Ist der Brief vom deutschen Reservistenverband echt?

Braucht es für die altgediente Technik des Schützenpanzers Marder auch altgediente Soldaten?

Autor: Walter Feichtinger

Die Behauptung

Der deutsche Reservistenverband sucht per Brief Reservisten für die Ukraine. Deutschland werde damit zur Kriegspartei.

Unser Fazit

Der Brief des Reservistenverbandes ist echt. Es werden Soldaten zur Ausbildungsunterstützung gesucht: mit Sprachkenntnissen und mit Instandsetzungsausbildung am Marder Schützenpanzer, aber keine für den Kriegseinsatz. Deutschland wird damit nicht zur Kriegspartei.

Uns erreichten in der letzten Woche mehrere Anfragen zu einem Brief, der scheinbar vom Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr ausgeschickt worden ist. Anhand des Briefes wird auch vermutet, dass Deutschland nun Kriegspartei sei. Was ist dran an der Sache?

Eine schnelle Google-Suche zeigt: Ja, der Brief wird wirklich von regionalen Untergliederungen des Reservistenverbands in Deutschland geteilt und findet sich als Download auch auf reservistenverband.de. Am Blog der Landesgruppe Brandenburg wird der Brief nochmals etwas erläutert und bei den Kollegen aus NRW wird auch noch der Zeitraum ergänzt: 30.01. – 19.03.2023. Worum geht es da eigentlich?

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Jobausschreibung per Brief vom Reservistenverband

Die deutsche Bundeswehr sucht aktuell ingesamt etwa 50 „Reservistinnen und Reservisten“, die im Rahmen einer „Reservedienstleistung“ (RDL) bei der Ausbildung „befreundeter Streitkräfte“ unterstützen können. Im Klartext: Die Ukraine soll nicht nur deutsche Panzer, sondern auch die notwendige Ausbildung bekommen, um diese betreiben und warten zu können. Dafür werden Reservisten gesucht, die sowohl über ukrainische oder russische Sprachkenntnisse, als auch eine gültige Einfache Sicherheitsüberprüfung (auch Ü1 genannt) nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz verfügen. Mit einer Ü1 erhält man Zugang zu Akten, die als „VS-VERTRAULICH“ eingestufte Verschlusssachen gelten.

Gesucht werden außerdem Reservisten, die auf dem Schützenpanzer Marder eingesetzt waren oder sind und über Instandhaltungskenntnisse verfügen, wie zum Beispiel Systeminstandsetzungsfeldwebel. Was von einem solchen „SystInst Fw“ erwartet wird, zeigt eine Jobausschreibung vom letzten Oktober:

Sie übernehmen Wach-, Sicherungs und Unterstützungsaufgaben. Sie unterstützen bei Amtshilfe wie Naturkatastrophen und schweren Unglücksfällen. Ihre militärischen Fähigkeiten die Sie in Ihrer vorherigenDienstzeit erworben haben, können Sie nun wieder für diese Stelle verwenden. […] Als Systeminstandsetzungsfeldwebel Schützenpanzer MARDER (SysInstFw SPz) MARDER sind sie:
– Schirrmeister und Fuhrparkbeauftragter
– Berater des Einheitsführers in allen fragen der Materialerhaltung und Instandsetzung
– Sicherheitsfeldwebel (Arbeitsschutz)
– Führer des Technischen Zuges

Reservistenverband sucht Marder-Instandsetzer
Marder 1A3 im Juni 2006 bei einer Waffenshow. Bild: Sonaz

Altgediente Technik, altgediente Soldaten

Der Schützenpanzer Marder galt über Jahrzehnte als das Hauptwaffensystem der deutschen Panzergrenadiertruppe, das seit Anfang der 1970er eingesetzt wird. Inzwischen wird er mehr vom als deutlich moderner geltenden Schützenpanzer Puma abgelöst. Der Marder ist daher nur mehr in nachgerüsteten „mehrfach kampfwertgesteigerten“ Versionen im Einsatz, erkennbar an den Versionsnummern 1A3, 1A4 und 1A5. Er verfügt über eine Bordkanone und das gelenkte Panzerabwehrsystem MELLS. Neben der Besatzung finden im Schützenpanzer noch sechs Panzergrenadiere Platz.

Nachdem der Marder altgedient ist und immer mehr zum Auslaufmodell wird, bietet sich eine Anfrage beim Reservistenverband an. Gemäß Soldatengesetz ist die „Zuziehung von Personen zu einer dienstlichen Veranstaltungen auf freiwilliger Basis“ bis zum 65. Lebensjahr möglich, klärt die Bundeswehr auf – sofern die Dienstfähigkeit gegeben ist. Einige Reservisten sollten also schon fast seit der ursprünglichen Einführung des Marders im Dienst sein.

Fazit: Der Brief des Reservistenverbandes ist echt. Mit der Unterstützung der Ausbildung am Schützenpanzer Marder ändert sich aber nicht wirklich etwas an der deutschen Position gegenüber dem Ukrainekrieg. Es werden Soldaten mit Sprachkenntnissen gesucht und solche mit Instandsetzungsausbildung. Diese werden nicht aktiv kämpfen, sondern den „befreundeten Streitkräften“ dabei helfen, die gelieferten Waffensysteme besser nutzen zu können.

Mimikama-Bewertung: WAHR

Quellen: Reservistenverband, (LG BB) Bundeswehr, KMW, Ziprecruiter, gesetze-im-internet.de

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