Mit Bohrmaschinen gegen LKW-Reifen – Die zweifelhaften Taten von „Animal Rebellion“

Wenn es um bestimmte Themen geht, kochen bei vielen Menschen die Gemüter über, und manche übertreiben es auch. Auf kursierenden Fotos und Videos sieht man Aktivisten von „Animal Rebellion“, wie sie LKW-Reifen anbohren. Aber ob das jemanden davon überzeugt, vegan zu werden?

Autor: Ralf Nowotny

Manche Themen sind nur schwer voneinander zu trennen. Dazu gehört in diesem Fall der Tierschutz, der auch gleichzeitig den Klimaschutz berührt. Dies muss immer bedacht werden, wenn von bestimmten Seiten ein gewisses Framing betrieben wird, wie es hiermit geschieht: Eine radikale Tierrechtsorganisation namens „Animal Rebellion“ bohrte Reifen der LKW von Molkereibetrieben an und begründet dies teilweise mit dem Klimaschutz.
Werden dadurch aus den vermeintlichen Tierschützern „Klima-Chaoten“? Ist das nicht eher sehr kontraproduktiv?

Hier eines der kursierenden Framings: Die Taten von „Animal Rebellion“ werden deutschen Klima-Aktivisten zugeschoben:

Nicht in Deutschland: "Animal Rebellion" in England
Nicht in Deutschland: „Animal Rebellion“ in England

Die angebohrten LKW-Reifen

Die Fotos und Videos entstanden Anfang September nicht hierzulande, sondern in England, genau genommen in diversen Molkereibetrieben von Müller und anderen Unternehmen. Mehrere Tage lang führten Tierrechtsaktivisten diverse Aktionen bei den Molkereibetrieben durch, unter anderem demonstrierten sie mit Schildern für eine „pflanzenbasierte Zukunft“, klebten sich selbst auf die Straßen und bohrten LKW-Reifen an.

Die Aktivisten der Organisation „Animal Rebellion“ filmten sich dabei sogar selbst:

In dem Video ist zu sehen, wie Aktivisten von „Animal Rebellion“ in den frühen Morgenstunden bei Müller Wiseman Dairies, Ashmore Lake Way, Willenhall, Löcher in LKW-Reifen bohrten, wobei ein Zischen zu hören ist, wenn die Luft durch die Löcher entweicht.

Auf Twitter wurde das Video ebenfalls veröffentlicht:

Bejubelt werden die Aktivisten dafür allerdings keineswegs! In vielen Kommentaren wird „Animal Rebellion“ für die Aktion (sarkastisch) kritisiert:

  • „Ja. Dank dieser Proteste werden sich jetzt Millionen von Menschen für den Veganismus entscheiden.“
  • „Ausgezeichnet. Jemand steigt während seiner zehnstündigen Schicht in den Lkw. Bei der Fahrt auf der Autobahn platzen die Reifen, er verliert die Kontrolle über das Fahrzeug, gerät auf der Autobahn ins Schleudern und verursacht einen Zusammenstoß mit mehreren Verletzten/Toten dank eurer Kurzsichtigkeit…“
  • „Ich unterstütze die Ziele voll und ganz, aber ich bin nicht dafür, das Eigentum anderer Leute zu beschädigen. Es ist auch möglich, einfach die Luft aus den Reifen zu lassen.“
  • „Warum sollte man sich für diesen Weg entscheiden, der dazu führt, dass Reifen auf der Mülldeponie landen, dass neue Reifen geliefert werden und dass mehr produziert wird, was das Klima belastet.“
  • „Strafrechtliche Schäden werden Fleischesser nicht dazu bringen, kein Fleisch mehr zu essen, Milch zu trinken oder Joghurt zu essen! Sie werden damit nur vor Gericht landen!“

Worum sich die Proteste drehten

Die Aktion war Teil der Forderungen von „Animal Rebellion“ nach einer „pflanzlichen Zukunft“, und die Aktivisten fordern von der Regierung Unterstützung für Landwirte und Fischereigemeinden bei der Umstellung auf ein pflanzliches Ernährungssystem.

Rowena Field, eine Aktivistin von „Animal Rebellion“, die aus York angereist war, um bei den Aktionen dabei zu sein, sagte gegenüber „Droitwich Standard“, sie hoffe, dass der Protest einen Wandel und Maßnahmen der Regierung gegen die Klimakrise auslösen werde.

„Die Krise steht so unmittelbar bevor – die Klima- und Umweltkrise -, dass die Störung, die sie verursachen wird, so viel mehr ist als das, was diese Aktion verursachen wird. Es wäre schön, wenn wir nicht das Gefühl hätten, dies tun zu müssen, aber es wird nicht schnell genug gehandelt.“

Rowna Field

In einem Statement auf Facebook betonen die Aktivisten ebenfalls deren Verknüpfung von Tier- und Klimaschutz:

Unterstützer von Animal Rebellion haben die Reifen von etwa 50 Lastwagen durchlöchert und damit die Lieferung von Milchprodukten von diesem Standort vollständig unterbunden.

Warum? Weil wir uns in einer klimatischen und ökologischen Notlage befinden und eine der Hauptursachen die absolute moralische Gräueltat ist, die unser Lebensmittelsystem darstellt – mit MILLIARDEN von Tieren, die jedes einzelne Jahr in Großbritannien für Lebensmittel getötet werden.

Das Ausmaß des Leidens ist unvorstellbar – und die Tatsache, dass uns dies auch noch weiter ins Klimachaos treibt, bedeutet, dass es ein absolutes Muss ist: Wir brauchen eine #PflanzenbasierteZukunft. Und bis die Regierung anfängt, in dieser Hinsicht zu handeln, haben wir keine andere Wahl, als weiterhin für Unruhe zu sorgen. Es ist die einzige Option, die wir noch haben.

Tierschutz oder Klimaschutz? Oder beides?

Bei „Animal Rebellion“ handelt es sich um einen Ableger der „Extinction Rebellion“-Bewegung, die sich mit radikalen Methoden für den Klimaschutz einsetzen. „Animal Rebellion“ tut dies ebenfalls, spricht sich aber hauptsächlich gegen die Tierindustrie aus und vereint damit Tierschutz und Klimaschutz als Ziel.

Der bittere Rebellion-Beigeschmack

Eine Seite zeigt die Fotos und Videos der Aktionen von „Animal Rebellion“ ohne jeglichen Zusammenhang zu nennen und nennt die Aktivisten „Klima-Chaoten“, um damit gleich ein Framing zu erzeugen, das Klimaschützer diffamieren soll. Und das ist das große Problem beider Rebellion-Bewegungen.

Bereits 2019 berichteten wir über die damals neue „Extinction Rebellion“-Bewegung, denen „Fridays for Future“ quasi zu langsam geht und die deshalb durch radikale (und oftmals strafbare) Aktionen auf ihre Sache aufmerksam machen wollen. Und so sehr deren Ziel, der Tier- und Klimaschutz, auch legitim sein mögen, so sind aber auch deren Aktionen alles andere als hilfreich.

Denn wie auch ein Twitter-Nutzer (siehe oben) sarkastisch anmerkte: „Dank dieser Proteste werden sich jetzt Millionen von Menschen für den Veganismus entscheiden“. Genau dies wird nämlich nicht geschehen. Viele Engländer werden sich vor den leeren Regalen geärgert haben, da sie keine Milch kaufen konnten. Dies erzeugt Wut auf die Aktivisten, aber keine Wut auf tierische Produkte oder den Klimawandel.

Also vielen Dank, „Animal Rebellion“ (ja, das ist sarkastisch gemeint). Auf fremde Grundstücke einbrechen und Reifen zerstechen, damit die Milch mal für eine kleine Weile später im Supermarkt ankommt, wird absolut niemanden davon überzeugen, vegan zu leben und das Klima zu schützen, auch keinen einzigen Politiker. Im Gegenteil: Ihr rückt damit die komplette Tier- und Klimaschutzbewegungen in ein schlechtes Licht.

Artikelbild: YouTube

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