt machen. Wahrscheinlich wird mir auch Relativierung vorgeworfen. Vielleicht wird mir auch vorgeworfen, dass ich lügen würde. Doch dem ist nicht so, denn ich weiß, was es mit dieser vermeintlichen Giftwarnung auf sich hat.

Ich will damit auch nicht relativieren, denn ich weiß ja, dass es immer wieder berechtigte Warnungen über Giftköder gegeben hat und wir diese auch bestätigen konnten. Doch mir geht es um diesen einen besonderen Fall.

Vor wenigen Tagen habe ich nicht schlecht gestaunt. Auf Facebook habe ich zwei Fotos gesehen, die im Wiener Prater aufgenommen wurden. Zu diesen Fotos gab es eine Warnung (hier online):

Giftwarnung laut Polizei in der Prater Hundezone Eingang Rustenschacherallee ist Gift verstreut! Weiße Bodenmarkierung.

Giftwarnung? Quelle https://www.facebook.com/groups/giftwarnungwienundumgebung/permalink/2211577248972175
Giftwarnung? Quelle https://www.facebook.com/groups/giftwarnungwienundumgebung/permalink/2211577248972175

Nein, da liegt kein Gift!

Im Prater sollen also Gifte verstreut worden sein, die nun durch weiße Bodenmarkierungen hervorgehoben wurden. So zumindest interpretiere ich die Warnung. Die dazugehörigen Fotos zeigen tatsächlich einen weißen Kreis, bzw. auf dem anderen Foto einen weißen Strich.

Als ich diese beiden Fotos zum ersten Mal gesehen habe und auch den Begriff „Prater“ gelesen habe, habe ich mich erstmal zurückgelehnt. Diese Markierungen kenne ich. Ich kenne diese Markierung schon länger und weiß, dass sie nichts mit Giften zu tun haben.

Es handelt sich um Bodenmarkierungen, die bei sogenannten Hashruns genutzt werden. So ein Hashrun ist im Grunde recht einfach erklärt. Es handelt sich um eine Art Schnitzeljagd, die mit einem Traillauf verbunden ist.

Also eine Gruppe von Menschen folgt Markierungen auf mehr oder weniger gesichertem Gelände. Der Kreis ist der sogenannte Check. Wenn die Gruppe an diesem Kreis angekommen ist, müssen die Teilnehmenden suchen, wo der Weg weitergeht. Das heißt, sie schwärmen aus und suchen nach der nächsten Wegmarkierung.

So eine nächste Wegmarkierung ist ein gerader Strich. Dieser gerade Strich ist übrigens auf dem zweiten Foto zu erkennen. Anhand dieser geraden Striche weiß also die Gruppe, in welche Richtung es weitergeht. Bis sie eben irgendwann wieder an einen Kreis kommen und in alle Richtungen suchen müssen, wo sich der nächste gerade Strich (oder Doppelstrich) befindet.

Am 14. März hat im Prater tatsächlich so ein Hashrun stattgefunden. Dieser führte auch wirklich an der Hundewiese an der Rustenschacherallee vorbei. Und natürlich gab es dementsprechend dort Markierungen. Nicht nur dort, sondern im gesamten Bereich des Praters. Diese Markierungen bestehen aus einfachem Holzmehl und sind dementsprechend beim nächsten Regen auch verschwunden.

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Über Giftwarnungen und falsche Interpretationen.

Nicht alle Falschmeldung sind politisch motiviert, nicht alle Falschmeldungen basieren auf Satire oder gar Trollerei. Viele Falschmeldungen auf Social Media stammen einfach aus falsch interpretierten Beobachtungen. Diese Beobachtungen basieren auf Ängsten, persönlichen Erfahrungen oder Vorbehalten. Diese sind dann auch gar nicht böse gemeint.

Sehr ähnlich läuft es in dem Fall mit der Giftwarnung ab. Die Warnung entstand augenscheinlich aus einer persönlichen Betroffenheitslage heraus. In gutem Willen und gutem Glauben würde hier zum Schutz für andere eine Warnung ausgesprochen, indem bestimmte Markierungen fehlerhaft interpretiert wurden.

Das Phänomen ist nicht neu, das haben wir auch schon in einem ähnlich gelagerten Feld beobachten können, wenn beispielsweise ein weißer Lieferwagen an Schulen oder Kindergärten langsam vorbeifährt. Verschiedene sinnstiftende Erzählungen verleiten an dieser Stelle zu fehlerhaften Interpretationen. Der weiße Lieferwagen unterliegt beispielsweise dem Narrativ, dass es sich um Entführer handeln könnte, die kleine Kinder mit diesem Lieferwagen entführen.

Bei nicht weiter bekannten Markierungen entlang einer Hundewiese liegt die sinnstiftende Erzählung nahe, dass diese auf Gifte hinweisen können und somit eine Warnung darstellen.

Insofern ist der Verbreitung dieser Falschmeldung an sich keine Boshaftigkeit vorzuwerfen. Dennoch führt sie dazu, dass Menschen verängstigt sind und aus dieser Angst heraus die Falschmeldung weiterverbreiten.

Gleichzeitig laufe ich nun mit so einer Aufklärung in Gefahr, entgegen dem sinnstiftenden Narrativ zu sprechen und somit unglaubwürdig zu wirken. Obwohl ich ganz genau weiß, dass es eben keine Giftwarnungen sind.

Warum das so ist? Nun ich gehöre zu dieser Laufgruppe, die jeden Sonntag, bzw. Montag einen sogenannten Hashrun veranstaltet und genau diesen Zeichen folgt. So wie gestern, da sind wir bei Schneematsch, Wind und Wetter an den Grenzen Wiens über den Vogelsangberg, den Latisberg und den Reisenberg gejagt.

Wichtige Info (UPDATE)

Kurz nach dem Erscheinen dieses Artikels sind bereits die ersten mehr oder weniger freundlichen e-Mails in unserer Redaktion eingetroffen. Um es deutlich zu sagen: Mimikama steht in keinem Zusammenhang mit den Bodenmarkierungen im Prater oder sonstwo. Ferner habe auch ich als Autor dieses Textes keine Bodenmarkierungen an irgendeiner Stelle hinterlassen, auch wenn es Teil meines Hobbys ist, mich sportlich zu betätigen und im Rahmen dieser Läufe den Markierungen zu folgen.

Vergleiche: Bedeutung der Hash-Marks
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