Porsche Stuttgart: Falschbehauptungen zu Kündigungen und einer Krankenstatistik

Die Corona-Pandemie scheint vorüber, aber eine Seuche gibt es immer noch zu überwinden: Falschmeldungen und Hetze, die sich viral über Social Media verbreiten!

Autor: Walter Feichtinger

Die Behauptung

Im Video wird behauptet, dass der Arbeitgeber Porsche Stuttgart 104 Mitarbeiter wegen nachweislich gefälschtem Impfpass ohne Abfindung gekündigt hätte. Außerdem würde aus einer Krankenstatistik hervorgehen, dass die geimpften Angestellten viel häufiger krank seien als die ungeimpften.

Unser Fazit

Porsche bestätigt, dass wegen gefälschten Impfzertifikaten Mitarbeiter gekündigt wurden, spricht aber nur von einer Zahl im niedrigen zweistelligen Bereich. Eine Krankenstatistik wie behauptet gäbe es nicht. Weil der Impfstatus einzelner Mitarbeiter nicht erfasst werde, kann auch keine Aussage darüber getroffen werden, ob Geimpfte häufiger krank sind oder nicht.

In einem seit Anfang Januar häufig geteilten Video werden im Zusammenhang mit den Covid-Impfungen mehrere Falschbehauptungen verbreitet. Es wird kurz über verstorbene Angestellte des Jugendamtes Stuttgart gesprochen – siehe auch unseren Faktencheck zum Thema – und die Möglichkeit der Entgiftung durch die Einnahme von nicht näher erläuterten Tropfen. Wie unsinnig eine solche „Entgiftung“ ist, wird z.B. bei 20min.ch und AFP erläutert.

Der Kern der Behauptungen betrifft allerdings das Stammwerk der Porsche AG in Stuttgart-Zuffenhausen: Dort sollen mehr als 100 Mitarbeiter wegen nachweislich gefälschtem Impfpass ohne Abfindung gekündigt worden sein. Außerdem würde aus einer Krankenstatistik hervorgehen, dass die geimpften Angestellten viel häufiger krank seien als die ungeimpften.

Das Video wird häufig mit weiteren unbelegten Behauptungen weiterverbreitet

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Der Mann, der in einem Büro vor einem Aktenregal sitzt, ist in der Querdenker-Szene bekannt. Für Äußerungen bei einer Demonstration in Stuttgart letzten Februar wurde er (noch nicht rechtskräftig) wegen Volksverhetzung verurteilt. Dort wollte er nicht nur Polizisten zur Befehlsverweigerung anstiften, sondern brachte die Ermordung jüdischer Kinder in der NS-Zeit mit dem Maskentragen in Verbindung, wie die ZVW berichtete. In einem weiteren Video (nun im Auto) erweckt er den Eindruck, Porsche habe ihm für seine Äußerungen mit Klage gedroht: „Mich könnt ihr nicht einschüchtern“.

Stellungnahme von Porsche

Bereits am 10. Januar reagierte der Automobilhersteller auf die Vorwürfe: „Im Rahmen der seinerzeit geltenden Corona-Verordnung war die Porsche AG als Arbeitgeber verpflichtet, ausschließlich genesenen, geimpften oder getesteten Mitarbeitern Zugang zum Betriebsgelände zu gewähren“, beantwortet Porsche eine Anfrage des ZVW. Sie wären außerdem verpflichtet gewesen, die Einhaltung der 3G-Regelung zu kontrollieren. „Sofern Mitarbeiter dem Arbeitgeber einen gefälschten Impfpass vorgelegt haben, hat Porsche das Arbeitsverhältnis mit den Mitarbeitern beendet – wie viele andere Unternehmen auch.“ Die weiteren Behauptungen aus dem Video blieben zu diesem Zeitpunkt unkommentiert.

Porsche Stuttgart
Das Stammwerk in Stuttgart-Zuffenhausen. Foto: Porsche AG

Sofern Mitarbeiter dem Arbeitgeber einen gefälschten Impfpass vorgelegt haben, hat Porsche das Arbeitsverhältnis mit den Mitarbeitern beendet – wie viele andere Unternehmen auch. Die Zahl der Betroffenen bewegt sich im unteren zweistelligen Bereich.

Auszug aus dem nun ausführlicher ausgefallenen Pressestatement der Porsche AG

Die Sache mit der Krankenakte

Zur Behauptung mit der Krankenakte hat der Stuttgarter Autohersteller folgendes zu sagen: „Die aufgeführten Krankheitsstatistiken gibt es nicht, denn: Bei Krankschreibungen erhält der Arbeitgeber keine Diagnose, zudem ist dem Arbeitgeber der Impfstatus von einzelnen Mitarbeitern nicht bekannt. Eine statistische Auswertung dieser Art ist also nicht möglich.“ Eine Auswertung ist auch von Arbeitgeberseite nicht möglich, weil dieser den Grund für eine Krankschreibung nicht erfährt – wie es das Gesetz in Deutschland vorsieht. Der Datenschutz sichert nicht nur die Privatsphäre der Mitarbeiter, sondern macht die behauptete Krankheitsstatistik völlig unmöglich.

Der Betriebsrat in Zuffenhausen bestätigte diese Aussagen. Referentin Antje Werner spricht von einem „externen Dienstleister“, der an den Eingangspforten kontrolliert, aber nicht dokumentiert habe. Es habe aber auch eine freiwillige Möglichkeit gegeben, sich das Prozedere zu erleichtern: „Kolleginnen und Kollegen mit längerfristigen Zertifikaten (genesen oder geimpft) konnten diese freiwillig beim Vorgesetzten vorzeigen und ihre Werksausweise ‚freischalten‘ lassen. Dazu waren sie aber nicht verpflichtet“. Einen Druck, sich impfen zu lassen, habe es keinen geben. Es gab keine dementsprechenden Beschwerden beim Betriebsrat, zitiert Correctiv Referentin Werner.

FAZIT: Die Behauptungen im Video sind größtenteils falsch.
Porsche hat Angestellte gekündigt, die einen gefälschten Impfnachweis vorlegten. Die Zahl der Betroffenen bewegt sich allerdings nicht im dreistelligen, sondern nur im unteren zweistelligen Bereich, gibt Porsche an. Aus Gründen des Datenschutzes kann der Autohersteller keine Auskunft über mögliche Abfindungen geben. Ebenso aus Datenschutzgründen kann keine Krankenstatistik geführt werden, die den Impfstatus beinhaltet. Eine solche existiert laut Porsche AG auch gar nicht.

Bewertung: FALSCH

Quellen: ZVW, dpa, Correctiv, verbraucherzentrale.de, 20min.ch, AFP

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Hinweis: Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell
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