„Amen“ kommentieren auf Facebook: Ihr helft damit nicht!

Das wird manche Leute jetzt schockieren, aber es ist höchst unwahrscheinlich, dass ein Gott einen Facebook-Account hat und die „Amen“-Kommentare unter einem Beitrag zählt, um zu entscheiden, ob er nun hilft oder nicht.

Autor: Ralf Nowotny

Das Foto einer kranken oder behinderten Person auf Facebook posten, dazu die Aufforderung, „Amen“ zu kommentieren, um zu helfen oder „gesegnet“ zu werden – was manchen Nutzern legitim erscheint, ist im Grunde genommen einfach nur ein Treffen von Likebaitern mit von sich selbst eingenommen Leuten, die glauben, damit etwas Gutes bewirkt zu haben – und dies auf Kosten von manchmal wirklich kranken Personen, die davon überhaupt nichts haben, so wie in diesem, aktuellen Fall.

„Gesegnet seien, die Amen schreiben“

Ihr seid gläubig, wollt eine schnelle Segnung und gleichzeitig einem kranken Kind helfen? Kein Problem, denn Gott ist bestimmt auf Facebook!

Mimikama
Der „Amen“-Beitrag eines Likebait-Accounts (Quelle)

Dank des Segens (oder des Fluchs) der automatischen Übersetzung auf Facebook wird der Beitrag auch im deutschsprachigen Raum geteilt und kommentiert.

„Wenn du online bist, tippe Amen
Oh Gott, heile alle Patienten
Gesegnet sei die, die Amen schreiben.“

Das Perfide daran: Das Foto ist echt und aktuell, doch anstatt auf das Spendenkonto hinzuweisen (siehe HIER), wird das Foto der kleinen Jarunia für Likebait missbraucht!

Nicht kommentieren, sondern spenden!

Bei dem Mädchen auf dem Foto handelt es sich um die sechsjährige Jarunia Jaroslaw. Am 31. Mai bemerkte ihre Mutter, dass Jarunias Auge stark angeschwollen war. Sie fuhr sofort mit ihr zu einem Augenarzt, der leider einen schrecklichen Verdacht bestätigte.

Im Auge der Tochter wurde ein Tumor entdeckt, der schnell wuchs. Das Mädchen kam sofort in das Institut für Augenheilkunde und wurde operiert. Nach einer Woche stand aber ungünstigerweise fest, dass sie noch nicht wieder genesen ist: In Jarunia entwickelte sich ein Myxom, das bereits weit fortgeschritten war.

Mimikama
Jarunia vor und während der Chemo (Quelle)

Derzeit wird bei Jarunia eine Chemotherapie angewandt, sie befindet sich mit ihrer Mutter in einer Klinik in der Türkei. Sie hat bereits 12 Chemotherapien hinter sich (Stand: Ende September) und noch sieben Zyklen vor sich.

Mit einem „Amen“ auf Facebook kann ihr nicht geholfen werden, mit Spenden für ihre Behandlung jedoch schon. Hier noch einmal der Link zum Spendenkonto auf Polnisch (siehe HIER) und mit Google übersetzt (siehe HIER).

Fazit

Es gibt also zwei Beteiligte bei solchen Facebook-Beiträgen:

  • Die Verbreiter, die nur auf Likes und Interaktionen aus sind
  • Die Kommentierer, die glauben, mit einem „Amen“ etwas Gutes getan zu haben und nun dadurch „gesegnet“ sind

Wer aber in diesem Fall wirklich helfen will, sollte lieber spenden, anstatt mit „Amen“ zu kommentieren und dann selbstherrlich zu glauben, man sei nun eine guter Mensch. Und wenn ihr nicht wisst, woher ein Bild stammt, kommentiert ihr besser gar nicht und blockt lieber solche Likebaiter!

Auch interessant: Ja, es gibt sie noch auf Facebook, die Tränendrücker-Beiträge mit geklauten Fotos, beispielsweise der Mann mit dem riesigen Tumor: Purer Likebait, denn der Tumor ist seit 2014 weg.
Facebook: Likebait mit einem alten Foto eines riesigen Tumors


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