Kanzler Scholz findet die Sorgen der Deutschen zum Lachen?

Deutschland befindet sich in einer Energiekrise. Die Preise für Strom und Gas sind während des Ukrainekriegs explodiert. Das führt zu Existenzängsten bei jenen, die ohnehin keine großen finanziellen Spielräume haben. Und in solch einer schwierigen Situation macht sich der Bundeskanzler über die Nöte der Menschen lustig?

Autor: Walter Feichtinger

Die Behauptung

Bundeskanzler Olaf Scholz macht sich über die Ängste der Deutschen lustig. Er findet es zum Lachen, dass jemand gerade von Strom auf eine Gasheizung umgestellt hat.

Unser Fazit

Sieht man sich auch die Frage des Bäckers und die gesamte Antwort von Scholz darauf an, wird klar: Der Bundeskanzler nimmt die Sorgen ernst. Die Tragikomik der erzählten Anekdote bringt ihn nur kurz – schuldbewusst – zum Schmunzeln.

++ Der Bundeskanzler lacht die Menschen aus ++ Kanzler lacht Bäcker aus: Der unfassbare Moment, in dem Scholz unsere Ängste verhöhnt ++ Scholz amüsiert sich köstlich über Leute, die von Strom- auf Gasheizung umgestellt haben ++ Scholz: Union wirft dem Kanzler „Häme“ vor: Lacht er hier einen Bürger in Not aus? ++ Wie wenig Gespür kann man besitzen? ++ Ein Bäcker weint – und Scholz kichert darüber: So verhöhnen unsere Regierenden die Bürger! ++ Olaf Scholz lacht wie Armin Laschet im Ahrtal! ++

Die deutsche Bundesregierung lädt die Menschen des Landes regelmäßig zum Bürgerdialog ein. Seit Olaf Scholz Bundeskanzler und Chef der Ampelkoalition ist, kam es bereits viermal zu sogenannten Kanzlergesprächen. Das letzte fand am 1. November in niedersächsischen Gifhorn statt. Während 90 Minuten konnten die etwa 150 Bürgerinnen und Bürger im Publikum ihre Fragen an den Bundeskanzler stellen. Scholz beantworte sowohl Fragen zu Energieversorgung, Klimawandel, 9-Euro-Ticket, Krieg in der Ukraine, als auch zu persönlicheren Dingen wie seinem Schlafrhythmus und dem Kanzleralltag.

Häme oder Betroffenheit?

Ein kurzer Ausschnitt des Videos der Veranstaltung sorgte für Aufregung auf Social Media. Scholz erzählte eine kurze Anekdote, die in der aktuellen Energiekrise einer gewissen Tragikomik nicht entbehrt: „Neulich kam jemand zu mir und sagte: Herr Scholz, ich habe meinen Elektroofen gerade auf einen Gasofen umgestellt. Und da wusste ich gar nicht, wie traurig ich gucken sollte“. Die Mine des Kanzlers wechselte dabei von betroffen, zu schmunzelnd, zu betreten.

Es sind besonders die Unionspolitiker, die sich auf den Clip stürzen. „Der Bundeskanzler lacht die Menschen aus“, schreibt der ehemalige Generalsekretär der CDU, Paul Ziemiak auf Twitter. Der Thüringer CDU-Vorsitzende Mario Voigt nennt das Verhalten „respektlos“ und spricht von „Häme“. Kritik über dieses Vorgehen kommt vonseiten der Grünen und natürlich Scholz‘ Partei, der SPD.

Wenn man – wie der Referent Timo Konrad oder der Regierungssprecher Steffen Hebestreit – den kurzen Ausschnitt nicht für sich betrachtet, sondern sich die gesamte Frage aus dem Publikum und die Antwort von Scholz ansieht, entsteht ein anderes Bild. Die gesamte Veranstaltung lässt sich übrigens auf der Website der Bundesregierung streamen.

Der Kontext des Videoschnipsels

Ein Bäckerei-Unternehmer moniert [ab Minute 13:38] die zunehmende Bürokratie in Deutschland und die steigenden Kosten, die sein Unternehmen belasten. Steigende Kosten bedeuten geringere Gewinne und damit auch geringere Steuern für den Staat. Und er möchte wissen: „Ist der Politik eigentlich immer bewusst, dass der Mittelstand einen Großteil des Gelds erwirtschaftet, das dann auch, aufgrund von Forderungen, die Politik wieder ausgeben kann?“ Scholz spannt bei seiner Antwort [ab 15:31] einen größeren, thematischen Bogen und spricht zuerst die hohen Energiepreise an und was die Regierung dagegen zu tun gedenkt:

Ich hoffe, dass wir mit dem, was jetzt beschlossen ist und dem, was wir jetzt morgen auf den Weg bringen werden, auch die Grundlagen dafür geschaffen wurden, dass Sie mit den furchtbar hohen Energiepreisen umgehen können.

Neulich kam jemand zu mir und sagte: Herr Scholz, ich habe meinen Elektroofen gerade auf einen Gasofen umgestellt und da wusste ich gar nicht, wie traurig ich gucken sollte. Ja.

Aber es ist ehrlicherweise schon eine große Herausforderung, deshalb will ich nur sagen: Da machen wir jetzt etwas. Und wenn wir jetzt so ’nen Abwehrschirm machen, mit 200 Milliarden Euro für dieses, das nächste und das übernächste Jahr, dann sind das ja Kreditaufnahmen, die wir vornehmen, um der Wirtschaft und den Bürgerinnen und Bürgern durch diese schwierige Zeit zu helfen.

Ab 16:25 beantwortet Olaf Scholz dann die Frage, „ob die Politik weiß, welchen Beitrag der Mittelstand leistet für die Finanzierung des Gemeinwesens“: Seine Einschätzung ist großteils und parteiübergreifend: Ja.

Scholz reagiert also in sachlichem Ton auf die Frage des Bäckerei-Unternehmers. Während der Anekdote wechselt er kurz von betroffen zu schmunzelnd zurück zu betroffen und setzt dann den Rest der Antwort in sachlichem Ton fort. Das Publikum findet die Anekdote weder zum Lachen noch als Anlass sich über eine Entgleisung zu brüskieren. Auch der Bäckerei-Unternehmer wirkt nicht beleidigt, sondern lauscht den Ausführungen aufmerksam und nickt dem Kanzler bestätigend zu, wie zwei kurze Zwischenschnitte [bei 16:24 und 16:57] zeigen.

FAZIT

Der Kontext macht klar, dass Bundeskanzler Olaf Scholz sich nicht über den Bäckerei-Unternehmer lustig macht. Ebenso wenig verhöhnt er die Menschen, die sich wegen der steigenden Energiekosten Sorgen machen. Ob die kurze Anekdote bei einem so ernsten Thema passend ist, darf aber durchaus infrage gestellt werden. Was Scholz ausdrücken möchte, ist eindeutig. Aber ob die Message bei allen Menschen gleich ankommt, ist eine ganz andere Frage.


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