Hubschrauber enteist Rotorblätter nicht mit Chemikalien

Windräder. Für die einen stellen sie eine ökologisch sinnvolle Energiegewinnung dar, andere verteufeln sie als hässliche und lärmende Bauwerke. Dementsprechend gibt es auch immer wieder Streit um sie.

Autor: Tom Wannenmacher

Die Behauptung

Angeblich werden Rotorblätter mit Chemikalien enteist. Die Behauptung (sic!): „Winter in Deutschland ist, wenn Kerosinpropeller aufsteigen, um Chemie zu versprühen, damit die Ökopropeller wieder Laufen…“

Unser Fazit

Text und Bild stimmen nicht überein. Zudem ist diesen auch nicht aktuell und stammte auch nicht aus Deutschland. Dieses Bild wurde bereits vor Jahren bei einem Enteisungs-Versuchsprojekt mit Wasser in Schweden aufgenommen. Es handelt sich dabei auch um keine Chemikalien, sondern um warmes Wasser, dass zur Enteisung des Windrads eingesetzt wird.

Ein Bild zeigt die vereisten Rotorblätter eines Windrads sowie einen Hubschrauber, der eine Flüssigkeit versprüht. Seit Februar 2023 kursiert dieses Bild zum wiederholten Male in den sozialen Medien und dies nun schon seit mindestens 2 Jahren. Wir selbst haben bereits 2021 darüber berichtet.

Der Text auf dem Bild als Wortlaut: "Winter in Deutschland ist, wenn Kerosinpropeller aufsteigen, um Chemie zu versprühen, damit die Ökopropeller wieder Laufen..."
Screenshot 2023: Facebook

Faktencheck: Hubschrauber enteist Rotorblätter nicht mit Chemikalien

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Das Bild stammt nicht aus Deutschland, sondern aus Schweden und ist einige Jahre alt. Man kann hier eine Enteisung mit heißem Wasser, und nicht mit Chemikalien erkennen. Laut dem Bundesverband Windenergie findet in Deutschland solch eine Enteisung gar nicht statt.

„Die Aufnahme zeigt die äußerst unübliche Enteisung eines Windrads im Jahr 2016 in Schweden. Dabei wurde heißes Wasser eingesetzt. Eine solche Enteisung wird in Deutschland grundsätzlich nicht durchgeführt.“

QuelleBundesverband Windenergie (BWE) Pressemitteilung

Eisbildung an Windkraftanlagen

3 Fragen, 3 Antworten, mit Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des Bundesverbands WindEnergie e.V.

1. Seit einigen Tagen kursiert im Internet das Foto eines Helikopters, der vermeintlich Chemikalien einsetzt, um eine Windenergieanlage zu enteisen. Was hat es damit auf sich?

Das Foto ist weder in diesem Jahr, noch in Deutschland entstanden. Die Aufnahme zeigt die äußerst unübliche Enteisung eines Windrads im Jahr 2016 in Schweden. Dabei wurde heißes Wasser eingesetzt. Eine solche Enteisung wird in Deutschland grundsätzlich nicht durchgeführt. Das Bild ist eine Falschnachricht, die nur verbreitet wird, um dem Ansehen der Windenergie zu schaden.

2. Was machen deutsche Windparkbetreiber, wenn ihre Anlagen bei längeren Frostperioden einfrieren?

In Deutschland spielen vereister Rotorblätter nur eine untergeordnete Rolle. Bei normalen Wetterlagen kommt es selbst im Winter kaum vor. Tritt doch Vereisung auf, werden die Anlagen automatisch abgeschaltet und erst wieder in Betrieb genommen, wenn der Eisansatz abgetaut ist. In diesem Jahr hatten wir in der Mitte Deutschlands durch eine seit sehr vielen Jahren einmalige Wetterlage eine Besonderheit: Regen bei sehr niedrigen Temperaturen und anschließend weiter deutliche Minusgrade. Deshalb standen vor allem in Hessen die Anlagen einige Tage still. Die so entstehenden Verluste nehmen die Betreiber in Kauf.

3. Wie gehen Windparkbetreiber in Regionen vor, in denen es häufiger zu solchen Frostperioden kommt?

In der Schweiz, in Österreich und in Skandinavien spielt die Eisbildung an den Windenergieanlagen eine größere Rolle. Die Hersteller bieten dafür spezielle Cold-Climate-Anlagen an. Diese beinhalten unter anderem Blattheizungen, die den Eisansatz verhindern können. Außerdem gibt es Sensoren, die den Eisansatz erkennen und die Anlage frühzeitig abschalten. Solche Anlagen werden auch in eisansatzgefährdeten Gebieten in Deutschland gebaut.

Foto stammte aus Schweden, und zwar aus dem Jahre 2015

Das Foto selbst findet man in einem Artikel der schwedischen Webseite „NyTeknik“. Der Artikel wurde am 25.01.2015 veröffentlicht. Bei dem Foto wurde folgende Bildunterschrift hinzugefügt:

Schwedisch: Hett vatten får isen att smälta loss från turbinen. Bilden är tagen vid en test i Uljabuouda vindkraftspark förra vintern.
Deutsch: Heißes Wasser bringt das Eis auf der Turbine zum Schmelzen. Das Bild wurde während eines Tests im Windpark Uljabuouda im letzten Winter aufgenommen.

Foto: Alpine Helicopter

Und was ist nun mit dem Vorwurf, dass in Deutschland Helikopter (angetrieben mit fossilem Brennstoff) bei einer Enteisung zum Einsatz kommen?

Nein, in Deutschland werden keine Helikopter dazu eingesetzt. Hierzu hat die AFP sowohl beim Bundesverband WindEnergie, als auch beim Umweltbundesamt angefragt. Beide Stellen konnten bestätigen, dass weder Helikopter noch Chemikalien in Deutschland zur Enteisung der Windräder zum Einsatz kommen. Die Dinger bleiben bei Vereisung schlichtweg stehen und werden erst wieder verwendet, wenn der Frost abgetaut ist.

In Deutschland spielen vereister Rotorblätter nur eine untergeordnete Rolle. Bei normalen Wetterlagen kommt es selbst im Winter kaum vor. Tritt doch Vereisung auf, werden die Anlagen automatisch abgeschaltet und erst wieder in Betrieb genommen, wenn der Eisansatz abgetaut ist.

Quelle: Bundesverband Windenergie (BWE) Pressemitteilung

Fazit: Das in den sozialen Medien verbreitete Bild mit dem Text: „„Winter in Deutschland ist, wenn Kerosinpropeller aufsteigen, um Chemie zu versprühen, damit die Ökopropeller wieder Laufen…““ ist mehrere Jahre alt und stammt aus Schweden. Es handelt sich um einen sogenannten „Hybridfake“. Das bedeutet, dass ein Teil der Aussage unweigerlich wahr ist, der andere Teil jedoch nicht stimmt. Es handelte sich um ein Projekt zur Enteisung mit warmem Wasser und nicht mit Chemikalien. In Deutschland kommen weder Chemikalien noch Wasser oder Helikopter zum Einsatz.

Mimikama-Bewertung: IRREFÜHREND
Hubschrauber enteist Rotorblätter nicht mit Chemikalien

Artikelbild: Alpine Helicopter


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