Die Behauptung
Ein Imam rezitierte Koran-Verse bei einer Einschulungsfeier an der Nordschule in Stadtallendorf und löste damit einen Skandal aus. Einige Medien und rechte Netzwerke stilisierten dies als islamistische Einflussnahme.
Unser Fazit
Die Rezitation des Imams war Teil einer interreligiösen Geste, die sowohl christliche als auch muslimische Schüler gleichermaßen willkommen heißen sollte. Die Vorwürfe einer „islamistischen Unterwanderung“ sind unbegründet und entstellen die eigentliche Absicht der Feier.
kurze Faktenübersicht:
- Interreligiöse Zeremonie: Die Einschulungsfeier an der Nordschule wurde bewusst interreligiös gestaltet, um die Vielfalt der Schulgemeinschaft widerzuspiegeln.
- Fehlinterpretation: Rechte Netzwerke verzerrten den Vorfall, um islamfeindliche Narrative zu verbreiten, obwohl die Feier als Ausdruck eines respektvollen Miteinanders gedacht war.
- Schulische Reaktion: Die Schulleitung stellte klar, dass die Feier dem friedlichen Zusammenleben und der Integration diente, und verwahrte sich gegen die vorgebrachten Vorwürfe.
Hintergründe zur „Imam bei Einschulungsfeier“ in Stadtallendorf
Im August 2024 fand an der Nordschule in Stadtallendorf eine Einschulungsfeier statt, die nicht nur die neuen Schüler und ihre Familien, sondern auch die Aufmerksamkeit rechter Netzwerke auf sich zog. Während der Feier rezitierte der Imam Hüseyin Tunç von der örtlichen DITIB-Moschee die erste Sure des Korans, „Al-Fatiha“, vor den versammelten Kindern und Eltern. Dieser Akt wurde von einigen Medien und diversen rechten Plattformen als Zeichen einer „islamistischen Unterwanderung“ dargestellt.
Kontext und Absicht der Rezitation
Die Rezitation war jedoch nicht isoliert, sondern Teil einer interreligiösen Zeremonie, die bewusst sowohl muslimische als auch christliche Elemente einbezog. Die Schule befindet sich in einem multikulturellen Umfeld, in dem über 50 % der Schüler einen Migrationshintergrund haben, vor allem aus der Türkei und Syrien. Um den Schülern ein Gefühl der Zugehörigkeit zu vermitteln, beschloss die Schulleitung, in die Einschulungsfeier sowohl christliche als auch muslimische Rituale zu integrieren.
Ein Pfarrer und eine islamische Religionsbeauftragte organisierten diesen Teil der Feier gemeinsam. Während der Imam die „Al-Fatiha“ rezitierte, folgte unmittelbar danach eine deutsche Übersetzung, um alle Anwesenden einzubeziehen. Anschließend sprach der Pfarrer das „Vater unser“ und erteilte den Segen für alle Kinder. Diese interreligiöse Geste sollte die Vielfalt und das friedliche Miteinander an der Schule unterstreichen.
Reaktionen und Fehlinterpretationen
Trotz der guten Absichten der Schule wurde der Vorfall in sozialen Medien, insbesondere auf rechten Plattformen, aufgebauscht und verzerrt dargestellt. Ein kurzer Videoausschnitt der Feier, in dem nur die Rezitation des Imams zu sehen war, wurde als Beweis für eine angebliche „Islamisierung“ der Schule präsentiert. Diese Darstellung wurde jedoch von der Schulleitung vehement zurückgewiesen.
Wir haben die Schule mit den Vorwürfen konfrontiert und eine Stellungnahme erhalten! In dieser betonte die Schulleitung, dass die Einschulungsfeier im Sinne eines respektvollen und symbolträchtigen Miteinanders gestaltet wurde. Sie verwahrte sich gegen die anonymen Vorwürfe und Hetze, die nach der Veröffentlichung des Videos aufkamen.
Die Stellungnahme als Wortlaut:
„Die Grundschule I in Stadtallendorf ist eine Schule mit einem hohen Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund (ca. 55%). Den größten Anteil daran bilden Familien mit Wurzeln in der Türkei bzw. Syrien.
Bis vor einigen Jahren wurden ökumenische Gottesdienste in den evangelischen oder katholischen Kirchen der Stadt zur Einschulung angeboten, die vor der schulischen Aufnahmefeier stattfanden. Wegen schwindender Teilnehmerzahlen kam die Anfrage der Kirchengemeinden, ob diese in die Einschulungsfeiern der beiden Schulstandorte integriert werden könnten. Insofern waren die kirchlichen Teile zu Beginn (10-15min) fester Bestandteil der kindgemäßen Einschulungsfeiern und wurden einhellig begrüßt. Auch von Familien moslemischen Glaubens kam keine Kritik, zumal einige Schulfänger schon Kitas kirchlicher Träger besucht hatten.
Waren in den letzten Jahren fast ausschließlich Pfarrer bzw. Vikare der evangelischen Kirche bei den Einschulungsfeiern in den beiden Standorten zugegen und haben diese mitgestaltet, kam in diesem Jahr die Idee im Kollegium auf, doch die Vertreter der islamischen Gemeinde zu fragen, ob ein gemeinsames Tun zu Schulbeginn möglich wäre. Letztlich sollten die Kinder moslemischen Glaubens ebenso spüren, dass sie in der Schule willkommen sind.
Einer unserer beiden Kollegen, die bei uns im Jahrgang 3 und 4 Islamunterricht erteilen, übernahm die Aufgabe, die Religionsbeauftragte Türkan Otkan danach zu fragen, diese sagte zu. Pfarrer Thomas Peters unterstützte unseren Vorschlag und bereitete mit Frau Otkan eigenverantwortlich den kurzen interreligiösen Teil der Feier vor, der in deutscher Sprache gehalten war. Dies wurde im Informationsschreiben an die Eltern der Schulanfänger im Juni schon mitgeteilt.
Inhaltlich bezogen Frau Otkan und Herr Peters sich auf die gemeinsame Auslegung, dass Engel, angelehnt an die biblische Geschichte von Jakob und der Himmelsleiter, die neuen Schulkinder beschützen und begleiten mögen.
Der ebenfalls an der Einschulungsfeier teilnehmende, sich seit einer Woche neu im Amt der Gemeinde der Fatih-Moschee in Stadtallendorf befindliche Imam Hüseyin Tunç, übernahm nur kurz den Vortrag der Sure 1, die direkt danach von Frau Otkan auf Deutsch übersetzt wurde.
Im Anschluss sprach Pfarrer Peters das christliche „Vater unser“ und gab den Segen für alle. Die Schulanfänger erhielten zur Erinnerung einen kleinen Engel zum Befestigen am Schulranzen geschenkt, bevor die Einschulungsfeiern wie in jedem Jahr mit weiteren Lied- und Tanzvorträgen der Klassen 2 bis 4 fortgesetzt wurden.
Den Schluss der Einschulungsfeiern bildete das Aufrufen der Kinder in die jeweilige Klasse. Alle Lehrkräfte der Klassen 1 und der Vorklasse waren anwesend und zogen mit ihren Gruppen für eine Schulstunde in den Klassenraum, während der Schulleiter die Eltern noch mit nötigen Informationen versorgte.
Zum Abschluss des ersten Schultages wurden noch Klassenfotos mit den Schultüten
gemacht.“
Fragen und Antworten zur Kontroverse
Frage 1: War die Rezitation des Korans bei der Einschulungsfeier ein Zeichen für islamistische Einflussnahme?
Antwort: Nein, die Rezitation war Teil einer interreligiösen Zeremonie, die dazu diente, sowohl muslimische als auch christliche Kinder willkommen zu heißen. Sie war keineswegs als politische oder religiöse Propaganda gedacht.
Frage 2: Wie hat die Schulleitung auf die Vorwürfe reagiert?
Antwort: Die Schulleitung hat die Vorwürfe entschieden zurückgewiesen und die Feier als eine friedliche und integrative Veranstaltung verteidigt. Sie betonte, dass solche interreligiösen Gesten Teil des Schulalltags in einer multikulturellen Umgebung sind.
Frage 3: Welche Rolle spielt DITIB in diesem Kontext?
Antwort: DITIB wird häufig aufgrund seiner Verbindung zur türkischen Regierung kritisch betrachtet. In diesem Fall war die Beteiligung eines DITIB-Imams jedoch Teil einer breiteren interreligiösen Initiative, die von der Schule und den christlichen Vertretern unterstützt wurde.
Fazit
Die Einschulungsfeier in Stadtallendorf war eine bewusst interreligiöse Veranstaltung, die dazu dienen sollte, alle Schüler unabhängig von ihrem religiösen Hintergrund willkommen zu heißen. Die empörten Reaktionen und der Versuch, diese Feier als „islamistische Unterwanderung“ darzustellen, sind eine bewusste Verzerrung der Tatsachen. In einer multikulturellen Gesellschaft sollten solche Gesten des Miteinanders gefördert und nicht für politische Hetze missbraucht werden.
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