Daran Schuld seien die Empfehlungssysteme der Social-Media-Plattformen, denn diese seien dafür verantwortlich, dass die gewalttätigen Beiträge millionenfach verbreitet wurden, heißt es in der von den zwei äthiopischen Forschern Abrham Meareg und Fisseha Tekle sowie der kenianischen Menschenrechtsorganisation „Katiba Institute“ eingereichten Klage.

Klage-Hintergrund: Eine sehr persönliche Geschichte

Die Geschichte hinter der Klage ist eine sehr persönliche: Abrhams Vater Meareg Amare wurde am 3. November 2021 vor seinem Haus erschossen. Der Chemieprofessor gehörte der ethnischen Gruppe Tigrayer an und war zuvor in mehreren Posts auf Facebook verleumdet worden, da er angeblich auf unerlaubte Weise zu Reichtum gekommen sei. In den Kommentaren wurde daraufhin – neben der Angabe der Adresse – sein Tod gefordert. Die Aufforderungen seitens Abrham, die Beiträge von Facebook zu löschen, blieb ohne Erfolg. Erst nach dem Mord entfernte Meta einen der Posts.

„Ich mache Facebook persönlich verantwortlich für den Tod meines Vaters. Facebook sagt, es ist gegen Rassismus und Hass. Aber es hat auf unsere Warnungen nie gehört und unsere Sorgen ignoriert.“

Abrham Meareg gegenüber der ZEIT

Aus diesem Grund reichten Abrham und Fisseha die Klage gegenüber Meta ein.

Fehlende Moderation der Beiträge

Sie werfen Facebook in der Klage vor allem vor, seine Algorithmen unzureichend geschult zu haben, um gefährliche und hasserfüllte Beiträge wie im obigen Fall zu erkennen und zu entfernen. Außerdem hätten MitarbeiterInnen eingestellt werden müssen, um Inhalte in den Sprachen überwachen, die vom regionalen Moderationszentrum in Nairobi abgedeckt werden.

Meta-Sprecherin Erin McPike äußerte demgegenüber, dass Hassreden und Aufstachelung zur Gewalt gegen die Regeln von Facebook und Instagram verstießen.

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Rosa Curling, Direktor von Floxglove, einer englischen NGO, die gegen Menschenrechtsvergehen von Techfirmen vorgeht und die Klage unterstützt, sagt:

„Facebook darf den Profit nicht länger über das Wohl der Menschen stellen. So wie im Völkermord in Ruanda über das Radio der Hass angefeuert wurde, geschah das in Äthiopien über Facebook. Und die Plattform hat die Mittel, die Verbreitung von Hass zu vermeiden.“

Reformen gefordert

Abrham und Fisseha fordern von Meta in ihrer Klage umfangreiche Reformen der Plattform.

Dazu gehört unter anderem eine Aufstockung des Personals für die oben genannte Moderation der Beiträge für die Empfehlungsseite, eine sofortige Entfernung rabiater Inhalte, aber auch eine Entschädigung in Form eines Fonds über ungefähr 2 Millionen Dollar. Diese Entschädigung soll allen Personen zustehen, die Opfer von auf Facebook geteilten Gewaltbeiträgen werden.

Auch generell soll der Algorithmus so verändert werden, dass er Hassrede automatisch schneller löscht.

McPike erklärte diesbezüglich:

„Wir investieren stark in Teams und Technologie, um diese Inhalte zu finden und zu entfernen. Wir beschäftigen Mitarbeiter*innen mit lokalen Kenntnissen und Fachwissen und entwickeln unsere Fähigkeiten weiter, um verletzende Inhalte in den am meisten gesprochenen Sprachen in Äthiopien zu finden.“

Meta-Sprecherin Erin McPike

Die Klage wurde in Kenia eingereicht, da Facebook seine Inhaltsmoderation für ganz Südostafrika in Nairobi konzentriert hat.

Weitere Gräueltaten

Der aktuelle Vorfall erinnert deutlich an andere Vorwürfe gegenüber Meta in den letzten Jahren. So war das Unternehmen bereits mit anderen Gräueltaten unter anderem in Myanmar, Sri Lanka, Indonesien und Kambodscha konfrontiert. Der Konzern räumte demgegenüber ein, in Myanmar und anderen Konflikten „zu langsam“ gehandelt zu haben.

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Abrham betont ebenfalls, dass das Problem nicht nur auf Äthiopien beschränkt sei:

„Auch in Myanmar und Indien sehen wir die Auswirkungen. Die Tragödien werden weitergehen, sollte Facebook nicht gezwungen werden, mehr in Sicherheit zu investieren.“

In dem 2020 ausgebrochenen Konflikt zwischen der äthiopischen Regierung und rebellischen Kräften aus der nördlichen Region Tigray sind bereits Tausende von Menschen ums Leben gekommen und Millionen vertrieben worden.

Quellen:

Futurezone, Die Zeit
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