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Diese Aussage legt zumindest das Ergebnis einer Studie nahe. Demnach reagieren Kulturen mit strikterem Regelverhalten besser auf die Pandemie. Doch auch diese Studie deckt nicht alle Faktoren ab.

Ein Forschungsteam um Psychologie-Professorin Michele Gelfand von der Universität Maryland veröffentlichte eine Studie, die die Beziehung zwischen Corona-Fällen und Gesellschaften mit einer ‚lockeren‘ sowie ‚strikten‘ Einstellung zu Regeln untersuchte. Dabei kamen die Forschenden zu dem Ergebnis, dass Kulturen mit strengen sozialen Normen besser auf die Krise reagieren können.

Dazu heißt es in der Studie: „Wir vermuten, dass kollektive Bedrohungen ein enormes Maß an Koordination erfordern, und dass die strikte Einhaltung sozialer Normen ein Schlüsselmechanismus ist, der Gruppen dazu befähigt.“

Zur Veröffentlichung ihrer Studie schrieb Gelfand einen Artikel im Guardian. Hier vergleicht sie die COVID-Situation in Japan und Mexiko. Beide haben eine ähnliche Einwohner*Innenzahl doch erheblich auseinanderklaffende Todeszahlen zu beklagen. In Japan sind es zurzeit 6.338 und in Mexiko 166.200.

Stärkerer Hang zu Regeln gleich weniger Corona-Fälle?

An dieser Stelle kann man nun mehrere Ursachen vermuten und ergründen, z.B. den Zustand des Gesundheitswesens oder das Klima. Die Forscher*Inne der Studie vermuten jedoch eine ganz andere vordergründige Ursache: „Kulturelle Differenzen und der Wille Regeln zu folgen oder nicht.“

Um zu diesem Ergebnis zu kommen, hat das Forschungsteam die Daten von 50 Ländern, Stand Oktober 2020, ausgewertet, die von der Seite Our World in Data stammen. Demnach haben sogenannte lockere Gesellschaften etwa fünfmal so viele Todesfälle zu beklagen als regelbeflissene Gesellschaften.

Was ist unter ‚strikten‘ Gesellschaften zu verstehen?

Strikte Gesellschaft sind laut dieser Studie und einer vorherigen von 2011 Länder wie China Singapur, aber auch Österreich, die unter einem strengeren Regelkonzept leben. Dies zeigt sich auf institutioneller Ebene durch den Staat oder auch in sozialen Normen, z.B., was in der Öffentlichkeit oder im Privaten moralisch gestattet ist.

Lockere Gesellschaften sind laut der Studie z.B. die USA, Brasilien oder Spanien, die offener, toleranter und kreativer sind. Das Bedürfnis Regeln mehr oder weniger zu befolgen ist dabei insbesondere durch die Geschichte begründet. Die von der Studie als strikter angesehen Gesellschaften, weisen vermehrt Naturkatastrophen, Hungersnöte oder Invasionen in ihrer Historie auf.

Studie beruht stark darauf, was als locker oder strikt verstanden wird

In dem Guardian Artikel sieht Gelfand die anhaltenden Probleme der USA in der späten Reaktion oder auch Missachtung von Warnsignalen. Es gebe dort immer noch Menschen, die Partys feiern oder ohne Maske einkaufen gehen.

Als möglichen Lösungsweg schlägt sie vor, dass die Corona-Bedrohung deutlicher gemacht werden muss, ohne dabei die Menschen in Panik zu versetzen. Außerdem müsse klar sein, dass das Gelten von strikten Regeln nur temporär sei. Dafür bräuchte es auch einen gemeinsamen Kampfgeist. Als positives Beispiel führt Gelfand Neuseeland an. Das als sehr lockere geltende Land hätte sofort strenge Maßnahmen umgesetzt und deswegen nur 25 Tote zu beklagen.

Wie ist die Studie zu bewerten?

Sie ist zumindest mit Vorsicht zu genießen. Denn gerade am Beispiel von Neuseeland sieht man Risse in der Argumentation. Was gilt denn nun? Wie locker eine Gesellschaft ist oder wie streng die Maßnahmen seitens einer Regierung sind?

Die Einteilung in strikte und lockere Gesellschaften ist auch deswegen schwierig, da die Vorgänge in einer Gesellschaft in gerade einmal zwei Vokabeln eingeteilt werden. Denn es gibt noch andere Faktoren, die den Verlauf einer Pandemie mitbestimmen.  Z.B wie ein Wirtschaftssystem aufgebaut ist: Können Menschen einfach zuhause bleiben? Leben sie wie in Neuseeland auf einer relativ leicht abschottbaren Insel?

Auch das Beispiel der USA ist auf den nächsten Blick komplexer: Denn in diesem Fall wurde lange seitens der Regierung unter Trump die Bedrohung heruntergespielt und ein frühzeitiges Eingreifen verhindert. Kann man das als Indiz einer lockeren Gesellschaft werten?

Strikt und locker legt zudem eine weiter potentielle Interpretation nahe gegen die sich jedoch das Forscher*Innenteam bereits in der Studie wehrt: „Wir betonen, dass unsere Theorie nicht impliziert, dass autoritäre Regierungen besser geeignet sind, die Fall- und Todesraten zu senken als demokratische Kulturen.“

Vielleicht liegt es auch an der bisheriger Krisenerfahrung und nicht nur an der Einstellung zu Regeln?

Wenn man einmal von strikt und locker absieht, sticht ein Randargument der Studie hervor. Nämlich, dass Gesellschaft, die bereits in ihrer Geschichte viele Krisen erlebt haben nun ‚glimpflicher‘ durch die Pandemie kommen. Das gelte laut Berichten (hier und hier) insbesondere für einige afrikanische Staaten. Hier habe man aus Jahrzehnten Kampf gegen Epidemien gelernt.

Wie in anderen Fällen bei Corona auch, sind die möglichen Ursachen vielfältig und komplex. So scheint es auch beim Verlauf der Pandemie zu sein.

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