Wie mit dem Foto eines Radladers Stimmung gegen E-Auto-Batterien gemacht wird

Die Zahlen des Radlader-Sharepics sind übertrieben. Auf die Lebensdauer gesehen, schneidet eine Elektroautobatterie besser in der CO₂-Bilanz ab.

Autor: Walter Feichtinger

Die Behauptung

Der Radlader am Foto verbrennt in 12 Stunden etwa 1000 Liter Treibstoff und bewegt 250 Tonnen Erde, um die Materialien zu gewinnen, die für die Herstellung einer einzigen Tesla-Batterie benötigt werden.

Unser Fazit

Die Menge Material, die ein CAT 994K für eine Batterie bewegen müsste, schafft er mit Leichtigkeit innerhalb weniger Minuten. Der Radlader verbraucht dabei unter 12 Liter Diesel. Die 250 Tonnen Materialaushub und weitere Zahlen sind übertrieben.

Radlader Elektroautobatterie
Wie mit dem Foto eines Radladers Stimmung gegen E-Auto-Batterien gemacht wird

Die Energie- und Verkehrswende ist notwendig, auch wenn es viele nicht wahrhaben möchten. Bilder von Radladern von Caterpillar gehen in verschiedenen Varianten inklusive Falschbehauptungen durch die Social-Media-Kanäle: in verschiedenen Sprachen, mit etwas abweichenden Zahlen und unterschiedlichen Fotos. Die Message bleibt aber die gleiche: Eine E-Auto-Batterie verbraucht zu viele Ressourcen, um wirklich umweltfreundlich zu sein. Die aktuelle Version sieht so aus:

Um eine Batterie herzustellen, benötigt man: – 12 Tonnen Salzlauge für Lithium, – 15 Tonnen Erz für Kobalt – 3 Tonnen…

Gepostet von Bauern Informieren am Montag, 12. Dezember 2022

Wir haben uns zu diesem Posting vier Fragen gestellt:

  1. Ist das am Bild der behauptete Radlader?
  2. Können die angegebenen Verbrauchsdaten des Radladers stimmen?
  3. Stimmen die Zahlen für einen typischen E-Auto-Akku von Tesla?
  4. Ist der Ressourcenverbrauch für die Herstellung realistisch?

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Der Radlader von Caterpillar

Am Foto lassen sich zwei Beschriftungen erkennen: CAT und 994. Es handelt sich also um einen Radlader der US-Firma Caterpillar der Baureihe 994. Diese werden seit 1992 hergestellt, das aktuelle Modell ist der CAT 994K. Über die Jahre haben sich die Größe und Spezifikationen der CAT 994-Modelle mehrmals geändert. Viele Bauteile von neueren Modellen lassen sich aber noch immer bei älteren verwenden. Das Schild hinten zeigt noch nicht den Modell-Buchstaben, der bei späteren Modellen (ab dem 994D) üblich ist.

Radlader
Abbildung aus dem Produktkatalog des CAT 994D von 2001

Von einem B-Modell haben wir keine Daten im Netz gefunden. Es muss sich am Bild um einen 994C (etwa ab 1996 gebaut) oder wirklich um das ursprüngliche Modell handeln. Vom letzteren geht auch news.italy24.press aus.

Der Verbrauch eines CAT 994

Das deutsche AFP-Faktencheck-Team ist im Mai bereits einem ähnlichen Sharepic nachgegangen. Sie haben dafür den Caterpillar-Vertriebspartner in Deutschland kontaktiert. Der Pressesprecher der Zeppelin Baumaschinen GmbH gab an, dass das aktuelle Modell, der Radlader CAT 994K, in der Stunde zwischen 96 und 217 Liter Diesel verbraucht. In einer 12-Stunden-Schicht wären das 1150 bis 2600 Liter Diesel. Im älteren Sharepic wurde noch behauptet, dass der Radlader 1800 Gallonen (bei US-Gallonen: umgerechnet etwa 6800 Liter) Sprit verbrauchen würde, das ist auf jeden Fall viel zu hoch angesetzt.

Über Leistung und Verbrauch des A-Modells finden sich keine Daten mehr im Netz, der CAT 994A war aber auf jeden Fall etwas kleiner und leichter als das aktuelle K-Modell. Die 1000 Liter des aktuellen Sharepics würden also in der Größenordnung mal stimmen. 250 Tonnen Erde sollen während der 12-Stunden-Schicht bewegt werden, um genug Materialien für eine Tesla-Batterie zu gewinnen. Laut Caterpillar-Partner schafft es der Radlader allerdings bis zu 4800 Tonnen zu bewegen, also das Neunzehnfache. Oder umgekehrt: Für die 250 Tonnen Material würde der CAT 994K nur etwa 38 Minuten benötigen.

Update 17.12.2022

Vielen Dank für die Hinweise aus der Community! Einige Leute mit echter Erfahrung mit solchen Riesenmaschinen haben die Zahlen angezweifelt und angemerkt, dass 250 Tonnen innerhalb einiger Minuten aufgeladen werden können. Wir haben deshalb nochmals nachgerechnet.

Ein Radlader bewegt die vom Hersteller angegebene Menge von bis 4800 Tonnen in 1 Stunde, nicht in einer 12-Stunden-Schicht. Die Rechnung am Sharepic liegt damit gleich um den Faktor 230 daneben. Oder anders gesagt: Ein CAT 994K schafft die 250 Tonnen in etwas mehr als 3 Minuten und verbraucht dabei unter 12 Liter Diesel.

Rohstoffe für E-Auto-Batterien

Da stellt sich natürlich die Frage: Welche Tesla-Batterie ist hier gemeint? Die konkret verbaute Batterie kann nämlich sehr unterschiedlich sein. „Wenn wir uns die fast 20-jährige Geschichte von Tesla ansehen, scheint das Geheimnis nicht in einer bestimmten Batterie zu liegen, sondern in der Herangehensweise – sehr pragmatisch, flexibel, auf ständige Weiterentwicklung und Anpassung ausgerichtet und auf der Suche nach neuen Chancen“, schreibt Mark Kane für insideEVs. Die Elektrofahrzeuge von Elon Musk verwenden vier verschiedene Batterietypen, die sich in Leistung und chemischer Zusammensetzung unterscheiden.

Alle verwendeten Batterien sind zwar Lithium-Ionen-Akkumulatoren, aber trotzdem nicht gleich, denn als Kathoden werden unterschiedliche Materialien eingesetzt. Neue, reversible, chemische Prozesse wurden entdeckt und die notwendige Technologie verfeinert. Nach den Typen wird unterschieden in: (Lithium-)Nickel-Kobalt-Aluminium (NCA), (Lithium-)Nickel-Kobalt-Mangan (NCM) und Lithium-Eisenphosphat (LFP). Die eine Tesla Batterie, von der im Sharepic gesprochen wird, existiert also nicht.

Lithium und Wasserverbrauch

Sehen wir uns aber mal ein Beispiel an. Laut Tesla werden für das S-Modell mit einer 86-kWh-Batterie 12 Kilogramm Lithium benötigt. e-on hat sich angesehen, wie Lithium genau gewonnen wird. Das kann durch Tagebau von Erzen passieren, wie in Australien. Oder durch das Verdunsten von Wasser aus lithiumhaltigen, unterirdischen Salzseen, wie in Südamerika. Je nach Salzsee variiert die Lithiummenge sehr stark, für eine Tonne Lithium aus dem Salar de Uyuni müsste man etwa 2 Millionen Liter Wasser verdunsten.

An anderen Lagerstätten ist die Konzentration wesentlich höher, bei der chilenischen Salar de Atacama wären das im Vergleich 0,4 Millionen Liter Wasser. Die Rechnung stimmt aber nicht ganz. „Dieses Wasser geht nicht komplett verloren. Da das Lithium bereits aus der feuchten Sole extrahiert wird und das übrige Wasser wieder in den Boden zurück gepumpt wird“, schreibt e-on. Eine solche Anlage „fördert laut Geschäftsbericht des Betreibers SQM täglich bis zu 130 Tonnen, aus denen am Ende etwa 23 Tonnen reines Lithium werden.“ Der Wasserverbrauch bei der Lithiumgewinnung kann also stark variieren und durch Rückpumpen des Restwassers massiv verringert werden.

Lithium- und Kobaltmengen in den Batterien

Die AutoBild hat sich angesehen, wie viele Mengen Rohstoffe in einer 50-kWh-Batterie stecken. Nämlich ungefähr: 6 kg Lithium, 10 kg Mangan, 11 kg Kobalt, 32 kg Nickel und zwischen 50 und 100 kg Grafit. Bei den Gehäusen werden vor allem Aluminium, Stahl und Kunststoffe verbaut, die sehr gut recycelt werden können. efahrer.chip.de kommt auf etwas andere Mengen:

Ein normaler Elektroauto-Akku mit 90 Kilowattstunden benötigt etwa 13,5 Kilogramm Kobalt. Ebenso viel Lithium sind darin verbaut. Das entspricht 150 Gramm pro Kilowattstunde (kWh). Demnach werden für einen 50 kw/h Akku immer noch jeweils 7,5 Kilogramm benötigt. 

Lithium und Kobalt in Elektroauto-Akkus: Alle Infos, vom August 2019 (sic)

Das Frauenhofer Institut für System und Innovationsforschung hat die aktuellen Entwicklungen bei den E-Auto-Batterien im Blick:

Der Gewichtsanteil von Lithium in Hochenergie-Batterien wird sich demnach nicht wesentlich verringern lassen (etwa 72 Gramm Lithium je Kilogramm Zelle), jedoch wird sich sehr wahrscheinlich der Gewichtsanteil von Kobalt drastisch reduzieren lassen (von 200 Gramm je Kilogramm Zelle für NMC 111 bis 60 Gramm je Kilogramm Zelle für NMC 811). Dem erhöhten Nickel-Bedarf könnte zum Beispiel ein Übergang zu Hochenergie-NMC (Lithium-reiche Materialien mit hohem Mangan-Anteil) entgegenwirken, das heute noch im Entwicklungsstadium ist.

Aus: Batterien für Elektroautos: Faktencheck und Handlungsbedarf

Schlussfolgerung Rohstoffverbrauch

Wie schwer ist eigentlich so eine E-Auto-Batterie? Meist zwischen 200 und 700 Kilogramm, schreibt AutoBild. Die Batterie des Tesla Model 3 mit 75 kWh kommt z.B. auf 478 kg. Im Facebook-Posting wird behauptet, dass eine Batterie aus 12 kg Lithium, 30 kg Nickel, 22 kg Mangan, 15 kg Kobalt, 100 kg Kupfer und 200 kg Aluminium, Stahl und Kunststoff besteht. Das wäre in Summe etwas leichter (379 kg) als die Batterie des Tesla Model 3. In der 86-kWh-Batterie des Modell S stecken wie gesagt 12 Kilogramm Lithium.

Die Größenordnung der Mengen dieser Rohstoffe lt. Facebook-Posting kommt in etwa hin. Insbesondere wenn man berücksichtigt, dass die verschiedenen E-Auto-Batterietypen in ihrer chemischen Zusammensetzung stark voneinander abweichen. 12 Tonnen Salzlauge für 12 kg Lithium sind auch innerhalb des riesigen Spektrums, wie wir oben gezeigt haben. Wie es sich mit den Erzmengen und der Gesamtmenge an bewegter Erde verhält, ist nochmals eine ganz andere Sache.

AFP und dpa-Faktenchecker haben bei verschiedenen Forschungsinstituten nachgefragt, die Experten konnten aber keine konkreten Zahlen zum Erdaushub nennen. Man geht allerdings von deutlich geringeren Mengen aus, „zumal mit den abgebauten metallischen Rohstoffen nicht nur Batterien für Elektroautos, sondern auch zahlreiche andere Produkte hergestellt würden. Zudem werde etwa das in Tesla-Batterien verwendete Kobalt im Rahmen des Abbaus anderer Metalle produziert“.

FAZIT

Ein Radlader CAT 994K bewegt weitaus mehr als 250 Tonnen, nämlich um die 58.000 Tonnen Erde in einer 12-Stunden-Schicht. Dabei verbraucht er stolze 1150 bis 2600 Liter Diesel. Das Vorgängermodell CAT 994A war etwas kleiner, die Zahlen sollten aber nicht viel niedriger sein.

Wie viel Erz und Erde für eine Tesla-Batterie bewegt werden muss, lässt sich auch mit Expertenhilfe nicht genau sagen. 250 Tonnen Erde und die 15 Tonnen Erz für Kobalt sind auf jeden Fall viel zu hoch gegriffen. Der Verbrauch von 12 Tonnen Salzlauge für das Lithium ist im Bereich des Möglichen, auch wenn wassersparender gearbeitet werden kann oder auf Lithium-Erz aus dem Tagebau zurückgegriffen werden könnte.

Je nach konkretem Modell und den chemischen Reaktionen der E-Auto-Batterie weichen die verwendeten Metalle stark voneinander ab. Auch wenn es die eine Tesla-Batterie nicht gibt, so sind die angegebenen Kilo-Mengen zumindest vorstellbar; z. B. im Tesla Modell-S sind in der 86-kWh-Batterie 12 Kilogramm Lithium verbaut.

Die Menge Material, die ein CAT 994K für eine Batterie bewegen müsste, schafft er mit Leichtigkeit innerhalb weniger Minuten. Der Radlader verbraucht dabei (auf den Maximalverbrauch bezogen) weniger als 12 Liter Diesel.

Das ist auch die wichtigste Aussage dieses Faktenchecks: Die zentrale Behauptung des Postings und des Sharepics sind FALSCH. Der Vergleich mit übertriebenen Zahlen dient in erster Linie der Stimmungsmache gegen die dringend notwendige Energie- und Verkehrswende.

Elektroautos sind in ihrer Herstellung deutlich energieintensiver als Modelle mit Diesel- oder Benzinmotor. Entsprechend der Life Cycle Analyse starten Elektroautos mit einer wesentlich höheren CO₂-Belastung bei der Produktion. „Mit dem österreichischen Strom-Mix [aus vorwiegend erneuerbaren Energien] lässt das E-Auto bei zunehmender Betriebsdauer die anderen Antriebsvarianten jedoch hinter sich“, erklärt der ÖAMTC.


Quellen: Caterpillar, Frauenhofer ISI, insideEVs.com, specs.lectura.de, AFP-Faktencheck, dpa-Faktencheck, news.italy24.press, ÖAMTC, AutoBild, efahrer.chip.de, e-on.de

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