Expert*Innen berichten über die komplexe rechtliche Lage in Österreich.

Wie mit Testungen und Impfungen am Arbeitsplatz umgegangen werden kann ist ein weiterer viel diskutierter Aspekt der Corona-Pandemie. Doch was hierbei seitens Arbeitgeber*innen alles rechtlich vorgeschrieben werden darf und was die Rechte von Arbeitnehmer*Innen sind, kommt noch oft mit einem Fragezeichen daher.

Im Standard erschien zu diesem Thema nun ein Beitrag. Darin schreiben Christoph Wolf, Honorarprofessor für Arbeitsrecht an der Universität Wien und Partner bei der Anwaltskanzlei CMS in Wien sowie Andrea Potz, Arbeitsrechtsexpertin und ebenfalls Partnerin bei CMS, über die komplexe Rechtslage.

Es geht dabei vor allem um zwei Angelegenheiten. Erstere beschäftigt sich mit der Frage, ob Arbeitgeber*Innen ihren Angestellten Corona-Tests vorschreiben dürfen. Bei der anderen Frage geht es darum, wie die Rechtslage aussieht, wenn Arbeitnehmer*Innen entgegen dem Wunsch der Arbeitgeber*Innen eine Impfung verweigern.

Testpflicht laut Expert*Innen zumutbar

Zur ersten Frage schreiben die Expert*Innen, dass eine Testpflicht zumutbar ist. Sie beziehen sich dabei auf bestimmte Pflichten zwischen Arbeitgeber*Innen und Arbeitnehmer*Innen, die aus dem Arbeitsvertrag entstehen: „Die gesetzlichen wechselseitigen Schutz-, Sorgfalts- und Interessenwahrungspflichten sind daher besonders stark ausgeprägt. Im Kernbereich dieser Schutzpflichten stehen Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer, die der Arbeitgeber proaktiv zu schützen hat.“

Das heißt auch, es ist die Pflicht von Arbeitgeber*Innen alle (auch die anderen) Arbeitnehmer*Innen zu schützen. Auch wenn Persönlichkeitsrechte zu wahren sind, und die Bekanntgabe eines Testergebnisses wäre natürlich ein Einschnitt, muss laut den Expert*Innen hier eine Interessensabwägung stattfinden.

Wolf und Potz weisen deswegen daraufhin, dass es bei bestimmten Krankheiten, hier geben sie das Beispiel Hepatitis C bei einem Chirurgen an, bereits spezielle Meldepflichten gebe, da durch eine Infektion die Arbeit nicht mehr sicher geleistet werden könne. Dies sei auch bei Covid-19 der Fall.

Denn die Ansteckung bestehe hier generell und damit gehe es um einen „allgemeinen Gefahren- und Gesundheitsschutz in einer Pandemie“. Somit können Arbeitgeber*Innen laut Wolf und Potz Testungen anordnen. Dafür müssen Angestellte aber auch freigestellt und in der Zeit der Testung weiterbezahlt werden.

Wie sieht es mit den Impfungen aus?

Bei der Frage wie sich Impfweigerungen auf das Arbeitsverhältnis auswirken können, scheint die rechtliche Lage noch einmal etwas komplexer zu sein. Zunächst schreiben Wolf und Potz, „dass ohne ausdrückliche gesetzliche Basis eine tatsächliche „Impfpflicht“ im Arbeitsverhältnis nicht begründet werden kann.“

Es gibt bisher keine Impfpflicht. Auch von der Rechtsexpertin der Arbeiterkammer Mag. Brigitte Ohr heißt es: „Nach der aktuellen Rechtslage können Arbeitgeber ihre Mitarbeiter nicht dazu verpflichten, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen.“

Dennoch gebe es laut Ohr bereits Ausnahmen: „In einzelnen Bereichen wie z.B. in der Pflege regelt das Epidemiegesetz aber jetzt schon die Möglichkeit, generell Schutzimpfungen anzuordnen.“ Außerdem habe die Bioethikkommission für Gesundheitsberufe eine Impfempfehlung ausgesprochen, die eine Impfung zu einer gewissen „Berufsausübungserfordernis“ mache.

Auch in anderen Arbeitsbereichen kann eine Impfverweigerung zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen. Schon allein weil in vielen Berufen kein Kündigungsschutz bestehe, wie Ohr erklärt. In diesen Fällen müsste die Lage dann überprüft werden.

Rechtliche Ausnahmen würden für Schwangere und Menschen gelten, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können oder für die der Impfstoff nicht zugelassen ist. Allgemein sehen Wolf und Potz jedoch die Lage so, dass die Interessensabwägung in den meisten Fällen für Testungen und Impfungen sprechen würde.

Somit: Die Impfung kann in vielen Arbeitsbereichen nach jetziger Rechtslage zwar nicht direkt von Arbeitgeber*Innen vorgeschrieben werden, eine Verweigerung kann aber laut den Expert*Innen zur Kündigung führen.

Wie ist die Situation bei Bewerbungen?

Hier bestehe laut der Rechtsexpertin der Arbeiterkammer zunächst kein Zwang richtige Angaben zum Impfstatus zu machen, allerdings gelte das nicht, wenn bei einer Nicht-Impfung eine Gefahr für Menschen bestehe, die mit dem Unternehmen in engen Kontakt stehen. Das betreffe z.B. wiederum Bewerber*Innen im Gesundheitswesen. Bei einer Verweigerung der Auskunft über den Impfstatus, muss die Bewerbung dann nicht beachtet werden.

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Ohr weist zusätzlich explizit daraufhin, dass private Unternehmen sowieso das Recht haben zu entscheiden, mit wem sie einen Vertrag eingehen. Anders sieht es bei öffentlichen Bildungseinrichtungen wie Schulen aus, hier könne nach der aktuellen Gesetzlage, eine Impfung für die Aufnahme in die Einrichtung nicht vorgeschrieben werden.

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