Facebook: Bekannte Persönlichkeiten müssen keine Regeln beachten

Autor: Ralf Nowotny

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Facebook behandelt alle Nutzer gleich? Irrtum: Ein spezielles Programm sorgt dafür, dass Prominente sich nicht an die Facebook-Regeln halten müssen.

Dem Wall Street Journal liegen Dokumente vor, die aufzeigen, wie ein als „Cross Check“ oder „XCheck“ genanntes Programm Millionen hochkarätige Facebook-Konten von Prominenten, Politikern, Journalisten und anderen einflussreichen Persönlichkeiten davor schützt, aufgrund von Verstößen gegen Facebook-Regeln wie beispielsweise Belästigung oder Anstiftung zur Gewalt sanktioniert zu werden.

XCheck schützte Prominente

Aus den Dokumenten soll hervorgehen, dass durch das XCheck-Programm teilweise Verstöße von bekannten Persönlichkeiten begangen wurden, für die ein normaler Facebook-Nutzer sofort sanktioniert worden wäre.

Beispielsweise konnte 2019 der internationale Fußballstar Neymar seinen Millionen Fans ein Video eines Chats inklusive Nacktfotos einer Frau auf Facebook und Instagram präsentieren, die ihn beschuldigte, sie vergewaltigt zu haben. Mitarbeiter hatten 24 Stunden lang nicht die Möglichkeit, das Video zu löschen, Neymars Konten wurden nicht sanktioniert, obwohl in den Dokumenten die Bilder und Videos als „Revenge Porn“ tituliert wurden.
Bis es endlich gelöscht werden konnte, wurde es 56 Millionen mal angesehen.

Auch Behauptungen, dass Impfungen giftig seien oder Hillary Clinton einen geheimen Pädophilenring betreibe, konnten ohne Probleme für längere Zeit auf Facebook zu sehen sein – solange die Behauptungen von einem Prominenten stammten, der auf einer sogenannten „Whitelist“ stand, eine Liste mit allen Konten, die quasi über den Facebook-Regeln stehen.

Facebook ist sich der Ungerechtigkeit bewusst

Eine interne Überprüfung der Whitelisting-Praktiken von Facebook aus dem Jahr 2019, die als vertraulich gekennzeichnet wurde, ergab, dass die Bevorzugung dieser Nutzer sowohl weit verbreitet als auch „nicht öffentlich vertretbar“ ist.

Auch eine Selbsterkenntnis findet sich in dem als „Vetraulich“ gekennzeichneten Dokument:

„Wir tun nicht, was wir öffentlich behaupten. Im Gegensatz zum Rest unserer Community können diese Leute unsere Standards ohne Konsequenzen verletzen.“

Priorisierung für die Übersichtlichkeit

Ursprünglich war das XCheck-Programm eigentlich dazu gedacht, Konten von Prominenten mit besonderem Augenmerk zu moderieren, also unter anderem genauer darauf zu achten, ob Kommentare in den Beiträgen gegen die Facebook-Regeln verstoßen.

Im Jahr 2020 betrug die Anzahl der prominenten Nutzer in XCheck bereits 5.8 Millionen Konten an, weswegen es bereits vorher zu einer Priorisierung der Konten kam: Es wurden unsichtbare „Elitestufen“ innerhalb des sozialen Netzwerks geschaffen. Bei der Beschreibung des Systems führte Facebook jedoch sowohl die Öffentlichkeit, als auch das eigene Oversight Board in die Irre.

„Das bedeutet, dass wir für einige wenige Mitglieder unserer Gemeinschaft unsere Richtlinien und Normen nicht durchsetzen. Im Gegensatz zu den übrigen Mitgliedern unserer Gemeinschaft können diese Personen unsere Standards ohne Konsequenzen verletzen.“
– Aus den Dokumenten

Noch im Juni 2021  teilte Facebook dem Oversight Board schriftlich mit, dass sein System für prominente Nutzer nur in „einer kleinen Anzahl von Entscheidungen“ verwendet wurde.

XCheck soll angeblich wieder abgeschafft werden

Laut Facebook-Sprecher Andy Stone seien die Mitteilungen an den Vorstand bezüglich XCheck immer korrekt gewesen, doch werde nun daran gearbeitet, das Whitelisting wieder abzuschaffen, da viele der internen Materialien aus veralteten Informationen bestehe und Facebook selbst die Probleme mit XCheck erkannt habe.

Die Dokumente wurden nun der Börsenaufsichtsbehörde (Securities and Exchange Commission) und dem Kongress übergeben. Die Person, welche die Dokumente leakte, bat um einen staatlichen Whistlebower-Schutz.

Fazit

Das Problem mit XCheck ist nur ein kleiner Teil der Dokumente, die dem Wall Street Journal vorliegen. Andere Dokumente umfassen interne Firmenpräsentationen und eine Ansammlung vieler Probleme, derer sich Facebook bewusst ist, aber augenscheinlich zögert, etwas dagegen zu unternehmen.

Ob also nun der „Promi-Bonus“ auf Facebook wegfallen wird, bleibt abzuwarten. Die Weitergabe der Dokumente an die Börsenaufsichtsbehörde und den Kongress zeigt jedoch die Brisanz der Inhalte – man darf gespannt sein, was weiter geschehen wird.


Quellen: Wall Street Journal, Gizmodo, The Guardian
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