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Das Bundesverfassungsgericht hat zwar ein Wahlgesetz für nichtig erklärt, nicht aber alle vorangegangen Wahlen!
Aktuell erhalten einige Nutzer eine Nachricht via WhatsApp, wonach das Bundesverfassungsgericht festgestellt habe, dass seit 1957 alle Wahlen ungültig seien. Es geht dabei um folgenden Text:
Das Bundesverfassungsgericht hat 2014 festgestellt, dass seit 1957 alle Wahlen UNGÜLTIG sind. Damit ist seit 63 Jahren NIEMAND befugt, ein Gesetz oder auch nur eine Verordnung zu erlassen oder zu ändern. Wenn sich hier jemand gegen irgendwelche Maßnahmen \“rechtlich\“ wehren will, indem er sich auch nur auf einen einzigen Absatz eines einzigen Paragraphen beruft, nennt man das eine EINLASSUNG! Das bedeutet, dass ihr das gesamte Gesetz und damit auch die Autorität derer die es in die Welt gesetzt haben, als \“für euch wirksam\“ anerkannt habt! Wenn ihr also auf irgend ein Gesetz oder auch nur einen Satz darin hinweisen wollt, DANN IMMER NUR ALS ZITAT! mündlich mit : ich zitiere … und … Ende des Zitates schriftlich in eckigen Klammern [ ]
Der Faktencheck
Die Behauptung ist nicht korrekt.
Der WhatsApp-Text deckt mit der Behauptung, es habe von 1956 an bis heute „keine einzige gültige Wahl“ gegeben. Wie die Faktenchecker des dpa factchecking am 1. Oktober 2020 erklären, zog ein Blogger diesen Schluss aus einem gefällten Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juli 2012 über das 2011 reformierte Bundeswahlgesetz. Das Urteil lautete „Verfassungswidrig“.
Dabei bezog sich dieses Urteil des Verfassungsgerichts aber lediglich auf die seinerzeit jüngste und noch nicht angewandte Fassung des Bundeswahlgesetzes. Das erklärte aber nicht gleich alle vorangehenden Wahlen für nichtig.
Und passierte auch nicht zum ersten Mal: Am 3. Juli 2008 entschied das Bundesverfassungsgericht, die geltenden Regelungen, nach denen im Jahr 2005 der Bundestag gewählt wurde, seien nicht mit der Verfassung vereinbar. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bestätigte die einstige Verfassungsrichterin Gertrude Lübbe-Wolff, dass „schon in diesem ersten Urteil das Gericht allerdings ausdrücklich erklärte, dass damit die Wahl von 2005 nicht für ungültig erklärt werde“.
Zudem werde „über die Gültigkeit einer Wahl ausschließlich in einem Wahlprüfungsverfahren entschieden. Und auch dort führe nicht jeder festgestellte Fehler zwangsläufig zur Ungültigkeit der Wahl“.
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Auch im angefragten Fall bestätigte Max Schoenthal, Pressesprecher des Bundesverfassungsgerichts, dass „allein die Regelungen in der Fassung von 2011 Verfahrensgegenstand waren“.
Weiters führt Lübbe-Wolff aus, dass „das Urteil aus dem Jahr 2012 nicht aus einem Wahlprüfungsverfahren hervorgegangen ist und damit auf die Gültigkeit der vorausgegangenen Bundestagswahl (von noch früheren Wahlen ganz zu schweigen) schon aus diesem Grund keine Auswirkungen haben kann“.
Laut Lübbe-Wolff seien die Behauptungen, der Rechtsstaat sei in Deutschland seit 1956 (oder in unserem Fall 1957) erloschen und es habe seither keine einzige gültige Wahl gegeben, „grob falsch„.
Ferner ist dieser Umstand im Bundesverfassungsgericht geregelt: So wirkt sich ein vom höchsten bundesdeutschen Gericht für nichtig erklärtes Gesetz zwar tatsächlich auch in die Vergangenheit aus, indem rechtlich ein Zustand bewirkt wird, als hätte es diese Rechtsform nie gegeben. Aber die Nichtigkeit führt nicht dazu, dass alle anderen auf seiner Grundlage erlassenen Entscheidungen ungültig würden.
Fazit:
Der WhatsApp-Text basiert höchstwahrscheinlich auf der Interpretation eines Bloggers, welcher eine ganz ähnliche Behauptung aufstellte.
Wird ein Gesetz für nichtig erklärt, wird dies zwar behandelt, als habe es diese Rechtsform nie gegeben, aber es führt nicht dazu, dass alle anderen bisher erlassenen Entscheidungen ebenfalls als nichtig betrachtet werden können.
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Quelle: dpa factchecking
Artikelbild: Shutterstock / Von nitpicker
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