Nein, die Impfstoffe erhöhen nicht das Risiko, an Covid-19 zu sterben

Autor: Annika Hommer

Nein, die Impfstoffe erhöhen nicht das Risiko, an Covid-19 zu sterben
Nein, die Impfstoffe erhöhen nicht das Risiko, an Covid-19 zu sterben

In einem Leserbrief in einer Zeitung wird behauptet, ein Vergleich von Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums und der WHO zeigte, dass das Risiko an Covid-19 zu sterben, nach einer Impfung gegen das Virus um das 30-fache gesteigert würde.

Aber die vom Verfasser des Briefes selbst angestellte Berechnung ist falsch. Ein Foto des Leserbriefes aus der „Neuen Württembergischen Zeitung“ (NWZ) vom 28.Mai 2021 mit dem Titel „Völlig Verantwortungslos“ verbreitet sich derzeit besonders auf Facebook und WhatsApp.

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Der Leserbrief

Die Behauptung: Gegen Covid-19-Geimpfte sollen 30-mal häufiger an Corona sterben als Ungeimpfte. Weiter wird behauptet, das Bundesgesundheitsministerium habe gegenüber einem Journalisten mitgeteilt, es seien „bereits über 57.000 Covid-Fälle von ein- oder zweifach Geimpften“ gemeldet worden, von denen 4,7 Prozent verstorben seien. Weiter vergleicht der Verfasser des Leserbriefs die Zahlen mit anderen, die angeblich von der WHO stammen sollen. Diesen Zahlen zufolge liege die Sterblichkeitsrate von Ungeimpften bei einer Covid-19-Erkrankung bei durchschnittlich 0,15%. Hieraus leitet der Verfasser die 30-fache Sterblichkeit von Geimpften ab.

Zunächst: Der Leserbrief ist echt

Der in den sozialen Medien geteilte Beitrag besagt, der Ausschnitt stamme aus der Göppinger Tageszeitung, was nicht korrekt ist. Der Redaktionsleiter der NWZ, Helge Thiel, bestätigte auf Nachfrage gegenüber den Faktencheckern vom Correctiv die Echtheit der Lesereinsendung und betonte, dass es sich dabei nicht um einen Artikel der Redaktion handele. Ebenfalls bestätigte Thiel, dass diese im Lokalteil der NWZ am 28. Mai 2021 erschienen sei. Nach dem Erscheinen des Beitrags habe es weitere Zuschriften gegeben, die sich kritisch mit dem Inhalt des ursprünglichen Leserbriefes auseinandergesetzt hätten.

Die Einordnung der genannten Zahlen

Laut dem Bundesgesundheitsministerium seien die Zahlen der geimpften Covid-19-Infizierten korrekt. Hierbei handele es sich um „Daten des RKI zu Infizierten, bei denen gleichzeitig der Impfstatus bekannt gewesen sei“, so ein Pressesprecher des Ministeriums. Allerdings fehle der Kontext, in dem die Zahlen zu sehen sind. Bei den geimpften Infizierten hatten von 57.146 eine Anzahl von 44.059 nur ihre Erstimpfung erhalten. Bei den Impfstoffen von Astrazeneca, Biontech/Pfizer und Moderna liege die Wirksamkeit nach der ersten Dosis bei 60 bis 70 Prozent, was die Möglichkeit einer Infektion höher ausfallen ließe als bei einem vollständigen Impfschutz.

Bei den 13.087 Infizierten mit zweifacher Impfung sei nicht klar, ob sich die Infektion vor oder nach der Entfaltung des vollständigen Impfschutzes -zwei Wochen nach Verabreichung der zweiten Dosis- ereignete. All diese Zusammenhänge werden im besagten Leserbrief außer Acht gelassen.

Die Infektionssterblichkeitsrate

Die vom Verfasser des Leserbriefs angegebene Sterblichkeit von 0,15 Prozent bei einer Covid-19-Erkrankung stammt nicht von der WHO, sondern mutmaßlich aus einer Arbeit des Forschers John Ionannidis (LINK: Reconciling estimates of global spread and infection fatality rates of COVID‐19: An overview of systematic evaluations – Ioannidis – 2021 – European Journal of Clinical Investigation – Wiley Online Library)

Eine Erklärung: Zur Berechnung der Infektionssterblichkeitsrate (IFR) muss die Zahl aller Infizierten bekannt sein, was aufgrund der Dunkelziffer kaum genau machbar ist. Aufgrund dessen werden zur IFR lediglich Schätzungen angegeben. Aufgrund von Schätzungen zu den weltweiten Covid-19-Infektionszahlen nach sechs Seroprävalenz-Studien hatte Ioannidis auf eine ungefähre IFR von weltweit 0,15 Prozent verwiesen. Er selbst weißt allerdings auch darauf hin, dass diese Zahl mit Vorsicht zu betrachten sei und eine Infektionssterblichkeit immer von den gegeben Umständen und der betrachteten Bevölkerung abhänge. In weiteren Meta-Studien und der Auswertung wissenschaftlicher Arbeiten aus verschiedenen Regionen kommt Ionannidis zu dem Schluss, dass die IFR im Median je nach Region zwischen 0,1 und 0,9 Prozent liege.

Zahlenvergleich sinnlos

Da die IFR je nach betrachteter Menschengruppe variiert, ist sie kein fester Wert, der zu einem solchen Vergleich herangezogen werden kann. Der konkret im Leserbrief angestellte Vergleich findet zwischen einem weltweiten Schätzwert aller Covid-19-Verstorbenen und der Sterblichkeit von trotz Impfung Verstorbener in Deutschland statt. Dieser Vergleich ergibt keinen Sinn.

Der Leserbrief versucht damit die Wirksamkeit der Covid-19-Impfstoffe infrage zu stellen und Unsicherheiten zu verbreiten. Studien zeigen jedoch, dass die zugelassenen Impfstoffe wirken und dadurch vor schweren Krankheitsverläufen schützen und die Zahl der Todesfälle durch Corona verringern.

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Quelle:correctiv.org
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