Die mysteriöse Facebook-Erscheinung ist wieder da! Im endlosen Strudel des Facebook Universums taucht im Juni 2023 einmal mehr ein besonderes Schmankerl auf, das unschuldige Nutzer in Verwirrung stürzt. Das Objekt der Verwirrung: eine mutmaßliche Freikarte für einen vergnüglichen Bordellbesuch spendiert angeblich von der Stadt Celle. An dieser Stelle erinnern wir uns an unsere Berichterstattung aus dem Jahr 2017.

Screenshot: Bordellfreikarten der Stadt Celle: Eine Facebook-Fabel
Screenshot: Bordellfreikarten der Stadt Celle: Eine Facebook-Fabel

Ein genauerer Blick auf die ‚Freikarte‘

Die sogenannte Freikarte ziert folgender Aufdruck, der in seiner Prägnanz die Fantasie anregt:

„Sozialschein der Stadt Celle Freikarte für einen einmaligen kostenlosen Bordellbesuch Nicht übertragbar Nr. 009175 Diese Freikarte gilt nur montags bis freitags von 9-16 Uhr!“

BehauptungenFaktencheck
Die Stadt Celle stellt Freikarten für Bordellbesuche aus.Falsch. Es gibt keine Belege dafür, dass die Stadt Celle oder eine andere staatliche Institution solche Freikarten ausstellt.
Die Freikarten sind ein Angebot für Sozialhilfeempfänger.Falsch. Keine deutsche Stadt oder Sozialamt stellt Bordellfreikarten für Sozialhilfeempfänger zur Verfügung.
Es gab ähnliche Fälle in Bayern und Graz, wo solche Freikarten ausgegeben wurden.Falsch. Auch diese Behauptungen haben sich als Fälschungen herausgestellt.
Die Freikarten sind ein offizielles Dokument und haben eine ähnliche Gestaltung, unabhängig von der Stadt oder dem Bundesland.Falsch. Alle bisher aufgetauchten Freikarten folgen demselben Muster und scheinen von derselben Quelle zu stammen, was ihre Unglaubwürdigkeit unterstreicht.
Die Freikarten tauchten erstmals im Jahr 2011 auf.Korrekt. Bilder von solchen „Freikarten“ sind tatsächlich schon seit 2011 online zu finden.
Die Freikarten sind ein Scherzartikel aus den 80er Jahren.Korrekt. Es gibt Belege dafür, dass solche „Freikarten“ wahrlich als Scherzartikel existieren und bereits seit den 80er Jahren im Umlauf sind.

Die ernüchternde Wahrheit

Hat die Stadt Celle tatsächlich ein Herz für einsame Herzen und spendiert ihnen einen Freigang ins Bordell? Die Antwort klar: Nein, natürlich nicht. Ähnliche Karten haben in der Vergangenheit ihre Runden gemacht und wurden als das entlarvt, was sie sind – Fälschungen, mitunter sogar als Teil eines bewusst inszenierten Täuschungsmanövers.

Geschichte wiederholt sich: die Fälle 2016 und 2015

Eine Reise in die Vergangenheit führt uns ins Jahr 2016, als wir über einen ähnlichen Fall berichtet haben. Der damalige Protagonist: eine Freikarte für das Bordell, speziell ausgestellt für Flüchtlinge und großzügig spendiert vom Sozialamt des Freistaates Bayern.

MIMIKAMA

Auch 2015 berichteten wir über einen ähnlichen Fall, diesmal mit einer „Freikarte“ aus der Stadt Graz, Österreich.

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Ein Muster wird erkennbar

Ein flüchtiger Blick genügt, um zu erkennen: Alle drei Karten sind eindeutig vom selben „Künstler“ kreiert, sprich, sie folgen demselben Muster. Insbesondere die Karte aus Bayern ähnelt derjenigen aus Celle sehr – sowohl in der Gestaltung als auch im Inhalt.

Noch weiter zurück in der Zeit: das Jahr 2011

Ein Sprung in die Zeitmaschine führt uns sogar zurück ins Jahr 2011. Bereits damals, lange vor dem großen Zustrom an Flüchtlingen, tauchten Bilder dieser „Freikarten“ im Netz auf z.B. auf lachschon.de

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Das unmissverständliche Fazit

Und nun zum krönenden Abschluss, ein Fazit, so klar wie das Wasser der Lüneburger Heide:Nein, nein, nein und nochmals nein. No. Njet. Nix. Nada. Njente. Es gibt keine Freikarten fürs Bordell, nicht für Flüchtlinge, nicht für Sozialhilfeempfänger, nicht in Deutschland, nicht in Österreich. Nicht einmal für uns, die tapferen Faktenchecker von Mimikama.

Der Scherzartikel aus den 80ern und seine aktuelle Relevanz

Das ist nichts weiter als ein altbackener Scherzartikel, der schon mindestens seit den 80er Jahren existiert.

Wenn man also schon auf solche antiquierten Späße zurückgreifen muss, um seinen Frust auf Flüchtlinge zu kanalisieren, dann ist es wohl an der Zeit, den eigenen moralischen Kompass zu überprüfen. Anstatt ‚Lügenpresse‘ zu schreien und solche Hoaxes zu verbreiten, wäre es vielleicht sinnvoller, sich einer ehrlichen Diskussion zu stellen.

Satire aus.


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