Facebook wird zum Bösewicht. Rückblick 2021

Autor: Tom Wannenmacher

Facebook: Whistleblower, Fake-News, Gaming-Boom und Internet-Crackdown in China
Facebook: Whistleblower, Fake-News, Gaming-Boom und Internet-Crackdown in China

Whistleblower, Fake-News, Gaming-Boom und Internet-Crackdown in China

Obwohl Online-Portale wie Facebook sich in Corona-Zeiten über einen regen Nutzerzustrom freuen, hat das Jahr 2021 in der Chefetage des Social-Media-Riesen wohl für einige schlaflose Nächte gesorgt. Grund hierfür waren belastende Aussagen von Ex-Mitarbeitern und das Durchsickern sensibler interner Dokumente, die aufzeigen, wie der Konzern die Sicherheit von Menschen zugunsten der Gewinnmaximierung aufs Spiel setzt. Sein lascher und oft einseitiger Umgang mit Hass-Postings, Antisemitismus und Fake-News hat dabei das Image des einstigen Vorzeige-Start-ups nachhaltig angekratzt.

Whistleblowerin packt aus

„Facebook bezahlt seine Gewinne mit unserer Sicherheit“, stellte die ehemalige Facebook-Mitarbeiterin Frances Haugen Anfang Oktober bei einer Anhörung im US-Kongress klar. Um das eigene Geschäft möglichst anzukurbeln, schrecke das Unternehmen auch nicht davor zurück, „extreme Inhalte an viele Menschen zu verteilen“. „Die heutige Version von Facebook reißt unsere Gesellschaften auseinander und führt zu ethnischer Gewalt auf der ganzen Welt“, so Haugen, die zur Untermauerung ihrer Anschuldigungen tausende Seiten interner Dokumente öffentlich machte.

Die Enthüllungen von Haugen, die auch in einer Artikelserie des „Wall Street Journal“ für Aufsehen sorgten, waren aber nur die Spitze des Eisbergs, was die zunehmende Kritik an Facebook betrifft. Im Juni forderten etwa 200 Angestellte die eigene Firma dazu auf, die Kontrollsysteme der Plattform dringend zu überarbeiten, weil diese im Gaza-Konflikt durchwegs einseitig zugunsten Israels entscheiden würden. Gleichzeitig versagen die internen Sicherheitsmechanismen, wenn es darum geht, die Nutzer vor Hass-Postings, Antisemitismus oder Gewalt-Inhalten zu schützen.

Fake-News generieren mehr Likes

Nicht viel besser sieht es im Kampf gegen die Verbreitung von Falschinformationen aus. Die Forschungsplattform Cybersecurity for Democracy der New York University kritisierte etwa schon im März, dass Fake News auf Facebook von allen Content-Formen immer noch das größte Publikum erreichen. In eine ähnliche Kerbe schlug auch eine Studie der Université Grenoble Alpes, die feststellte, dass Nachrichten-Quellen, die für Falschinformationen bekannt sind, auf dem Portal sechsmal so viele Likes, Shares und Interaktionen generieren wie vertrauenswürdige Organisationen.

Insgesamt betrachtet, muss man allerdings festhalten, dass das Problem von Fake News sich keineswegs allein auf Facebook beschränkt. Das Oxford Internet Institute hat etwa herausgefunden, dass die Beeinflussung der User durch Fehlinformationen in verschiedenen sozialen Medien mittlerweile in 93 Prozent der Staaten weltweit stattfindet. Die Experten sprechen dabei sogar von einer „industriellen Verbreitung von Fake News, die global Demokratien bedroht“.

„Infodemie“ trifft Pandemie

Besonders gefährlich wird die Sache dann, wenn massenhaft falsche Informationen in Bezug auf die anhaltende Corona-Krise verbreitet werden. In Forscherkreisen wurde hierfür bereits der Begriff der „Infodemie“ geprägt, der analog zur grassierenden Virus-Pandemie die rasant wachsende Flut an Desinformation zum Thema beschreibt. Um diese einzudämmen, brauche es „Infodemiologen“, die auf spezielle Kommunikationsstrategien trainiert sind und wie bei einem Virus schnell handeln müssten, um weitere „Infektionen“ zu verhindern, forderten Forscher des Annenberg Public Policy Center.

Als Spitzenreiter oder „Superspreader“ in dieser „Infodemie“ fungierten offensichtlich die USA, wie eine Studie der McGill University Anfang April proklamierte. Innerhalb der Vereinigten Staaten waren es wiederum vor allem Gesundheits-News aus dem TV, die bereits zum Aufkommen der Pandemie im Frühjahr 2020 für einen Großteil der Falschmeldungen zu COVID-19 verantwortlich zeichneten, wie Forscher des Pennsylvania State College of Medicine nach eingehender Datenanalyse herausfanden.

Gaming-Boom im Lockdown

Vom Problem der Fake News verschont geblieben ist bislang ein anderer Bereich: die Videospiele. Neben dem TV ist es grade dieser Sektor, der von der Corona-Pandemie und damit zusammenhängenden Lockdowns am stärksten profitieren konnte. Das zeigte sich auch anhand von Zahlen aus Deutschland, wo der Umsatz mit Spielekonsolen 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 29 Prozent auf 669 Mio. Euro anstieg. Auch Online-Gaming-Dienste erzielten mit Einnahmen von 692. Mio. Euro und einem satten Plus von 50 Prozent binnen eines Jahres ein neues Rekordergebnis.

Ein ähnlicher Trend lässt sich auch in anderen Ländern wie etwa Großbritannien beobachten. Auch dort hielt die Medienaufsichtsbehörde Ofcom fest, dass die Briten im vergangenen Jahr bereits sieben Mrd. Pfund (rund 8,17 Mrd. Euro) für Spiele ausgegeben haben. Eigenen Angaben zufolge haben ganze 62 Prozent der Bürger im Land das Mehr an Zeit wegen der Corona-Pandemie für Videospiele genutzt.

Internet-Crackdown in China

Während die Bürger in den USA und Europa ihren Alltag in Corona-Zeiten zunehmend ins Netz verlagerten, ließ die kommunistische Regierung in China nichts unversucht, um die eigene Bevölkerung mit neuen, noch schärferen Zensurmaßnahmen vor „ungeeigneten Inhalten“ zu beschützen. Im Sommer hat die Cyberspace Administration des Landes sogar die Betreiber der größten Online-Plattformen zum Rapport zitiert, mit Geldstrafen für ihre Verfehlungen belegt und zum „Aufräumen“ ihrer Seiten verdonnert.

Für internationales Schmunzeln sorgte dabei nicht zuletzt die Meldung, dass die führende chinesische Social-Media-Plattform Weibo eine Gruppe von Fans koreanischer Popmusik wegen „irrationaler Starverehrung“ von ihrem Portal verbannt hat. Mit der Sperre demonstrierte die Regierung in Peking ihre Macht, um die heimische Unterhaltungsindustrie stärker unter ihre Kontrolle zu bringen, urteilten Experten im September. Die jüngsten Zensurbemühungen erhöhen allerdings auch den wirtschaftlichen Druck auf die Branche, etwa im Film- und Kino-Sektor.


Quelle: pte
Artikelbild: unsplash.com, Annie Spratt

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