Massenweise aussortierte Zucchini!

Autor: Andre Wolf

Symbolbild
Symbolbild

Neben Butterberg, Weinsee und Krümmungsgrad von Bananen wird nun auch die Zucchini der EU böse angerechnet. Wir starten den Faktencheck!

Auf einem Foto auf Social Media sieht man ein Feld voller Zucchini. Es handelt sich um Zucchini, die geerntet wurden.

SIe wurden nicht einfach nur geerntet, sondern landen zudem nicht im Verkauf, sondern verbleiben auf den Feldern. Der Vorwurf:

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Die Zucchini entsprechen nicht der Norm und können daher nicht verkauft werden. Das Bild wurde nach eigenen Angaben im August 2019 in Rheinland-Pfalz aufgenommen.

Sreenshot: Facebook
Sreenshot: Facebook

Ist das Bild echt?

Tatsächlich könnte sich diese Situation so im August 2019 in Rheinland-Pfalz abgespielt haben. Wir haben Kontakt mit dem Dienstleistungszentrum ländlicher Raum Rheinland-Pfalz aufgenommen und eine entsprechende Antwort bekommen:

Sehr geehrte Frau [***]

zu Ihrer Information:

Zucchini wachsen bei sehr warmen WItterungsbedingungen sehr schnell über die übliche Größe hinaus. Bei für die Pflanzen stressigen WItterungsbedingungen (Hitze, Wasserstress) treten auch immer wieder Schädigungen an den Früchten wie braune, nekrotische Spitzen oder extreme Verformungen und Verkrümmungen auf. Solche Früchte sind nicht marktfähig und verbleiben auf der Fläche. Dieses Bild dürfte auf die extrem hohen Temperaturen in den letzten Wochen zurückzuführen sein.

Mit freundlichen Gruß

Faktencheck: Welche Norm ist da gemeint?

Gibt es eine Norm, welcher die Zucchini zu entsprechen haben? Bei diesem Vorwurf schwingt ein wenig EU-Kritik mit, auch wenn diese im Statustext nicht direkt geäußert wird. Dabei wird häufig auch auf die sog. Gurkenverordnung der EU (Verordnung (EWG) Nr. 1677/88) hingewiesen.

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Diese Gurkenverordnung endete jedoch bereits am 30.06.2009 (vergleiche). DIese wurde zwar ab dem 01.07.2009 durch die Verordnung Nr. 1221/2008 ersetzt (und geändert durch Verordnung Nr. 543/2011), jedoch ist darin nicht von Zucchini die Rede (siehe hier).

Wir verweisen an dieser Stelle auf den ausführlichen Faktencheck des Correctiv mit dem Titel „Nein — es gibt keine EU-Norm für zu große Zucchini“ (hier). In diesem Artikel findet sich der entsprechende Hinweis: Es handelt sich um Normen aus dem Einzelhandel.

Lebensmitteleinzelhandel

Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) orientiert sich an Empfehlungen der EU bezüglich Lebensmitteln und übernimmt diese in Vertragsbestandteilen. Der Knackpunkt liegt entsprechend hier: Die Zucchini können von den Landwirten schlichtweg nicht an den LEH verkauft werden, da diese nicht den Verkaufsnormen entsprechen.

Das ist kein Spaß für die Landwirte, in einem Artikel der Lübecker Nachrichten schildert ein Landwirt seine Erfahrungen (vergleiche):

Allein das Ausleseverfahren an der Laderampe bringt den Gemüsebauern auf die Palme. Liefere er seine Produkte beim Supermarkt aus, so würden stets zwei Musterpaletten aufs Korn genommen. „Der über ein Zeitarbeitsunternehmen hergeholte Warenprüfer schlägt ein Buch auf mit Bildern. Danach entscheidet er, ob die Zucchini gut sind oder nicht. 50 Prozent fliegt aus der Tür“

Gesundheitliche Gründe

Nicht zu vernachlässigen ist auch das Vergiftungspotential von hitzegestressten Zucchini. Generell können Kürbispflanzen (wie Zucchini, Kürbis, Gurken oder auch Melonen) die bitter schmeckenden und giftigen Cucurbitacine bilden.

Diese Cucurbitacine werden unter anderem gebildet, wenn die Pflanzen großem Stress beim Wachstum unterliegen – wie eben Hitze und Temperaturschwankungen (vergleiche).

Achtung daher: Dies tritt häufiger bei privaten Gewächsen auf, die im eigenen Garten aufwachsen. Daher sollte man diese Früchte in kleiner Menge auf Bitterkeit prüfen! (siehe hier)

Bei Produkten aus der Landwirtschaft und gekauftem Saatgut sind diese Gifte zwar herausgezüchtet worden, können aber bei Hitze und Dürre durch die Pflanzen als Abwehrmaßnahmen gebildet werden.

Fazit

Ja, die Fotos zeigen aussortierte Zucchini. Schuld daran ist jedoch nicht etwa die EU, sondern Regelungen des Einzelhandels und auch aus gesundheitlicher Prävention.

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Recherche: Anna Tisgo, André Reinsdorf,
Artikelbild: Artikelbild: Shutterstock / Von Pack-Shot

 

 

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