Affenpocken: Stellungnahme der Fachgesellschaften in Deutschland

Gemeinsame Stellungnahme der medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften DAIG, DGI, DGPI und GfV, des Berufsverbands dagnä sowie des DZIF in Abstimmung mit der STIKO.

Autor: Claudia Spiess

Rasch steigende Zahlen an Infektionen durch das Affenpockenvirus sind auf mindestens vier Kontinenten zu verzeichnen. Um den Ausbruch zu begrenzen, ist rasches und konsequentes Handeln erforderlich. Besonders wichtig sind zunächst eine zielgruppenspezifische Aufklärung und Information („awareness“), Isolation von Infektionsfällen, die Quarantäne für enge Kontaktpersonen und Verdachtsfälle sowie Risikominimierung bei zwischenmenschlichen Kontakten. Es muss rasch evaluiert werden, ob und wie eine Impfung dazu beitragen kann, das Ausbruchsgeschehen zu begrenzen. Für potentiell schwere Krankheitsverläufe sollten zugelassene Therapeutika verfügbar gemacht werden.

Hintergrund

Seit der Diagnose des ersten Falls von Affenpocken in London kamen in rascher Folge weitere Fälle in vier Kontinenten hinzu. In Deutschland wurde der erste Fall am 19. Mai 2022 diagnostiziert, bis 24. Mai 2022 wurden weltweit etwa 250 bestätigte Fälle der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gemeldet.

Bisher sind die Infektionen schwerpunktmäßig bei jüngeren Männern, die angaben, Sex mit Männern zu haben, aufgetreten, aber es gab auch bereits intrafamiliäre Übertragungen.

Passend zu dem aus Westafrika stammenden Poxvirus ist der klinische Krankheitsverlauf bisher relativ mild. Als Transmissionsweg wird ein direkter Haut- oder Schleimhaut-Kontakt oder eine Tröpfcheninfektion angenommen. Das aktuelle Infektionsgeschehen ist dynamisch mit steigenden Fallzahlen. Die Beurteilung des Ausmaßes des Ausbruchs ebenso wie die Nachverfolgung von Kontaktketten ist aufgrund der langen Inkubationszeit von 1 bis 3 Wochen herausfordernd.

Problemstellung

Zur wirksamen Eindämmung des globalen Ausbruchs, der Unterbrechung der Infektionsketten und einer Vermeidung des Eintrags in das Tierreich außerhalb der bekannten Endemiegebiete ist ein entschlossenes, schnelles und abgestimmtes Handeln erforderlich.

Vorgeschlagene Maßnahmen

1) Ausbruchsmanagement durch nicht-pharmakologische Interventionen

Aufgrund der derzeitig beobachteten direkten Übertragung von Mensch zu Mensch kommt der zielgruppenspezifischen und Lebenswelt-akzeptierenden Aufklärung und Information („awareness“ bei potentiell Betroffenen und medizinischem Personal) eine entscheidende

Bedeutung zu. Insbesondere nicht Pocken-geimpfte Personen ohne Impfbescheinigung oder Impfnarben sollen Kontakte zu wechselnden Sexualpartnern oder das Teilen von Betten und Kleidung meiden.

Gesichert Infizierte sollen für die Dauer von 21 Tagen in wirksamer Isolation verbleiben. Eine stationäre Krankenhausbehandlung nur aus Isolationsgründen ist nicht erforderlich, primär sollten stationäre Aufnahmen aus medizinischen Gründen bei schweren klinischen Verläufen oder drohenden Komplikationen erfolgen.

Kontaktpersonen mit relevantem Infektionsrisiko und Verdachtsfälle sollen sich während der Inkubationszeit bzw. bis zum sicheren Ausschluss der Infektion in Quarantäne begeben.

Medizinisches Personal soll bei Versorgung der vorgenannten Personengruppen geeignete Schutzkleidung (Maske, Handschuhe, Kittel) tragen.

2) Impfungen

In der EU ist ein nicht-replikativer Pockenimpfstoff (MVA-BN) zum Schutz vor Pocken-Infektionen (variola major, Orthopoxvirus) im Erwachsenenalter zugelassen. Aufgrund tierexperimenteller Daten ist dieser Impfstoff in den USA und Kanada auch für die Prävention von Affenpocken zugelassen. Klinische Wirksamkeitsdaten im Menschen konnten aufgrund bisher nur sporadischer Infektionsfälle nicht in ausreichendem Maß erhoben werden. Eine entsprechende Studie läuft seit längerer Zeit. Daten zur Verträglichkeit sind verfügbar, Sicherheitsdaten und Dosierungsempfehlungen in Risikogruppen liegen vor.

In den nicht-pockengeimpften Geburtsjahrgängen (etwa Geburtsjahrgängen ab den frühen 1970er Jahren) könnte eine Impfung einen relevanten Beitrag zur Erhöhung des Schutzes vor Infektion und Erkrankung leisten. Insbesondere im Umfeld bekannter Infektionscluster könnte eine Impfung Infektionen vermeiden bzw. Krankheitsverläufe abmildern und das Ausbruchsgeschehen erheblich begrenzen.

Eine Prüfung dieser Option sollte zeitnah durch die EMA (EU-Zulassung) und die STIKO (Impfempfehlung) erfolgen. Parallel sollte die Verfügbarkeit geprüft und die Beschaffung der Impfstoffe in ausreichenden Mengen sowie die Organisation bzw. Umsetzbarkeit von Impfempfehlungen vorbereitet werden. Etablierte infektiologische Schwerpunktbehandlungszentren und der öffentliche Gesundheitsdienst sind für eine mögliche Umsetzung vorzusehen.

3) Prüfung therapeutischer Optionen

Obgleich sich die bisherigen Fälle durch einen bekannt milden Verlauf der westafrikanischen Affenpockenvirusinfektion auszeichnen, sollten therapeutische Optionen für vulnerable Patientenpopulationen (z. B. relevante Immundefizienz) bereitstehen. Derzeit ist in der EU mit Tecovirimat ein antivirales Medikament für die Behandlung der Affenpockeninfektion zugelassen, eine Alternative stellt das nicht zugelassene Virostatikum Brincidofovir dar. Beider Verfügbarkeit muss sichergestellt werden. Die Behandlung sollte ebenfalls über etablierte infektiologische Schwerpunktbehandlungszentren erfolgen.

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Quelle: Deutsches Gesundheitsportal

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