Onkel Wanja wird nicht das neue russische McDonalds

Der russische Lebensmittelkonzern Onkel Wanja plant nicht die Übernahme der russischen McDonalds-Filialen.

Autor: Susanne Breuer

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Die russische Kette "Onkel Wanja" übernimmt nicht McDonald's in Russland
Die russische Kette "Onkel Wanja" übernimmt nicht McDonald's in Russland

Ein dem goldenen McDonalds-M, dem Golden Arch, sehr ähnliches Logo, das der angeblichen neuen russischen Fast Food-Marke „Onkel Wanja“ zugeschrieben wurde, hat sich als Fake herausgestellt.

Russland reagiert mit Aufhebung von Schutzrechten auf Sanktionen

Nachdem sich im Zuge der Ukraine-Krieges und der umfassenden Sanktionen gegen Russland viele westliche Unternehmen aus dem Land zurückgezogen haben, treibt die Situation wilde Blüten. Als Reaktion auf die Sanktionen hat der Kreml eine Liste „unfreundlicher“ Staaten veröffentlicht. Dazu gehören alle EU-Staaten, aber auch die USA, Kanada, das Vereinigte Königreich, die Schweiz, Australien und Japan. Für diese Staaten wurden Patentrechte und weitere unternehmerische Schutzrechte aufgehoben, sodass russische Unternehmer nach Belieben auf fremdes geistiges Eigentum, wie z.B. auch technische Erkenntnisse, zumindest in Russland ungestraft zugreifen können (HIER). Zum einen entfällt der Schutz des eigentlichen Rechteinhabers, zum anderen erhält dieser auch keinen Schadensersatzanspruch (HIER in Russisch).

Durch die aufgehobenen Markenrechte dürfen nun auch Marken und Logos frei kopiert oder für eigene Zwecke angepasst werden. So vermeintlich geschehen bei McDonalds. Die westlichen Rechteinhaber haben keine Möglichkeit, diese gegen russische Unternehmen durchzusetzen.

Geniales neues Goldenes M?

Vor einigen Tagen tauchte ein Logo im Netz auf, dass eine enorm hohe Ähnlichkeit zum bekannten Goldenen M von McDonalds aufwies, lediglich um 90 Grad gedreht. Viele seriöse Medien haben dieses Narrativ aufgegriffen (HIER)

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Screenshot: Logo

McDonalds hatte sich bereits Anfang März komplett aus Russland zurückgezogen. 850 Restaurants wurden geschlossen. Dies führte zu langen Schlangen vor den Restaurants und skurrilen Aktionen schwer adipöser Gäste, die sich vor den Restaurants anketteten, um für ihr Recht auf Fast Food zu demonstrieren (HIER).

Weltweit berichteten Medien, dass die amerikanische Fast-Food-Lücke nun von der heimischen Marke Onkel Wanja gefüllt werden würde, die die fast 850 McDonalds Restaurants übernehmen würde.

Der Clou, der Buchstabe W wie Wanja entspricht im kyrillischen Alphabet in etwa dem lateinischen B, also zwei geschwungenen Bögen wie beim McDonalds-M. Kleine Unterschiede werden durch das Design und die Farbwahl, dem typischen Gelb auf rotem Grund, gekonnt überspielt, sodass der erste Eindruck zwingend Richtung des amerikanischen Fast Food-Riesen geht.

Plant Duma neue Fastfoood-Kette?

All das nahm hochoffizielle Züge an, als nur wenige Tage nach dem Rückzug von McDonalds beim russischen Bundesamt für gewerbliches Eigentum das entsprechende Logo registriert wurde! Nur zum Nachspüren: Es wurde ein weltweit und auch in Russland bekanntes Logo massivst imitiert. Und die Rechte an dem Imitat in Russland offiziell geschützt. Dass die Abkürzung des Bundesamtes ausgerechnet für uns recht niedlich klingend FIPS lautet, ist dagegen wohl purer Zufall.

Der Markeneintrag wurde laut Forbes Russia nicht von der „Onkel Wanja“-Mutterfirma Ruspolebrands-Holding vorgenommen, sondern von einem Unternehmen namens Russkoe Pole-Logistik LLC, einer Firma mit sechs Mitarbeitern in der Stadt Lyubertsy. Der Blog Designtagebuch, der das Thema als einer der ersten sehr intensiv und gut recherchiert hat, meldet, dass die Registrierung jedoch zwei Tage später, also am 12. März, wieder gelöscht wurde (HIER).

Was ist da los?

Der Rückzug westlicher Unternehmen hat in Russland einige Diskussionen ausgelöst. Immerhin gehen neben dem Zugang der russischen Bevölkerung zu Dienstleistungen und Produkten auch Arbeitsplätze und Kunden für russische Rohstoffe und Vorprodukte verloren. Dieser damit erzeugte Druck auf Regierung, Wirtschaft und Bürger ist ja genau das Ziel der Sanktionen. Auch bei McDonald wurde dies zum Thema, bis hinauf in die Duma, dem Unterhaus des russischen Parlaments. Dem Vorsitzenden Wjatscheslaw Wolodin wird in russischen Medien folgende Aussage zugeschrieben.

„Wir müssen die Menschen schützen, denn die Unternehmen, die jetzt gehen, wollen mit unseren russischen Rohstoffen Geld verdienen. Hier kündigte McDonald’s, 100 Prozent russische Rohstoffe, seine Schließung an. Na ja, nah dran, aber erst morgen sollte es schon nicht McDonald’s geben, sondern Onkel Wanja’s. Arbeitsplätze müssen gerettet und Preise gesenkt werden. Das ist der Ansatz“

(HIER und HIER  per Firefox-Plugin ImTranslator übersetzt)

Er bringt dabei konkret, aber wohl nur als Beispiel, den Namen Onkel Wanja ins Spiel, um eine ähnliche Fast Food-Kette zu betreiben. Möglicherweise war genau dies die Initialzündung für den Fake durch die kleine Firma, die sonst nichts mit Onkel Wanja zu tun hat.

Wird Onkel Wanja das russische McDonalds?

Ein Problem gibt es dabei aber. Onkel Wanja hat offenbar keine derartigen Ambitionen. Das Unternehmen gehört zur Ruspolebrands-Holding und ist ein russischer Lebensmittelproduzent. Das Unternehmen vertreibt auch Gemüsekonserven, wie zum Beispiel Gurken im Glas. Das wäre allerdings eine echte Beziehung zum Kernprodukt von McDonalds, dem Hamburger. Auf jeden guten Hamburger gehört eine Scheibe eingelegter Gurken. Auch Tomaten im Glas hat das Unternehmen im Sortiment. (Vermeintliche Gurkengläser haben im Ukraine-Konflikt übrigens bereits an anderer Stelle eine prominente Rolle bei der Verteidigung gegen Drohnen gespielt.) Aber das Unternehmen Onkel Wanja, das über keine spezielle Kompetenz in Sachen Systemgastronomie verfügt, hat überhaupt keine Pläne, die McDonalds-Filialen zu übernehmen. So sagt das Unternehmen es zumindest selbst.

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Gurkengläser der Marke Onkel Wanja (Quelle: Website)

Auch wenn diese kreative Nachfolgelösung für die russischen McDonalds-Filialen durch Onkel Wanja ihren Weg durch die gesamte Weltpresse gefunden hat, die Nachricht ist falsch. Hier die Übersetzung der Pressemitteilung des Unternehmens vom 17. März:

„Onkel Wanja plant nicht, eine Kette von Fast-Food-Restaurants für den Ort „ Mc Donalds “ zu eröffnen.

Hiermit teilen wir Ihnen mit, dass die juristischen Personen der Ruspole HoldingMarken  und die Marke „Onkel Wanja“ in keinem Zusammenhang stehen mit dem Logo, das als Meme unter Verwendung des umgekehrten Buchstabens „M“ der Catering-Kette „ McDonalds“ erstellt wurde, das den Umriss des Buchstabens „V“ in Kyrillisch hat. Die im Internet kursierenden Informationen über angebliche Pläne, die Marke McDonalds durch unsere Marke Onkel Wanja zu ersetzen, sind gefälscht.

Wir bestätigen auch, dass die Ruspole- Holdingbrands  tatsächlich die Marke „Onkel Wanja“ besitzt, die für Dienstleistungen der Klasse 43 der Nizzaer Klassifikation eingetragen ist, die Gastronomiebetriebe umfasst. Daher können Personen, die die Marke „Uncle Vanya“ in ihren Catering-Bildern verwenden, Schadensersatzansprüchen unterliegen. 

(HIER und via Firefox-Plugin ImTranslator übersetzt HIER).
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Derzeit erwägt das Unternehmen also nicht, ein Netz von Gastronomiebetrieben zu gründen, lehnt eine solche Idee jedoch für Zukunft nicht kategorisch ab. Durch die Nizza-Klassifikation können bei der Eintragung für Marken direkt mehrere mögliche Branchen angegeben werden, für die eine Marke mit geschützt werden soll.

Merke: Onkel Wanja argumentiert in seinem Dementi genau mit den Schutzrechten, die der Kreml für „unfreundliche“ Staaten gerade aufgehoben hat und droht bei Missachtung seiner eigenen Schutzrechte mit Schadensersatzforderungen….

Übrigens sieht das Logo des Unternehmens Onkel Wanja ganz anders aus.  Was natürlich nicht ausschließen würde, dass für bestimmte Projekte oder Unternehmensaktivitäten ein neues Logo genutzt werden könnte.

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Fazit

Als Reaktion auf die westlichen Sanktionen wurden Unternehmen aus als „unfreundlich“ eingestufte Staaten die wirtschaftlichen Schutzrechte für geistiges Eigentum, Patente, Marken etc. genommen. Damit kann theoretisch jeder Russe nach Lust und Laune plagiieren. Möglicherweise als Reaktion auf eine Bemerkung des Vorsitzenden des russischen Unterhauses Duma, hat eine russische Firma, die mit Onkel Wanja nichts zu tun hat, ein Logo markenrechtlich eintragen lassen, dass mit den Buchstaben der Marke Onkel Wanja spielt und damit das Logo von McDonalds sehr stark imitiert. Die Markeneintragung ist mittlerweile wieder gelöscht. Das Unternehmen Onkel Wanja hat in einer Pressemitteilung jegliche aktuelle Absicht, die russischen McDonalds-Restaurants zu übernehmen, dementiert.

Die Motivation für diese Aktion ist unbekannt. Möglicherweise sollte damit der Druck auf den Westen erhöht werden, indem die Ernsthaftigkeit der russischen Gegenmaßnahmen gegen die westlichen Wirtschaftssanktionen durch die offziell zulässige Plagiierung eines der bekanntesten Logos der westlichen Welt dokumentiert wird.

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