Privatwohnungen können für Asylanten beschlagnahmt werden – sagt die NPD
Autor: Andre Wolf
Lieber Leser, liebe Leserin, Mimikama ist dein Kompass in der Informationsflut. Aber um den Kurs zu halten, brauchen wir dich. Jeder Beitrag, ob groß oder klein, bringt uns näher an eine Welt der verlässlichen Informationen. Stell dir vor, du könntest einen Unterschied machen, und das kannst du! Unterstütze uns jetzt via PayPal, Banküberweisung, Steady oder Patreon. Deine Hilfe lässt uns weiterhin Fakten liefern, auf die du zählen kannst. Mach mit uns den ersten Schritt in eine vertrauenswürdigere Informationszukunft. ❤️ Dank dir kann es sein.
Und bei dieser Meldung beruft sich die NPD auf die Aussage zweier Politiker. Dies hat zwar eine reale Quelle, wird jedoch von der NPD völlig überzogen und nicht korrekt dargestellt.
Nun wird also von dem NPD Landesverband Mecklenburg Vorpommern propagiert, dass Asylbewerber gegen den Willen der Eigentümer mutwillig und willkürlich in deren Privatwohnungen untergebracht werden. Mehr noch: es würden den “Deutschen zwangsweise die Häuser weg genommen”.
(Screenshot: Facebook, öffentlicher Status)
Dargestellt mit einer wohnlichen Privatwohnung und im Text untermalt mit harten Schlagworten, wird dem Leser ein Bild präsentiert, dass in Deutschland Haus- und Wohnungsbesitzer jederzeit und ohne Warnung der Besitz entzogen werden könne und an Asylbewerber gegeben werde, und sie zwangsläufig also selbst obdachlos seien. Die NPD bringt die Ängste sogar auf den Punkt:
Das gilt nicht nur für Objekte wie das bald leer stehende Pflegeheim in Anklam oder Ferienwohnungen, sondern auch für bewohnte Unterkünfte.
Dabei stützen sich diese Aussagen auf die Worte zweier Politiker, zum einen auf den Berliner Sozialstadtrat Carsten Engelmann, zum anderen auf den Bürgermeister der Stadt Kühlungsborn.
(Screenshot: NPD MuV)
Grund genug, um genauer hinzuschauen, worum es geht.
Fall 1: Wohnungsnot – Bezirk will Räume für Obdachlose beschlagnahmen
Was laut NPD “im Augenblick” in Berlin in Planung sei, bezieht sich auf eine Aussage, welche aus 2012 stammt. Hier hat der Sozialstadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf, Carsten Engelmann, zum Thema der vorherrschenden Wohnungsnot verlauten lassen, auf den winterlichen Kälteeinbruch und den Mangel an Unterkünften zu reagieren. Mehr sogar: es geht hier nicht um Asylbewerber, sondern um Obdachlose.
(Screenshot: Tagesspiegel)
Fall 2: Stadt will Flüchtlinge in Ferienhäusern unterbringen
Der angeführte Fall in Kühlungsborn spricht nun auch nicht von willkürlichen Enteignungen oder einem zwangsweisen Miteinander verschiedener Kulturen im eigenen Haus. Der Bürgermeister eines Ortes an der Ostsee zieht nun auch in Betracht, aus Mangel an geeigneten Wohnräumen Flüchtlinge in ungenutzten Ferienhäusern unterzubringen.
(Screenshot: Ostsee-Zeitung)
Wenn man nun jedoch weiter im Text liest, erfährt man Folgendes:
Er wolle auch die Möglichkeit prüfen, Wohncontainer aufzustellen, wenn das Gästehaus voll ist. Die Unterbringung in beschlagnahmten Ferienwohnungen sei nur das letzte Mittel.
Die Kernaussage ist also: als letztes Mittel können Ferienwohnungen – nicht Privatwohnung – genutzt werden. Diese Info sucht man im NPD-Status vergebens. Man könnte es sogar noch extremer ausdrücken: das Anbieten von Ferienwohnungen ist eine gewerbliche Tätigkeit, die der Gemeinde angezeigt bzw. von der Gemeinde genehmigt wird. Somit würde es noch nicht mal um Wohneigentum, sondern gewerblich genutzte Fläche gehen.
Vergleichen lohnt sich!
„Privatwohnungen können für Asylanten beschlagnahmt werden“ (Headline NPD-Beitrag) – „Stadt will Flüchtlinge in Ferienhäusern unterbringen“ (Headline Ostsee-Zeitung) – “Bezirk will Räume für Obdachlose beschlagnahmen” (Headline Tagesspiegel).
Allein der Vergleich der ‚Schlagzeile‘ offenbart bereits die manipulative Wirkung des NPD-Artikels, und deren Wirkung liest man in den reflektierenden Kommentaren unter der Statusmeldung.
(Screenshot: Facebook, öffentlicher Status)
Hetze, Todesdrohungen, Pöbeleien. Nirgends findet eine Erwähnung statt, dass Asylbewerber in eine genutzte Privatunterkunft zwangseinquartiert werden, auch wenn in der NPD-Meldung diese Angst erzeugt wird, so wie auch der Aspekt des “Zwanges” deutlich übertrieben wird.
Falschinformationen – die neue große Gefahr in sozialen Netzwerken
Neben den Klickfallen, Phishing oder Malware ist in den letzten Jahren eine neue Gefahr in den Netzwerken entstanden: die gezielte manipulative Widergabe von politisch instrumentalisierten Informationen. Der Unterschied ist jedoch, dass hier die Gefahr nicht auf ein technisches Medium beschränkt ist, sondern soziokulturelle Auswirkungen hat.
Vielen Dank bei der Vorarbeit geht auch an den ZDDK-Community Nutzer Christopher W..
Autor: Andre, mimikama.org
Hinweise: 1) Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell
war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur
Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.
2) Einzelne Beiträge (keine Faktenchecks) entstand durch den Einsatz von maschineller Hilfe und
wurde vor der Publikation gewissenhaft von der Mimikama-Redaktion kontrolliert. (Begründung)
Mit deiner Hilfe unterstützt du eine der wichtigsten unabhängigen Informationsquellen zum Thema Fake News und Verbraucherschutz im deutschsprachigen Raum
INSERT_STEADY_CHECKOUT_HERE
Ihnen liegt es am Herzen, das Internet zu einem Ort der Wahrheit und Sicherheit zu machen? Fühlen Sie sich überwältigt von der Flut an Fehlinformationen? Mimikama steht für Vertrauen und Integrität im digitalen Raum. Gemeinsam können wir für ein transparentes und sicheres Netz sorgen. Schließen Sie sich uns an und unterstützen Sie Mimikama!. Werde auch Du ein jetzt ein Botschafter von Mimikama
Mimikama Workshops & Vorträge: Stark gegen Fake News!
Mit unseren Workshops erleben Sie ein Feuerwerk an Impulsen mit echtem Mehrwert in Medienkompetenz, lernen Fake News und deren Manipulation zu erkennen, schützen sich vor Falschmeldungen und deren Auswirkungen und fördern dabei einen informierten, kritischen und transparenten Umgang mit Informationen.