Enthüllungsjournalismus ist gut und wichtig. Peinlich ist es aber, wenn er so gänzlich schief läuft.

Billy Six bezeichnet sich selbst als unabhängigen, alternativen und investigativen Journalisten, als „Indiana Jones des Journalismus“ (Eigenbezeichnung auf seinem Youtube-Kanal). Doch auf der Suche nach dem Heiligen Gral stolperte Six irgendwann mal in die rechte VT-Szene und wird nun von dem riesigen Stein überrollt, den er selbst auslöste.

Die Mission

Videos machte er bereits viele, der Enthüllungsjournalist Six. Vor einigen Jahren hatten die Videos auch noch einen journalistischen Touch, als er beispielsweise in der Ukraine bei Tschernobyl oder im Maidan unterwegs war. Heute reicht es nur noch für ein Krankenhaus in Berlin. Und dann auch noch am falschen Ende des Gebäudes.

So begab es sich, dass Billy Six die Wahrheit um die COVID-19 Erkrankungen enthüllen wollte. Er hatte eine Mission: Aufdecken, was noch keiner aufdeckte, die reine Wahrheit präsentieren: Es gäbe gar kein „Ausnahmenzustand“ im Berliner Virchow-Klinikums, eine Zweigstelle der Charité, es sei alles reine Panikmache.

Die selbst erstellten Aufnahmen von ihm aus dem Klinikum scheinen dann auch seine Aussagen zu unterstreichen: „Nix los“. Zwischen 8 und 16 Uhr sollen dort „alle Berliner Coronafälle zusammenkommen“. Nun sei es 20 Uhr und es herrscht gähnende Leere – folglich sei es reine Panikmache.

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Der rollende Stein

Wer Indiana Jones kennt, weiß: Es geht bei Weitem nicht alles glatt. Manchmal ist es eine Schlangengrube, manchmal ein rollender Stein, vor dem er flüchten muss. Ein vermeintlicher Heiliger Gral kann noch so sehr glitzern, doch zeigt genau dies, dass es der falsche Gral ist.

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Und dieser Gral glitzerte so sehr, dass Indiana Six bereitwillig danach griff: Coronavirus + ein leeres Krankenhaus = Panikmache aufgedeckt! Der Trend, sich vor einem Krankenhaus zu filmen und dabei auf eine Verschwörungstheorie bezüglich Coronaviren hinzuweisen, stammt laut ARD Faktenfinder aus den USA:

In sozialen Netzwerken sind zahlreiche Videos zu finden, die einzelne Aktivisten vor Kliniken aufgenommen haben. Entsprechende Videos gibt es unter anderem aus New York und Los Angeles. Auch aus London gibt es entsprechende Aufnahmen, die mit Schlagworten wie „New World Order“ versehen sind.

Zurück zu dem Video aus Berlin: Das Dumme ist hier, der Protagonist landete an der falschen Stelle im Krankenhaus.
Wie eine Sprecherin der Charité dem ZDF gegenüber erklärte, entstanden die Aufnahmen offenbar in der Nähe der Rettungsstelle – und dort ist auch seit Beginn der Corona-Krise ohnehin wenig los, außerhalb der Öffnungszeiten natürlich noch weniger bis nichts.

Bin ich im richtigen Tempel?

Krankenhäuser, prosaisch ausgedrückt die Tempel der Götter in Weiß, können für Besucher oftmals verwirrend sein, auch wenn sie im Allgemeinen doch recht gut ausgeschildert sind. Indiana Jones hatte keine Schilder zu Hilfe, Indiana Six hingegen schon – doch muss man sie auch zu entziffern wissen, was nicht schwer ist, sofern sie nicht in altaramäisch verfasst sind.

Und so verlief er sich in den Windungen des Tempels – landete nicht in der Charité-Untersuchungsstelle für Covid-Verdachtsfälle, sondern tatsächlich nur in der Nähe der Rettungsstelle.

Und da finden sich auch keine COVID-19 Patienten, was nicht verwundert. Diese seien laut der Sprecherin entweder auf der Intensivstation oder in der Charité-Untersuchungsstelle untergebracht, in einem separaten Gebäudeteil, wo pro Tag etwa 100 Fälle auftauchen. Von solchen Stellen gibt es ganze 8 Stück in Berlin, somit ist auch unwahr, dass dort „alle Berliner Fälle zusammenkommen“.

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Die Götter sind erzürnt

Und so kam es, wie es zwangsläufig kommen musste: Man ist an der Charité  nicht sehr erfreut darüber, dass dort nicht nur ohne Genehmigung Aufnahmen entstanden sind, sondern zudem auch noch falsche Behauptungen über das Klinikum verbreitet werden, weswegen bei den zuständigen Behörden Strafanzeige erstattet wurde.

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Fazit

Wie anfangs erwähnt: Enthüllungsjournalismus ist wichtig und gut. Dazu sollte man aber auch etwas enthüllen. Oder zumindest eine gewisse journalistische Ethik besitzen. Vor Allem sollte man sich an Fakten halten.

Ansonsten ist man kein Enthüllungsjournalist. Sondern nur ein Youtuber mit Handkamera. Ohne Hut und Peitsche.

Hinweise: 1) Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.
2) Einzelne Beiträge entstanden durch den Einsatz von maschineller Hilfe und wurde vor der Publikation gewissenhaft von der Mimikama-Redaktion kontrolliert. (Begründung)