Die Flut der professionellen Propaganda mit nachgebauten Nachrichtenseiten

Ein ehemaliger KGB-Agent, der seit Jahrzehnten Präsident eines kriegsführenden Landes ist, weiß sehr gut, dass neben der militärischen auch die psychologische Kriegsführung wichtig ist: Beispielsweise mit ausgeklügelter Propaganda durch gefälschte Nachrichtenseiten.

Autor: Ralf Nowotny

Gefälschte Nachrichtenseiten sind wir eigentlich gewohnt, da es diese bereits seit Jahren gibt: Angebliche Bild-Artikel zu einer Sensationsplattform in „Höhle der Löwen“ oder ein gefälschter Nordbayern-Artikel zu einem geheimen Projekt von Jeff Bezos, die letztendlich nur auf betrügerische Bitcoin-Plattformen locken sollen.
Neu hingegen sind Seiten, auf die wir seit Mitte August gehäuft hingewiesen wurden: Echt aussehende Artikel, die allerdings keine betrügerischen Links enthalten, sondern deren Inhalt glaubwürdig inszenierte Propaganda für Russland und gegen die Ukraine ist.

So eine große Desinformationskampagne wie die aktuelle pro-russische in Sozialen Medien haben wir noch nie gesehen!

Die feingeschliffene Propaganda

Seit Kriege geführt werden, fliegen nicht nur Steine, Speere, Kugeln und Raketen, sondern auch Propaganda-Meldungen – früher als gefälschte Flugblätter, nun eben als gefälschte Nachrichtenseiten. Diese sind dann nicht etwa so plump á la „Russland gut, Ukraine böse“, sondern nutzen viel subtiler die Ängste der Menschen aus, um deren Meinung zu beeinflussen.

Hier einige Beispiele gefälschter Seiten:

Gefälschte Nachrichtenseiten
Gefälschte Nachrichtenseiten

Und dies sind nur drei der sehr zahlreichen, gefälschten Artikel. Eher selten wird direkt eine Seite angesprochen, so wie in dem falschen Artikel, in dem behauptet wird, ukrainische Flüchtlinge würden in ganz Europa Beihilfe kassieren, um dann in Russland zu leben.

Ein Großteil der Artikel geht sehr viel subtiler vor: Es werden beispielsweise wie oben rechts in einem gefälschten Bild-Artikel behauptet, dass ein Teenager starb, weil zwecks Energieeinsparung die Straßenbeleuchtung ausgeschaltet war. Auch die drohende Gaskrise ist immer wieder eine Thematik, die in den Artikeln sehr stark überspitzt wird.

Das hat eine völlig neue Dimension angenommen. Früher konnte man solche Fake-Seiten meist sehr schnell erkennen – die Adressen der Webseiten passten meist überhaupt nicht, manchmal waren die Logos verzerrt, man konnte sehen, dass das nicht die Original-Nachrichtenseiten sind.

Was nun anders ist: Die gefälschten Nachrichtenseiten sind optisch kaum von den echten unterscheiden. Für die Propaganda-Artikel wurden die Original-Seiten drumherum eins zu eins übernommen. Selbst im Falle eines Impressums wird jeweil die Original-Seite geladen. Wir haben es zudem nicht mit drei oder vier Artikeln oder Videos zu tun, die mal eben erstellt wurden, sondern mit einer sehr, sehr großen Zahl, die wir noch gar nicht beziffern können. Und die stetig wächst.

Achtet auf die URL!

Wir können es nicht oft genug betonen: Achtet auf die URL, das ist die Adresszeile im Browser!
Am PC ist diese immer sichtbar, doch am Smartphone verschwindet sie, sobald man in einem Artikel nach unten scrollt, und das wissen auch die Ersteller der Propaganda-Nachrichtenseiten.

Sehr oft haben die gefälschten Nachrichtenseiten keine „.de“-Endung (so wie bild.de, faz.de etc.), sondern Endungen wie „.ltd“, „.asia“ oder „.vip“, sind somit nur am Detail in der URL erkennbar.

Hohes Manipulationspotenzial!

In den Falschmeldungen liegt großes Manipulationspotenzial. Diese Nachrichten werden an Menschen getragen, die gar nicht so stark politisch und auch gar nicht politisch extrem sind. Aufgrund des Aufbaus und der Optik der nachgemachten konnen viele User die Nachrichten-Seiten jedoch nicht von ihren echten Vorlagen unterscheiden. Wer also darauf hereinfällt, dass der Inhalt scheinbar von etablierten Medien stammt, wird in seiner Meinungsbildung beeinflusst.

Das ist das große Problem, denn auf diesem Wege könnten viele Menschen den Eindruck bekommen, dass sie von den entsprechenden Medien angelogen wurden. Die Fälscher wiederum erkennen sie nicht.

Die Seiten nutzen zudem ein spezielles Wording. In den gefälschten Berichterstattungen werden Worte verwendet, die sehr stark framen, also in eine bestimmte Richtung lenken. Da wird beispielsweise von „Schmarotzern“ gesprochen, wenn es um Flüchtende aus der Ukraine geht. Ebenso wird die Deutsche Bundesregierung stets verteufelt und ein Russland-freundliches Bild gezeichnet.

Von dieser Welle ist bisher nur Deutschland betroffen, Österreich hingegen nicht. Häufig sind es auch kleine Fehler, die auf einen bestimmten Ursprung der Propaganda hinweise. In einem der Fake-Beiträge ist beispielsweise von „Bundeskanzlerin Angela Merkel“ die Rede, in einem anderen finden sich vereinzelt kyrillische Schriftzeichen. Das spricht dafür, dass Leute am Werk sind, die zwar Deutschland gut kennen, dann aber im Detail doch Fehler machen.

Die Inhalte selbst werden klassisch über Social Media-Multiplikatoren und bestimmte Kanäle unterschwellig verbreitet. Oft von Fake-Profilen, die erst einige Monate oder Wochen existieren und deren Profilbild von einer künstlichen Intelligenz erstellt wurde. Die Menschen, die diese Posts dann lesen, teilen sie wiederum weiter. So wird eine Viralität der Fake News-Websites erzeugt.

Für Fortgeschrittene: Achtet auf das Alter der Seite!

Es gibt eine sehr nützliche Seite, auf der ihr das Alter einer Seite erkennen könnt: https://whois.domaintools.com/

Wenn ihr auf dieser Seite die URL einer euch verdächtig erscheinenden Nachrichtenseite eingebt oder hineinkopiert, erfahrt ihr, wer die Seite hostet und wie lange die Seite bereits im Internet ist.
Bei den gefälschten Seiten ist sehr schnell erkennbar, dass die Ersteller einen Anonymisierungsdienst nutzen und sie erst seit wenigen Tagen online sind:

Erst wenige Tage online
Erst wenige Tage online

Die Seiten existieren dann oftmals auch nicht allzu lange, weil sie entweder gemeldet oder vom Provider oder den Erstellern selbst gelöscht werden – um dann an anderer Stelle neu aufzutauchen. In der Zeit werden sie von neuen Accounts mit gefälschten Namen und Profilbildern großflächig auf Facebook geteilt.

Screenshots ohne Quellen sind keine Beweise!

Screenshots der gefälschten Nachrichtenseiten werden auch nach der Löschung der Seiten weiterhin auf Social Media geteilt – natürlich ohne Quellenangaben. Deswegen unsere Ratschläge:

  • Wenn ihr nur den Screenshot einer Nachrichtenseite gezeigt bekommt, dann fragt nach der Quelle
  • Ein „Such doch selbst“ ist keine Quellenangabe
  • Jede Nachrichtenseite hat Suchfunktionen, doch die entsprechenden Nachrichten werdet ihr dort nie finden
  • Rechnet damit, dann als Antwort ein „Der Artikel wurde bestimmt zensiert“ oder ähnliches zu bekommen
  • Faustregel: Wer behauptet, muss beweisen. Wer nur einen Screenshot zeigt, hat die Beweispflicht. Wer keine Quelle vorlegen will oder kann, will nur Propaganda betreiben

Fazit

Lasst euch also nicht alleine durch das seriöse Aussehen einer Seite in die Irre führen: Der Teufel versteckt sich oftmals im Detail.
Wenn eine URL eine verdächtige Endung hat (z.B. .ltd, .asia oder .vip) und eine Nachricht unglaubwürdig klingt, dann googelt, ob andere seriöse Nachrichtenseiten darüber berichten – denn wenn dem nicht der Fall ist, ist das ebenfalls ein starker Hinweis auf einen Fake.

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