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Regenwasser ist nicht mehr trinkbar

Eine aktuelle schwedische Studie zeigt auf: Regenwasser ist weltweit so stark mit Chemikalien belastet, dass man es nirgends mehr trinken sollte. Die verantwortlichen Stoffe (PFAS) sind in der Natur sehr schwer abbaubar und werden deshalb gerne als “forever chemicals” bezeichnet.

Autor: Walter Feichtinger

Die angeklagten Verbrecher-Chemikalien hören auf den klingenden Namen: Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS). Dazu zählen über 4000 verschiedene Substanzen, die über Jahrzehnte bei der Herstellung von so verschiedenen Produkten wie Textilien, Haushaltswaren, Lebensmitteln verwendet wurden und noch werden. Auch in der Brandbekämpfung, der Autoindustrie, dem Baugewerbe und der Elektronik-Industrie möchte man nicht auf sie verzichten.

Einer der Stoffe aus dieser Gruppe, Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) ist seit 2010 in Europa verboten. Und eine Reihe von EU-Staaten, darunter Norwegen, Schweden, Deutschland, Dänemark und die Niederlande, bereiten gerade gemeinsam mit der Europäischen Chemikalienbehörde (ECHA) einen Antrag vor, der die Verwendung von PFAS stark einschränken soll.

Strukturformel der Perfluoroctansulfonsäure (PFOS)
Strukturformel der Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) (Quelle)

Gesundheitsrisiko

Laut der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) kommen PFAS hauptsächlich über die Nahrungsaufnahme in den menschlichen Körper: über Fisch, Obst, Eier und Trinkwasser. Einmal im Körper binden sich diese Stoffe an Eiweiße im Blut und können nur mehr schwer ausgeschieden werden. Sie reichern sich dann in Blut und Leber an. PFAS gehen auch in die Muttermilch über und gelangen beim Stillen in den kindlichen Organismus.

PFAS haben eine geringe akute Toxizität, stellen also keine weitere Gefährdung bei einer kurzfristig hohen Aufnahme dar. Die gesundheitlichen Auswirkungen zeigen sich bei einer längeren Anwesenheit im menschlichen Körper: “verminderte Immunantwort auf Impfungen, erhöhte Cholesterinwerte, entwicklungstoxische Effekte beim ungeborenen Kind wie eine verzögerte Entwicklung der Milchdrüse und geringeres Geburtsgewicht, sowie die Entwicklung von Nieren- und Hodenkrebs bei Erwachsenen”.

PFAS in Regenwasser

Eine Studie der Universität Stockholm vom 2. August 2022 hat nun erschreckendes entdeckt: Regenwasser ist weltweit so stark mit diesen Chemikalien belastet, dass es nirgends mehr Trinkwasserqualität hat. Selbst an so entlegenen Orten wie der Antarktis oder dem tibetischen Hochland überschreiten die gefundenen Mengen das 14-fache der Grenzwerte, die US-amerikanische Umweltbehörde EPA für Trinkwasser empfiehlt: vier Billionstel Gramm pro Liter Wasser für PFOA. Der Studienleiter Ian Cousins drückt es sehr hart aus:

“Wir haben den Planeten unumkehrbar verseucht.”

Ursprünglich war man davon ausgegangen, dass PFAS schließlich im Meer landen und dort stark verdünnt und damit unbedenklich werden. Eine Studie aus dem Jahr 2021 hat jedoch den Nachweis erbracht, dass bestimmte PFAS in Aerosolen aus Meeresgischt erheblich angereichert und in der Atmosphäre zurück an die Küste transportiert werden können. Dort lagern sie sich ab und können Süßwasser, Trinkwasser und Oberflächenböden kontaminieren. Über diesen Weg gelangen sie auch in unsere Nahrung.

Ausblick

PFAS sind laut Ian Cousins inzwischen so allgegenwärtig und auch so hartnäckig, dass er nicht damit rechnet, dass sie jemals wieder von der Erde verschwinden werden. Daher auch der Begriff “forever chemicals” – ewige Chemikalien. Über Gefährlichkeit dieser Stoffgruppe weiß man inzwischen sehr gut Bescheid, warum auch die Grenzwerte in den letzten Jahren weiter gesenkt wurden. Dennoch werden sie leider immer noch in vielen Alltagsprodukten und ihren Verpackungen verwendet.

In der EU wird inzwischen ein weiteres Verbot von einzelnen PFAS diskutiert. Eine weitere positive Entwicklung sind die PFAS-Werte, die in menschlichen Körpern nachgewiesen werden: Diese sind laut Cousins in den letzten 20 Jahren deutlich zurückgegangen. Immerhin.

Autor: Walter Feichtinger

Quellen:
Studie der Universität Stockholm „Outside the Safe Operating Space of a New Planetary Boundary for Per- and Polyfluoroalkyl Substances (PFAS)“, 2022
Studie „Sea Spray Aerosol (SSA) as a Source of Perfluoroalkyl Acids (PFAAs) to the Atmosphere: Field Evidence from Long-Term Air Monitoring“, 2021
Umweltbundesamt – PFAS, Umweltbundesamt – PFOS, ECHA – Perfluoralkylchemikalien (PFAS), ECHA – Five European states call for evidence on broad PFAS restriction, EPA, AGES, ECHA – Scientific committees support further restrictions of PFAS

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