17.03.2020 / 16:40 Uhr: Bezüglich der Verlautbarungen der WHO haben wir hier einen gesonderten Artikel!
In einer auf WhatsApp verbreiteten Sprachnachricht wird behauptet, Ibuprofen verschlimmere die Symptome von COVID-19.
In der Sprachnachricht wird ausgeführt, dass an der Uniklinik Wien an dem neuen Coronavirus geforscht wurde und es Hinweise gäbe, Ibuprofen lasse das Virus sich schneller vermehren.
„Eine Freundin von mir ist an der Uniklinik in Wien und die hat mich heute angerufen und die haben halt mal so’n bisschen Forschung betrieben, warum in Italien so viele, so heftige Coronafälle aufgetreten sind und haben festgestellt, dass die Leute, die mit diesen schweren Symptomen in die Klinik eingeliefert wurden, mehr oder weniger alle daheim Ibuprofen vorher genommen hatten, und haben dann jetzt mal im Labor den Virus und Ibuprofen zusammengebracht, und da gibt’s sehr stichhaltige Hinweise, dass Ibuprofen die Vermehrung des Virus beschleunigt.“
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Es handelt sich um eine Falschmeldung!
Wie die Medizinische Universität Wien berichtet, handelt es sich um Fake News:
„Achtung! Derzeit werden WhatsApp-Text- und Sprachnachrichten in unterschiedlichen Social-Media-Netzwerken verbreitet, die von angeblichen Forschungsergebnissen der „Wiener Uniklinik“ rund um die Einnahme von Ibuprofen und einer angeblich damit zusammenhängenden Verstärkung von Covid19-Symptomen berichten.
Wir möchten ausdrücklich darauf hinweisen, dass es sich hierbei um Fake News handelt, die in keinerlei Zusammenhang mit der MedUni Wien stehen!“
„Vielleicht ist ja doch was dran, und die verheimlichen was!“
Dann gehen wir einfach mal logisch an die Sache:
Wenn man Schmerzen hat, beispielsweise durch eine Entzündung, werden im Körper Botenstoffe freigesetzt, sogenannte Prostaglandine. Diese bewirken einerseits die typischen äußeren Erscheinungsmerkmale wie Rötungen und Schwellungen, reizen aber auch die Nervenenden, die die Schmerzsignale an das Hirn weiterleiten.
Ibuprofen macht nun nichts anderes, als die Produktion jener Botenstoffe einzuschränken, wodurch Rötungen und Schwellungen zurückgehen, auch weniger bis gar keine Schmerzsignale mehr an das Gehirn weitergeleitet werden, zudem wirkt es auch fiebersenkend.
So funktioniert übrigens nicht nur Ibuprofen, sondern auch andere nichtopioide Schmerzmittel, auch Aspirin, was in der Sprachnachricht stattdessen empfohlen wird.
Die Medizinische Universität Wien betreibt auch ein Zentrum für Virologie, an dem virologische Grundlagenforschung, angewandte medizinisch-virologische Forschung und Virusdiagnostik betrieben wird.
Allerdings ist es mehr als unwahrscheinlich, dass dort „einfach so“ an dem neuen Coronavirus geforscht wird, da man gerade für SARS-CoV-2 ein Hochsicherheitslabor benötigt.
Ergänzung 14.3.2020 20:00 Uhr
Wie die „Welt“ und der „Bayerische Rundfunk“ berichten, warnt auch der französische Gesundheitsminister Olivier Véran auf Twitter vor der Einnahme von entzündungshemmenden Medikamenten (Ibuprofen, Cortison, …).
⚠️ #COVIDー19 | La prise d'anti-inflammatoires (ibuprofène, cortisone, …) pourrait être un facteur d'aggravation de l’infection. En cas de fièvre, prenez du paracétamol.
Si vous êtes déjà sous anti-inflammatoires ou en cas de doute, demandez conseil à votre médecin.— Olivier Véran (@olivierveran) March 14, 2020
Eine Quelle nennt er nicht, stützt sich aber wahrscheinlich auf einen Artikel in der Fachzeitschrift „The Lancet“ vom 11.3. 2020.
In jenem Artikel weisen Mediziner darauf hin, dass Medikamente, welche den Zell-Rezeptor ACE hemmen, den Krankheitsverlauf von Covid-19 eventuell verschlimmern könnten.
Konkret geht es um die Krankheitsverläufe von 32 Patienten in China mit erhöhtem Blutdruck und Diabetes mellitus, die Medikamente nahmen, welche den Zell-Rezeptor ACE hemmen.
Wichtig: Die Ärzte stellen die Hypothese auf, dass die Behandlung solcher Patienten mit Thiazolidindione und Ibuprofen den Krankheitsverlauf verstärken kann.
Wir haben es somit erst einmal nur mit einer Hypothese zu tun, worauf in dem Fachmagazin auch deutlich hingewiesen wird, auch darauf, dass noch mehr Untersuchungen nötig sind, um jene Hypothese zu bestätigen oder zu widerlegen.
Sollten diesbezüglich neuere Erkenntnisse vorliegen, werden wir den Artikel dementsprechend aktualisieren.
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Fazit
Die Behauptung, dass Ibuprofen die Vermehrung von SARS-CoV-2 verstärke, beruht auf keiner wissenschaftlichen Grundlage, es gibt aber keine Hinweise, dass Ibuprofen speziell die Virenvermehrung antreibe.
Somit handelt es sich um eine unbewiesene Behauptung, durch Hörensagen verbreitet. Natürlich werden viele Patienten tatsächlich vorher Ibuprofen genommen haben, da es ein sehr verbreiteter Wirkstoff ist, doch kann man daraus nicht schließen, dass es auch an stärkeren Symptomen schuld ist – flapsig ausgedrückt: Jene Patienten tranken wahrscheinlich auch Wasser, trotzdem bedeutet das nicht, dass Wasser daran schuld ist.
Sollte es also tatsächlich eine solche „heimliche“ Untersuchung gegeben haben, so sind sie doch wissenschaftlich ohne weitere Tests absolut nicht haltbar, sollten deswegen auch nicht als Tatsache weiter verbreitet werden.
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