Pubertäts-Blocker: Info-Seite der Bundesregierung empfiehlt nicht, sondern klärt auf

Empört reagiert Klöckner auf einen Text vom Regenbogen-Portal der Bundesregierung, das anscheinend junge Menschen dazu aufrufen würde, Pubertäts-Blocker einzunehmen, um damit ihre Pubertät zu verzögern. Was ist dran an den Vorwürfen?

Autor: Elke Haberl

Die Behauptung

Zitat: „Das ist doch irre – sollte das kein Fake sein: Bundesregierung empfiehlt sehr jungen, unsicheren Menschen Pubertäts-Blocker“ (Quelle: Tweet von Julia Klöckner, Ex-CDU-Ministerin, 12. Oktober 2022)

Unser Fazit

Nein, die Bundesregierung empfiehlt jungen, unsicheren Menschen nicht, Pubertäts-Blocker zu nehmen. Auf dem Regenbogen-Portal wurde lediglich wie in einem Lexikon in einfacher, verständlicher Sprache erklärt, welche Möglichkeiten, aber auch welche Informations- und Beratungsmöglichkeiten non-binäre Menschen haben.

Empört vom Regenbogen-Portal des Bundesministeriums reagiert die deutsche Politikerin der CDU, Julia Klöckner. Es sei irre, so Klöckner, denn die Bundesregierung empfehle jungen und unsicheren Menschen Pubertäts-Blocker zu nehmen.

Ganz abgesehen davon, dass der Text, auf den Klöckner so empört reagiert, nicht von der Ampel-Regierung stammt, sondern von der Großen Koalition und damit mit Beteiligung ihrer eigenen Partei, möchten wir näher auf den Text und vor allem die Art des Textes eingehen.

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat aufgrund der Kritik den Text leicht verändert. Wir von Mimikama haben bereits den Ursprungstext sehr klar und verständlich formuliert und auch für Betroffene und Interessierte für äußerst wichtig empfunden.

Was ist das Regenbogen-Portal?

Es ist eine Informationswebsite der Bundesregierung für die LSBTIQ-Community und alle Interessierten zum Thema gleichgeschlechtliche Lebensweisen und geschlechtliche Vielfalt. Hier können sich unter andrem auch Menschen erkundigen, die sich in ihrem biologischen Körper nicht wohlfühlen oder das Gefühl haben, non-binär zu sein.

In einer Rubrik zu „Jung und trans-geschlechtlich“ wurde eine Art Lexikon präsentiert. Es wurde in sehr leichter Sprache und bildgestützt erklärt, welche Möglichkeiten eventuelle Non-binäre-Menschen haben. Da die meisten Non-binären-Menschen schon sehr früh merken, dass für ihr Empfinden etwas nicht stimmt, wurde in diesem „Lexikon“ auch aufgeführt, dass es die Möglichkeit gibt, Pubertäts-Blocker einzunehmen, um die Pubertät und damit die weitere körperliche Entwicklung in Richtung Frau oder Mann zu unterbrechen.

Wie so oft wurde auch im Tweet von Klöckner der Text nicht in seiner Vollständigkeit präsentiert, sondern aus seinem Zusammenhang gerissen. Denn auf dieser Website werden nicht nur Pubertäts-Blocker und Hormone thematisiert (so wie in ihrem Tweet sichtbar), sondern sehr viel mehr.

Es wurde beispielsweise der Frage nachgegangen, wie man denn generell erst einmal merken kann, ob man trans-geschlechtlich ist oder nicht. Zusätzlich wird auch erklärt, wie eine amtliche Namensänderung vonstattengeht. Und es wird auch erklärt, dass es gar nicht zwingend zu einer amtlichen Namensänderung kommen muss, sondern dass jeder sich im Alltag so nennen lassen darf, wie er/sie es gerne hätte.

Der wichtigste Aspekt, den der Text jedoch aussagt, ist, dass egal wie Betroffene fühlen und egal was diese irgendwann in Richtung Trans-geschlechtlichkeit unternehmen werden oder nicht, dass alle Betroffenen okay sind, so wie sie sind. Dass es okay ist, sich im falschen Körper zu fühlen und dass es aber Aussichten gibt, das Leben so führen zu können, wie und in welchem Körper man das Leben führen will. Und auch hier wird erklärt, dass jemand, der sich z. B. als Mann fühlt, nicht zwingend Hormone einnehmen oder eine Geschlechtsanpassung vollziehen muss, sondern dass es eine viel größere Vielfalt von Lebensformen gibt.

Im Text wird sehr stark auf mögliche Unsicherheiten von Betroffenen eingegangen und dass diese Unsicherheiten eben auch okay sind. Und dass sie sich Zeit lassen dürfen mit Entscheidungen und dass es ein Denken abseits von Schwarz oder Weiß und abseits von Mädchen oder Jungen gibt.

Bekommt jeder Jugendliche Pubertäts-Blocker ausgehändigt?

Der Tweet von Klöckner erzeugt das Gefühl, dass die Bundesregierung Jugendliche geradezu auffordert, sich aus der Apotheke einfach so Pubertäts-Blocker zu holen. Jeder, der schon einmal einen Arzt aufgesucht hat und Medikamente verschrieben bekam, weiß, dass Ärzte nicht ohne eine klare Diagnose Medikamente verschreiben. Deshalb kann auch nicht jeder Jugendliche z. B. in die Apotheke gehen und sich Ritalin abholen. Hierfür wäre eine sehr klar und deutliche AD(H)S-Diagnose nötig.

Der Text auf der Website „Jung und trans-geschlechtlich“ informiert über alle möglichen Varianten, die es im Zusammenhang mit Non-Binarität gibt. Zusätzlich weisen sie auch deutlich darauf hin, sich bei Entscheidungen viel Zeit und vor allem sich bei einer Beratungsstelle beraten zu lassen. Die Seite empfiehlt nicht pauschal Pubertäts-Blocker, sondern klärt viel mehr über viele unterschiedliche Möglichkeiten auf.

Fazit

Nein, die Bundesregierung empfiehlt jungen unsicheren Menschen nicht, Pubertäts-Blocker zu nehmen. Auf dem Regenbogen-Portal wurde lediglich wie in einem Lexikon in einfach verständlicher Sprache erklärt, welche Möglichkeiten, aber auch welche Informations- und Beratungsmöglichkeiten non-binäre Menschen haben.

Autorin: Elke Haberl, Mimikama

Quelle:

Regenbogen-Portal (hier archiviert)
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