Nein, Ihr bekommt am 8. Dezember keine Spionage-SMS!

Am 8. Dezember findet der bundesweite Warntag statt, an dem die meisten Smartphones mittels Cell Broadcast um 11 Uhr eine Warnung direkt auf dem Display erhalten. Doch manche vermuten, dass damit sämtliche Daten ausgelesen werden – was technisch absoluter Unfug ist.

Autor: Ralf Nowotny

Die Behauptung

Angeblich werden durch die Warn-SMS am 8. Dezember sämtliche Daten aus dem Smartphone ausgelesen.

Unser Fazit

Durch eine versendete und geöffnete Kurznachricht können schon rein technisch nicht die Daten des Smartphones ausgelesen werden. Durch die sogenannte „stille SMS“, die mit der Warn-Nachricht überhaupt nichts zu tun hat, können Ermittlungsbehörden den Standort von Straftätern ermitteln, doch auch diese können keine Daten auslesen. Somit handelt es sich bei dem verbreiteten Text um eine reine Panikmache.

Nicht jeder muss Technik verstehen. Das ist auch vollkommen In Ordnung. Schlimm ist es jedoch, wenn Technik nicht verstanden wird und aufgrund dessen einfach haltlose Behauptungen aufgestellt werden, um zu verunsichern. So wie jene Warnung vor der Textnachricht, die am 8. Dezember mobil verschickt wird: Denn diese ist keine „stille Spionage-SMS“ – und selbst wenn sie es wäre, könnte sie nicht das, was ihr zugetraut wird!

Die kursierende Warnung

Per WhatsApp und auf Social Media kursiert folgende Warnung vor der SMS am 8. Dezember, die per Cell Broadcast zugestellt wird.

Die Warnung vor der SMS
Die Warnung vor der SMS

Der kursierende Text im Wortlaut:

„Vorsicht!!! Warntag am 8.12.2022 und SMS!!!

Wenn Ihr eine SMS bekommt, nicht öffnen!
Ohne anzuschauen löschen! Der sogenannte Staat könnte sich Zugriff auf Dein Handy erschleichen!“

Darunter befindet sich ein Link, der zu einem Artikel von Chip führt (siehe HIER), in dem es um sogenannte „stille SMS“ geht, mit denen der Verfassungsschutz, die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt mit Zustimmung eines Gerichts den Standort eines Smartphones ausfindig machen können.

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Die Warn-Nachricht am 8. Dezember

Der Warntag ist ein gemeinsamer Aktionstag, bei dem Bund und Länder, sowie teilnehmende Kreise, Städte und Gemeinden in einer Übung ihre Warnmittel erproben. Um 11:00 Uhr aktivieren die beteiligten Behörden und Einsatzkräfte zeitgleich unterschiedliche Warnmittel.

Eines der Warnmittel ist eine in Deutschland bisher noch nie genutzte Technik: Der sogenannte Cell Broadcast, wir erklären diesen ausführlich HIER. Dabei wird eine SMS nicht direkt von einem spezifischen Absender gesendet, sondern an alle Smartphones, die sich innerhalb einer oder mehreren spezifischen Mobilfunkzellen befinden.

Kann der Staat mit dieser Warn-Nachricht meine Daten auslesen?

Nein.

Es handelt sich rein um den Versand einer Textnachricht. Nichts weiter. Um keinen Virus oder Trojaner. Wenn es technisch irgendwie möglich wäre, mittels einer einfachen Textnachricht per SMS die Daten eines Smartphones auslesen zu können, würden Hacker diese Sicherheitslücke bereits in vollen Zügen ausnutzen.

Und was hat es mit der stillen SMS auf sich?

Die hat mit der Warn-Nachricht am 8. Dezember überhaupt nichts zu tun. Es handelt sich dabei um eine Kurznachricht, die an ein bestimmtes Handy versendet wird, aber nicht auf dem Handy sichtbar ist. Im Februar 2018 wurde diese Methode zur Verfolgung von Straftätern durch den Bundesgerichtshof genehmigt.

Die Technik funktioniert folgendermaßen:
Per gerichtlichen Beschluss dürfen der Verfassungsschutz, die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt auf die Positionsdaten eines Handys bei einem Funkbetreiber zugreifen. Per GPS geht dies ganz gut, doch ist dies nicht bei jedem Smartphone aktiviert. Also wird rund alle eineinhalb Minuten eine „stille SMS“ an das Handy gesendet.

Das Handy empfängt diese „stille SMS“ und meldet dem nächstgelegenen Mobilfunkturm, dass sie empfangen wurde. Der Funknetzbetreiber gibt diese Daten dann an die Ermittlungsbehörden weiter, die dadurch einen Bewegungsverlauf und einen ungefähren Standort eines Verdächtigen erfahren.

Das war es aber auch schon. Durch eine „stille SMS“ könne nicht die Daten eines Handys oder Smartphones ausgelesen werden, sondern nur ein Bewegungsverlauf und ein ungefährer Standort festgestellt werden.

Fassen wir zusammen

  • Am 8. Dezember wird um 11 Uhr eine Textnachricht per Cell Broadcast an alle Smartphones geschickt
  • Es handelt sich im Prinzip um eine SMS, nur die Technik der Versendung ist anders
  • Durch eine versendete und geöffnete SMS können schon rein technisch nicht die Daten des Smartphones ausgelesen werden
  • Eine „stille SMS“ ist rein vom Namen her schon was ganz anderes, denn diese ist – Überraschung – still, also nicht bemerkbar
  • Diese ist auch nur auf richterlichen Beschluss erlaubt, wird bei Straftätern angewendet und verrät den Ermittlungsbehörden den Aufenthaltsort, kann aber ebenfalls keine Daten auslesen

Es handelt sich bei dem verbreiteten Text um eine reine absichtliche oder unabsichtliche Panikmache aufgrund nicht vorhandenem Technikwissen, wobei wir eher von Absicht ausgehen, da die Formulierung „der sogenannte Staat“ auf eine Quelle aus dem Reichsbürger-Milieu hindeutet.



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