Die Behauptung

Ein virales Video auf der Plattform X zeigt angeblich eine Demonstration von IS-Anhängern vor der Lorenzkirche in Nürnberg. Viele Nutzer behaupten, dass in der „Stadt der Menschenrechte“ IS-Anhänger skandieren, während zur gleichen Zeit in Solingen Menschen getötet wurden.

Unser Fazit

Diese Behauptung ist absolut irreführend und falsch. Das Video zeigt keine IS-Demo, sondern eine religiöse Versammlung schiitischer Muslime, die in keinem Zusammenhang mit dem Islamischen Staat steht. Die Flaggen und Symbole sind eindeutig Teil der schiitischen Tradition und haben nichts mit der Terrororganisation zu tun.

Der Vorfall: Was zeigt das Video wirklich?

Ein Video, das aktuell die Runde macht, zeigt Männer in schwarzen Gewändern, die vor der Lorenzkirche in Nürnberg schwarze Flaggen mit arabischen Schriftzeichen schwenken. Der Clip verbreitete sich in Windeseile, und viele Nutzer verurteilten das vermeintliche Auftreten von IS-Anhängern in der Stadt scharf.

Besonders brisant wirkt das Video, weil es kurz nach einem Anschlag in Solingen veröffentlicht wurde, bei dem drei Menschen getötet wurden. Dieser Anschlag wurde später vom Islamischen Staat (IS) für sich reklamiert. Der Zusammenhang zwischen dem Video und dem Anschlag in Solingen war schnell hergestellt, obwohl es keinerlei Belege für eine Verbindung gibt.

Der Veranstalter und die Identifikation der Flaggen

Bei unserer intensiven Recherche haben wir herausgefunden, dass der Veranstalter der Versammlung das Zahraa Kulturzentrum Nürnberg war. Auf ihrer Facebook-Seite finden sich zahlreiche Fotos und Videos von der Veranstaltung vom 24.8.2024, die in wesentlich besserer Qualität vorliegen als das virale Video, das derzeit die Runde macht.

Screenshot: Facebook / Zahraa Kulturzentrum Nürnberg
Screenshot: Facebook / Zahraa Kulturzentrum Nürnberg

Dank dieser hochwertigen Aufnahmen war es uns möglich, die Aufschriften auf den einzelnen Flaggen eindeutig zu identifizieren und zu übersetzen. Die Flaggen, die im Video fälschlicherweise mit dem Islamischen Staat in Verbindung gebracht wurden, tragen religiöse Botschaften, die tief in der schiitischen Tradition verwurzelt sind. Diese Klarstellung zeigt erneut, dass das Video nicht die vermutete Propaganda des IS darstellt, sondern eine legitime und friedliche religiöse Gedenkveranstaltung.

Was steckt wirklich hinter den Symbolen?

Erste Flagge (schwarz, weiße Schrift):

Screenshot: Facebook / Zahraa Kulturzentrum Nürnberg
Screenshot: Facebook / Zahraa Kulturzentrum


Auf der Flagge steht „يا حسين“ („Ya Hussain“), was auf Deutsch „Oh Hussain“ bedeutet.
Dieser Ausdruck ist ein zentraler Bestandteil der schiitischen Verehrung und Trauerrituale, besonders im Monat Muharram. Er ehrt Imam Hussain, den dritten Imam der Schiiten, der in der Schlacht von Karbala als Märtyrer starb. Die Verwendung von „Ya Hussain“ drückt Trauer und Respekt gegenüber seinem Opfer aus.

Zweite Flagge (schwarz, weiße Schrift):

Screenshot: Facebook / Zahraa Kulturzentrum Nürnberg
Screenshot: Facebook / Zahraa Kulturzentrum


Auf dieser Flagge steht „يا أمير المؤمنين“ („Ya Amir al-Mu’minin“), was „Oh Prinz der Gläubigen“ bedeutet.
Dies ist ein Ehrentitel von Imam Ali, der als Anführer der Gläubigen verehrt wird. Die Flagge betont seine spirituelle und politische Führung.

Dritte Flagge (schwarz, rote Schrift):

Screenshot: Facebook / Zahraa Kulturzentrum Nürnberg
Screenshot: Facebook / Zahraa Kulturzentrum


Diese Flagge trägt ebenfalls die Aufschrift „يا حسين“ („Ya Hussain“).
Die rote Schrift symbolisiert häufig das Blut der Märtyrer und betont das Opfer von Imam Hussain. Auch hier drückt der Ausdruck „Oh Hussain“ Trauer und Verehrung für den dritten Imam der Schiiten aus und erinnert an sein Martyrium in Karbala.

Vierte Flagge (grün, weiße Schrift):

Screenshot: Facebook / Zahraa Kulturzentrum Nürnberg
Screenshot: Facebook / Zahraa Kulturzentrum


Auf dieser Flagge steht „يا قمر بني هاشم“ („Ya Qamar Bani Hashim“), was „Oh Mond der Haschimiten“ bedeutet.
Dieser Titel bezieht sich auf Abbas ibn Ali, den Bruder von Imam Hussain, der ebenfalls in der Schlacht von Karbala gefallen ist. Abbas wird in der schiitischen Tradition für seine Tapferkeit und Loyalität hoch verehrt.

Fünfte Flagge (blau, weiße Schrift):

Screenshot: Facebook / Zahraa Kulturzentrum Nürnberg
Screenshot: Facebook / Zahraa Kulturzentrum

Auf dieser Flagge steht „يا علي“ („Ya Ali“), was „Oh Ali“ bedeutet.
Dieser Ausdruck bezieht sich auf Imam Ali, den ersten Imam der Schiiten und eine zentrale Figur im schiitischen Islam. „Ya Ali“ ist ein Ausdruck der Verehrung und wird häufig bei schiitischen Prozessionen verwendet.

Sechste Flagge (schwarz, weiße Schrift):

Screenshot: Facebook / Zahraa Kulturzentrum Nürnberg
Screenshot: Facebook / Zahraa Kulturzentrum


Diese Flagge trägt den Schriftzug „يا أمير المؤمنين“ („Ya Amir al-Mu’minin“), was „Oh Prinz der Gläubigen“ bedeutet.
Dies ist ein weiterer Ehrentitel von Imam Ali, der als Anführer der Gläubigen verehrt wird.

Zudem wurde auch ein Video auf Facebook gepostet. Im Statusbeitrag steht übersetzt:

„Zahraa Zentrum und Husseiniya / Arba’in von Imam Hussain / 2024 / Deutschland – Nürnberg“

Hier ist eine Aufschlüsselung der Begriffe:

  • مركز وحسينية الزهراء ع (Markaz wa Husseiniya Al-Zahraa): Dies bedeutet „Zentrum und Husseiniya Al-Zahraa“. Eine Husseiniya ist ein Versammlungsort für schiitische Muslime, wo religiöse Zeremonien und Gedenkveranstaltungen, insbesondere zu Ehren von Imam Hussain, abgehalten werden. Al-Zahraa bezieht sich auf Fatima Al-Zahraa, die Tochter des Propheten Mohammed und Mutter von Imam Hussain.
  • أربعينية امام الحسين ع (Arba’iniya Imam Al-Hussain): Dies bedeutet „Arba’in von Imam Hussain“. Arba’in ist ein schiitischer Gedenktag, der 40 Tage nach dem Ashura-Tag stattfindet, an dem Imam Hussain in der Schlacht von Karbala getötet wurde.
  • ٢٠٢٤: Dies ist das Jahr 2024.
  • المانيا- نورنبيرغ (Almanya – Nürnberg): Dies bedeutet „Deutschland – Nürnberg“.

Ebenfalls auf Facebook zu sehen ist eine Ankündigung. Diese Ankündigung lädt zu einer Trauerkundgebung ein, die am 24. August 2024 vor der Lorenzkirche in Nürnberg stattfinden wird, um des Arba’in von Imam Hussain zu gedenken. Arba’in ist der 40. Tag nach dem Aschura-Tag, an dem Imam Hussain in der Schlacht von Karbala getötet wurde. Die Veranstaltung wird vom Zahraa Kulturzentrum organisiert.

Screenshot: Facebook / Zahraa Kulturzentrum Nürnberg
Screenshot: Facebook / Zahraa Kulturzentrum Nürnberg

Hier ist die Übersetzung ins Deutsche:

Überschrift: Eine Trauerkundgebung zum Arba’in
Haupttext: Das Zahraa Zentrum und die Husseiniya Al-Zahraa in Nürnberg laden alle Gläubigen (Männer und Frauen) ein, an der Trauerkundgebung zum Arba’in von Sayyid al-Shuhada, Imam Hussain (a.s.), am Veranstaltungsort teilzunehmen.
Veranstaltungsort: Lorenzkirche
Datum: Samstag, 24.08.2024
Zeitplan:
Versammlung um 9:00 Uhr
Zeremonien von 9:30 Uhr bis 11:00 Uhr
Schlussbemerkung: „Wir bitten darum, die Einhaltung der islamischen Kleiderordnung sowie die Einhaltung der Anweisungen der Veranstalter zu respektieren.“
Kontakt und Details:
Zahraa Kulturzentrum Nürnberg
Social Media Links und IBAN für Spenden

Warum diese Verwechslung problematisch ist

Die schnelle und unreflektierte Verbreitung solcher Fehlinformationen kann erhebliche gesellschaftliche Spannungen auslösen. Es entsteht der Eindruck, dass Terroristen ungehindert in deutschen Städten demonstrieren können, obwohl dies nicht der Fall ist. Solche falschen Behauptungen schüren Ängste und können das Misstrauen gegenüber der muslimischen Gemeinschaft verstärken.

  • Frage 1: War die Demonstration vor der Lorenzkirche wirklich eine IS-Demo?
    Nein, es handelte sich um eine religiöse Versammlung schiitischer Muslime, die nichts mit dem IS zu tun haben. Die Teilnehmer erinnerten an Imam Hussain, eine bedeutende Figur im schiitischen Islam. Die Symbole und Fahnen, die in dem Video zu sehen sind, stehen für diese religiöse Tradition und haben keine Verbindung zu terroristischen Gruppen wie dem IS.
  • Frage 2: Was bedeuten die Symbole auf den Fahnen?
    Die Symbole auf den Fahnen sind Widmungen an schiitische Imame und haben eine religiöse Bedeutung, die im schiitischen Islam verankert ist. Auf den Fahnen stehen Aufschriften wie „O Ali“ und „O Hussain“, die sich auf zentrale Figuren der schiitischen Geschichte beziehen. Diese Symbole sind Teil von Gedenkveranstaltungen und haben nichts mit dem Islamischen Staat oder dessen Ideologie zu tun.
  • Frage 3: Warum wurde das Video mit dem Anschlag in Solingen in Verbindung gebracht?
    Die zeitliche Nähe des Videos zur Meldung über den Anschlag in Solingen und die Unkenntnis über die Bedeutung der Symbole führten zu der falschen Annahme, dass es einen Zusammenhang gibt. Diese Fehldeutung wurde durch die schnelle und unüberlegte Verbreitung des Videos in den sozialen Medien noch verstärkt, was zu unnötiger Panik und falschen Anschuldigungen führte.
  • Frage 4: Warum wird das Video als IS-Demo dargestellt?
    Es handelt sich um eine gezielte Falschinformation, die darauf abzielt, Angst zu schüren und Muslime pauschal zu diffamieren. Solche Darstellungen nutzen das Unwissen vieler Menschen aus und versuchen, durch die Verbindung zu einem Terroranschlag das Misstrauen und die Feindseligkeit gegenüber bestimmten religiösen Gruppen zu verstärken.
  • Frage 5: Was kann man gegen die Verbreitung solcher Falschinformationen tun?
    Jede Einzelne kann durch einen kritischen Umgang mit Informationen dazu beitragen, die Verbreitung von Fake News zu stoppen. Bevor man solche Inhalte teilt, sollte man die Quellen überprüfen und die Fakten hinterfragen. Außerdem ist es wichtig, andere auf die wahren Hintergründe aufmerksam zu machen, um Fehlinformationen entgegenzuwirken und das gesellschaftliche Miteinander zu schützen.

1. Angst und Unsicherheit schüren:
Einige Personen oder Gruppen nutzen Fake News, um gezielt Ängste und Unsicherheiten in der Gesellschaft zu verstärken. In diesem Fall kann die falsche Behauptung über eine IS-Demo dazu dienen, die Angst vor terroristischen Bedrohungen zu verstärken und Misstrauen gegenüber bestimmten religiösen oder ethnischen Gruppen zu schüren.

2. Politische und ideologische Motive:
Fake News werden oft aus politischen oder ideologischen Gründen verbreitet. Die Verbreiter könnten versuchen, politische Gegner zu diskreditieren oder ihre eigene Agenda voranzutreiben. Im Kontext solcher Meldungen könnte es darum gehen, negative Einstellungen gegenüber muslimischen Gemeinschaften zu verstärken oder bestimmte politische Positionen (wie restriktivere Einwanderungspolitiken) zu fördern.

3. Provokation und Polarisierung:
Manche Nutzer verbreiten absichtlich falsche Informationen, um die Gesellschaft zu polarisieren und Spannungen zwischen verschiedenen Gruppen zu verstärken. Dies kann dazu führen, dass die öffentliche Diskussion vergiftet wird und ein „Wir gegen Sie“-Gefühl entsteht.

4. Mangel an kritischem Denken:
Einige Nutzer teilen Fake News einfach deshalb, weil sie die Informationen ungeprüft übernehmen und weiterverbreiten, ohne die Quellen oder die Richtigkeit der Inhalte zu hinterfragen. Dieses Verhalten kann durch einen Mangel an Medienkompetenz oder durch emotionale Reaktionen auf bestimmte Inhalte begünstigt werden.

5. Aufmerksamkeit und Engagement:
Sensationelle und schockierende Nachrichten generieren oft mehr Aufmerksamkeit und Engagement in sozialen Medien. Nutzer könnten Fake News verbreiten, um Likes, Shares oder Follower zu gewinnen, unabhängig davon, ob die Informationen wahr sind oder nicht.

6. Propaganda und Manipulation:
In einigen Fällen können Fake News Teil einer gezielten Propaganda-Kampagne sein, die von bestimmten Staaten, politischen Gruppen oder anderen Akteuren gesteuert wird, um Meinungen zu manipulieren oder politische Ziele zu erreichen.

7. Fehlende Aufklärung:
In einigen Fällen fehlt es den Menschen einfach an Zugang zu verlässlichen Informationen oder an der Fähigkeit, diese zu bewerten. Dies kann dazu führen, dass sie falsche Informationen nicht als solche erkennen und weiterverbreiten.

8. Bots und automatisierte Accounts:
In sozialen Medien können Bots und automatisierte Accounts dazu eingesetzt werden, Fake News in großem Umfang zu verbreiten. Diese Programme sind oft darauf ausgelegt, bestimmte Themen zu verstärken oder bestimmte Meinungen zu dominieren.

9. Vorurteile und Stereotype:
Viele Fake News basieren auf bestehenden Vorurteilen und Stereotypen. Indem sie diese verstärken, schaffen sie eine Resonanz bei den Menschen, die diese Vorurteile bereits haben, und verbreiten sich so schneller.

Das Verstehen dieser Motive ist wichtig, um effektive Strategien zur Bekämpfung von Fake News zu entwickeln und die Menschen dazu zu ermutigen, Informationen kritisch zu hinterfragen, bevor sie sie weiterverbreiten.

Fazit: Eine gefährliche Verwechslung

Das Video, das angeblich eine IS-Demo in Nürnberg zeigt, ist ein klarer Fall von Fehlinformation. Es ist wichtig, solche Behauptungen sorgfältig zu prüfen und sich nicht von Panikmache leiten zu lassen. Die Veranstaltung in Nürnberg hatte keinerlei Bezug zu terroristischen Aktivitäten, und die verbreiteten Gerüchte sind völlig unbegründet. Wer vorschnell solche Behauptungen teilt, trägt dazu bei, das gesellschaftliche Klima unnötig zu belasten und spaltet die Gemeinschaft.

Quellen: Nürnberger Nachrichten, Nordbayern, eigene Recherche

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