Annalena Baerbock: Falsches Zitat zur Witwenrente verbreitet sich erneut auf TikTok

Eine Analyse von Desinformation und Falschinformationen im Kontext der Bundestagswahl 2021.

Autor: Nick L.

Die Behauptung

Annalena Baerbock hat gefordert: „Witwenrente abschaffen.“ Die eingesparten Mittel will sie für die Integration von „Flüchtlingen“ verwenden.

Unser Fazit

Frei erfunden. Baerbock hat sich weder als Grünen-Parteichefin noch als Außenministerin jemals so geäußert. Das Zitat ist somit eine Fälschung, die schon seit 2021 im Netz kursiert.

Das gefälschte Zitat von Annalena Baerbock zur Witwenrente: Witwenrente abschaffen – zur Integration von Flüchtlingen?

Schon vor der Bundestagswahl 2021 verbreitete sich im Internet die Behauptung, dass Annalena Baerbock, Politikerin der Grünen, die Witwenrente abschaffen wolle, um das Geld für die Integration von Geflüchteten zu verwenden. Nun ist dieses Zitat erneut im Netz aufgekreuzt. In einem Video auf TikTok, das bereits über 750.000 Aufrufe erhielt, heißt es: „Frau Baerbock: ‚Witwenrente abschaffen’“. Laut der Grünen-Politikerin sei sie ein „Relikt der Vergangenheit“. Mit den eingesparten Mitteln könne man besser „viel für die Integration von Flüchtlingen“ tun. Mehr als 16.000 Personen gefällt der Beitrag auf TikTok und knapp 3.900 Nutzer haben bereits kommentiert, indem es unter dem angeblichen Zitat heißt: „Die Alte hat sie doch nicht mehr alle!“

Screenshot: TikTok (Annalena Baerbock: Falsches Zitat zur Witwenrente verbreitet sich erneut auf TikTok)
Screenshot: TikTok vom 12.03.2023

Verbreitetes „Zitat“ schon seit Mai 2021 im Internet

Die These, dass Baerbock die Witwenrente abschaffen wolle, wurde bereits im Mai 2021 auf Social-Media-Plattformen wie Facebook und WhatsApp verbreitet, wenige Monate vor der Bundestagswahl.

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Zu dieser Zeit war Baerbock noch als Grünen-Parteichefin und Kanzlerkandidatin im Rennen. Mittlerweile ist sie jedoch als Außenministerin tätig. Trotzdem hält sich die falsche Behauptung hartnäckig und wird weiterhin verbreitet.

Wie wir bereits 2021 berichtet haben, handelt es sich bei dem Zitat um eine vollkommen erfundene Aussage.

Nicola Kabel, ehemalige Sprecherin der Grünen und heutige Leiterin der Pressestelle des Bundeswirtschaftsministeriums, hatte das angebliche Zitat bereits am 6. Mai 2021 auf Twitter als „schlicht und einfach gefälscht“ bezeichnet. Auf Nachfrage bestätigte auch ein Sprecher des Auswärtigen Amts am 9. März 2023, dass Annalena Baerbock niemals gefordert hat, die sogenannte Witwen- oder Witwerrente abzuschaffen.

Das Wahlprogramm der Grünen für die Bundestagswahl im September 2021 erwähnte weder die „Hinterbliebenenrente“ noch die „Witwenrente“. Eine aktuelle Suche in Google nach den Begriffen „Baerbock Witwenrente“, „Baerbock Witwenrente abschaffen“ oder nach dem ersten Satz des angeblichen Zitats führt zu keinen Aussagen von Annalena Baerbock zu diesem Thema, sondern lediglich zu Seiten, die über den Fake aufklären.

Witwenrente als finanzielle Unterstützung für Hinterbliebene jeglichen Geschlechts

Das gefälschte Zitat, das auf einem Bild im Netz kursiert, suggeriert, dass Annalena Baerbock die Witwenrente abschaffen wolle, weil Frauen heute finanziell unabhängiger und selbstbestimmt seien. Hierbei wird jedoch verschwiegen, dass die Witwenrente auch für Männer und alle anderen Betroffenen gilt und die finanzielle Versorgung der hinterbliebenen Person sicherstellen soll. Sie wird daher auch „Hinterbliebenenrente“ genannt. Laut Zahlen der Deutschen Rentenversicherung erhalten Frauen zwar häufiger eine Hinterbliebenenrente als Männer, dies hängt aber vom Alter und anderen Faktoren ab. Im Schnitt kann die Hinterbliebenenrente zwischen 25 und 60 Prozent der Rente der gestorbenen Person betragen.

Annalena Baerbock wurde in der Vergangenheit wiederholt Opfer von Falschinformationen. Schon nach Verkündung ihrer Kandidatur als Kanzlerkandidatin im April 2021 häuften sich negative Memes und abfällige Kommentare über sie in sozialen Netzwerken. Das zeigt eine Analyse zu Desinformation im Zuge der Bundestagswahl 2021. Mehrere gefälschte Zitate wurden ihr in Beiträgen zugeschrieben. Zusätzlich wurde eine gezielte Kampagne gestartet, die sich in den folgenden Monaten auf ihren Lebenslauf konzentrierte und sie beschuldigte, ihren Universitätsabschluss gefälscht zu haben.

Fazit: Baerbocks Forderung nach der Abschaffung der Witwenrente gibt es nicht. Diese Forderung taucht weder in Wahlprogrammen noch in Medienberichterstattung auf. Die Grünen selbst dementieren die Behauptung mit den Worten „Dieses Zitat ist schlicht und einfach gefälscht.“

Quelle: Correctiv


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